Kleine Geschichte Oberfrankens. Günter Dippold

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Kleine Geschichte Oberfrankens - Günter Dippold


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Nun beherrschten die Andechs-Meranier vollends ein europäisches Reich, das Gebiete und Rechte in Franken und Bayern, Istrien und Dalmatien, Tirol und Burgund umfasste.

      Während die Andechs-Meranier in ihren bayerischen Herrschaften gegenüber den Wittelsbachern in die Defensive gerieten, verfestigte sich ihre beherrschende Stellung in Franken. Das Kloster Langheim, seit 1180 unter meranischer Hoheit stehend, löste Dießen als Grablege und Hauskloster der Familie ab. Die Herzöge von Andechs-Meranien beschenkten die Zisterzienserabtei großzügig.

      Es fügte sich für die Andechser, dass um 1180 die Grafen von Wohlsbach, die eine starke Stellung östlich von Coburg besaßen und mit der Benediktinerabtei Mönchröden sogar über ein eigenes Hauskloster verfügten, im Mannesstamm erloschen. Die Grafen von Abenberg-Frensdorf, die erbliche Hauptvögte des Hochstifts Bamberg waren, starben 1199 oder 1200 aus, ebenso mehrere edelfreie Familien. Andere Edelfreie unterstellten sich als Ministeriale den Meraniern oder gerieten, wie die Walpoten, zumindest unter ihren politischen Einfluss.

      Sichtbare Spuren hinterließen die Meranier, indem sie Städte gründeten. Das heutige Oberfranken war bis um 1200 ein städteloser Raum. In Bamberg gab es Kaufmanns- und Händlersiedlungen im Sand, dem schmalen Streifen Schwemmland unterhalb der Domburg, sowie auf der Insel zwischen den beiden Regnitzarmen. Diese Siedlungen wurden jedoch erst im Lauf des 13. Jhs. befestigt und bildeten seit dieser Zeit Rechtskörperschaften. Auch der einstige Königshof Forchheim avancierte nicht vor dem 13. Jh. zur Stadt. Daneben existierten bloß schwach befestigte Märkte, häufig am Sitz ausgedehnter Pfarreien.

       Die Stadt in Oberfranken

       Oberfranken ist eine ausgesprochen städtereiche Landschaft. Wesentlich für eine Stadt waren wirtschaftliche Vorrechte wie das Marktrecht und der exklusive Anspruch der Handwerker oder Brauer, das Umland zu beliefern. Ein wichtiges Kennzeichen war die Stadtmauer. Baunach und Kasendorf beispielsweise erhielten zwar im 14. Jh. das Stadtrecht, galten aber, weil die Mauer fehlte, als Märkte; Baunach erlangte erst 1954 den Rang einer Stadt. Zentrales Element der Stadteigenschaft war die Tatsache, dass dem Stadtherrn nicht der einzelne Bürger als Untertan gegenübertrat, sondern die Bürgerschaft als Ganzes. Die Bürger, einander in einer Schwurgemeinschaft (Bürgereid) verbunden, regelten Streitigkeiten unter sich; die Befugnisse der fürstlichen Beamten waren bezüglich der vollberechtigten Stadtbewohner eingeschränkt. Sichtbares Zeichen der Bürgerschaft als Rechtspersönlichkeit war das Stadtsiegel.

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       Das Uraufnahmeblatt von Weismain, entstanden 1855, zeigt noch die ursprüngliche Struktur der Stadt, die auf die Andechs-Meranier zurückgeht. In der Nordecke befand sich die Herzogspfalz, der spätere Kastenhof.

      Erst die Andechs-Meranier scheinen planmäßig Städte angelegt zu haben. Lichtenfels, Weismain, Scheßlitz und Bayreuth dürfen mit einiger Wahrscheinlichkeit als ihre Gründungen angesehen werden, wohl auch Hof an der Saale. Bei Herzogenaurach deutet der Ortsname womöglich auf die Herzöge von Meranien hin. Unsicher ist die Entstehungszeit – und damit die Frage nach dem Stadtgründer – im Fall von Kulmbach, Coburg und Neustadt bei Coburg. Die vier erstgenannten Städte ähneln sich in ihrer Struktur: Die Hauptdurchgangsstraße weitet sich innerorts zum Straßenmarkt. An einer Ecke des Mauerrings findet sich die Pfalz des Stadtherrn, die von außen durch ein gesondertes Tor zugänglich und zur restlichen Stadt hin befestigt war. Neuralgische Flanken der Stadt waren durch Ministerialensitze innerhalb der Ummauerung zusätzlich gesichert.

       Wandlungen im Spätmittelalter

       Der Zerfall der meranischen Herrschaft

      Im Juni 1248 starb mit Otto II. der letzte Herzog von Andechs-Meranien auf seiner Burg Niesten bei Weismain. Der Dreißigjährige hinterließ keine Kinder. Um sein Erbe entspann sich ein langjähriger Streit unter seinen drei in Franken ansässigen Schwestern, deren Ehemännern und Söhnen. Auch der Bischof von Bamberg, dem seine an den Herzog vergebenen Lehen heimfielen, war Partei in der Auseinandersetzung, ebenso Graf Poppo von Henneberg, der erst wenige Jahre zuvor westlich von Coburg Fuß gefasst hatte und zeitweilig das bambergische Heer im Erbfolgestreit führte. Auch niederadlige Familien suchten in den zwölf Jahren des Ringens ihren Vorteil.

      Als 1260 der Erbfolgestreit endete, hatte sich Bamberg die Herrschaft über Lichtenfels und das nahe Kloster Langheim gesichert. Der Burggraf von Nürnberg aus dem Haus Zollern erlangte Bayreuth. Kulmbach fiel an den Grafen von Orlamünde. In Scheßlitz und Baunach behauptete sich der Edelfreie von Truhendingen (benannt nach der Stammburg Hohentrüdingen bei Wassertrüdingen). Coburg und sein Umland brachte der Graf von Henneberg an sich, und im Gebiet um Hof erscheinen die Vögte von Weida als neue Herren. Das meranische Land zerfiel also in verschiedene Machtblöcke.

      Daneben konnten sich weitere Herren entfalten. Ab dem späten 13. Jh. expandierten die edelfreien Herren von Schlüsselberg, deren gleichnamige Stammburg nahe Waischenfeld stand, von Pegnitz quer durch die nachmals so genannte Fränkische Schweiz bis in den Steigerwald hinein. Sie gründeten die Städte Waischenfeld, Ebermannstadt und das nach ihnen benannte Schlüsselfeld; ferner stifteten sie ein Frauenkloster als Familiengrablege, dem sie ebenfalls den Namen gaben: Schlüsselau.

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       Burgruine Niesten. In dieser Burg starb 1248 der letzte weltliche Andechs-Meranier. – Zeichnung von Carl August Lebschée, um 1850

      Auch andere Edelfreie und sogar Ministerialen vermochten eine gewisse Machtposition zu entwickeln, etwa die Herren von Sparneck im westlichen Fichtelgebirge, die sich mit Münchberg eine Stadt schufen, oder die Herren von Schaumberg am Südhang des Thüringer Waldes. Die einflussreicheren Herren festigten ihre Herrschaftsbereiche anfangs mit den altbewährten Mitteln des Burgenbaus und der Klostergründung. So errichtete Graf Poppo von Henneberg eine Burg (Liebenburg bei Oberbrunn, Markt Ebensfeld) inmitten bambergischen Gebiets, während der Bischof durch ein ihm unterstehendes Frauenkloster (Sonnefeld) den Machtbereich des Hennebergers zu beschneiden suchte.

      Ab den 1320er Jahren wurden dann mehr und mehr Städte zum Instrument, durch das die Herrschenden das Erreichte sichern und womöglich einen Brückenkopf für eine Expansion schaffen wollten. Daher entstanden die ostfränkischen Städte in den Randzonen des jeweiligen Territoriums. Rings um Bamberg, im Kern des Hochstifts, liegt ein weitgehend städteloser Raum. Dagegen gründeten die Bischöfe Städte an der Peripherie: Teuschnitz, Stadtsteinach und Kupferberg im Norden, Pottenstein und Hollfeld im Osten, Höchstadt an der Aisch im Südwesten, Zeil am Main im Westen.

      Nicht immer entstand tatsächlich eine Stadt; schon die kaiserliche Befugnis, sie zu gründen, konnte Mittel der Politik sein. 1328 gewährte der Kaiser dem Burggrafen Friedrich IV. von Nürnberg († 1332) für sieben Ortschaften das Stadtrecht. Nur eine von ihnen, Wunsiedel im Fichtelgebirge, ist tatsächlich Stadt geworden. In den übrigen Fällen diente das kaiserliche Privileg offenbar als politisches Faustpfand, mit dessen Hilfe man den Nachbarn unter Druck setzen konnte.

      Franken wurde in der Regierungszeit von Ludwig dem Bayern (reg. 1328–1347) und Karl IV. (reg. 1355–1378) binnen weniger Jahrzehnte ein städtereicher Raum. Die Randlage der meisten Städte aber führte dazu, dass diese in ihrer Entwicklungsmöglichkeit von Beginn an buchstäblich begrenzt waren. Ohne Einzugs- und Absatzgebiet blieben sie klein.

       Umwälzungen im 14. Jahrhundert

      Im Lauf des 14. Jhs. schieden mehrere politische Akteure aus dem oberfränkischen Machtgefüge aus. Konrad von Schlüsselberg wurde 1347, als er wegen einer neu eingerichteten Zollschranke im Krieg mit den Hochstiften Bamberg und Würzburg sowie dem Burggrafen von Nürnberg stand, bei


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