David Copperfield. Charles Dickens

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David Copperfield - Charles Dickens


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Plan aus­ge­dacht, um mich auf die Art los zu wer­den? Was soll­te ich dann tun? Wenn sie mich auch da lie­ßen, bis mei­ne sie­ben Schil­lin­ge zu Ende sein wür­den, konn­te ich doch nicht hof­fen, blei­ben zu dür­fen, wenn ich an­fin­ge, zu ver­hun­gern. Das wäre doch den Kun­den un­be­quem ge­we­sen und hät­te dem blau­en Sound­so Be­gräb­nis­kos­ten ver­ur­sacht; und wenn ich gleich gin­ge, um zu Fuß nach Hau­se zu­rück­zu­keh­ren, hät­te ich den Weg fin­den kön­nen? Vor­aus­ge­setzt, dass mich dort über­haupt je­mand au­ßer Peg­got­ty viel­leicht – auf­ge­nom­men hät­te. Wenn ich zu der ers­ten bes­ten Be­hör­de ging und mich als Sol­dat und Ma­tro­se an­bö­te, wür­den sie wahr­schein­lich einen so klei­nen Jun­gen wie mich nicht neh­men. Sol­che und hun­dert an­de­re Ge­dan­ken mach­ten, dass mir der Kopf glüh­te und ich vor Angst und Sor­ge ganz schwin­de­lig wur­de. Als ich auf dem Hö­he­punkt mei­nes Fie­bers an­ge­langt war, trat ein Mann ein und sag­te et­was lei­se zu dem Kom­mis. Die­ser schob mich von der Waa­ge und zu dem Man­ne hin, als ob ich ge­wo­gen, ge­kauft, ab­ge­lie­fert und be­zahlt wäre.

      Als ich Hand in Hand mit dem neu­en Be­kann­ten das Büro ver­ließ, warf ich einen ver­stoh­le­nen Blick auf ihn. Er war ein ha­ge­rer, blei­cher jun­ger Mann mit hoh­len Wan­gen und ei­nem Kinn, das fast so schwarz aus­sah wie Mr. Murd­sto­nes Kinn; aber da­mit hör­te die Ähn­lich­keit auf, denn sein Ba­cken­bart war ab­ra­siert und das Haar fuch­sig und tro­cken, statt glän­zend schwarz. Er trug einen schwar­zen An­zug, der auch fuch­sig und tro­cken und an Ar­men und Bei­nen et­was zu kurz war. Au­ßer­dem hat­te er ein wei­ßes, nicht be­son­ders rei­nes Tuch um den Hals. Ich nahm nicht an, dass die­ses Hals­tuch die ein­zi­ge Wä­sche aus­mach­te, die er trug, je­den­falls konn­te ich sonst kei­ne be­mer­ken.

      »Du bist der neue Jun­ge?«

      »Ja, Sir«, gab ich zur Ant­wort.

      »Ich bin ei­ner der Leh­rer von Sa­lem­haus«, sag­te er.

      Ich ver­beug­te mich und fühl­te mich sehr ein­ge­schüch­tert. Ich schäm­te mich so sehr, von et­was so All­täg­li­chem wie mei­nem Kof­fer ei­nem Ge­lehr­ten und Leh­rer von Sa­lem­haus ge­gen­über zu spre­chen, dass wir schon eine Stre­cke weit weg wa­ren, als ich ihn dar­an er­in­ner­te.

      Wir kehr­ten auf mei­ne de­mü­ti­ge Vor­stel­lung hin, dass mir der Kof­fer viel­leicht spä­ter nütz­lich sein möch­te, um, und er sag­te dem Kom­mis, dass der Fuhr­mann al­les nach­mit­tags ab­ho­len wer­de.

      »Er­lau­ben Sie, Sir«, frag­te ich nach ei­ner Wei­le, »ist es weit?«

      »Es ist nicht weit von Black­heath«, sag­te er.

      »Ist das weit, Sir?«

      »Ein hüb­sches Stück. Wir wer­den mit der Post fah­ren. Es sind so sechs Mei­len.«

      Ich war so müde und matt, dass noch sechs Mei­len aus­hal­ten zu müs­sen mir un­er­träg­lich schi­en. Ich fass­te mir ein Herz und ge­stand, dass ich seit ges­tern Mit­tag nichts ge­ges­sen hat­te. Ich wür­de ihm sehr dank­bar sein, wenn er mir er­lau­ben woll­te, dass ich mir et­was zu es­sen kauf­te.

      Er schi­en sich dar­über sehr zu wun­dern, – ich sehe ihn noch still ste­hen und mich an­se­hen –, und nach­dem er einen Au­gen­blick über­legt hat­te, sag­te er, er woll­te eine alte Frau, die nicht weit weg wohn­te, auf­su­chen, und das bes­te wer­de sein, wenn ich un­ter­wegs Brot oder was ich sonst brauch­te kauf­te und bei ihr, wo wir Milch be­kom­men könn­ten, früh­stück­te.

      Wir tra­ten also in einen Bäcker­la­den, und nach­dem ich nach­ein­an­der fast al­les, was schwer ver­dau­lich war, hat­te kau­fen wol­len, und er mir ab­ge­ra­ten, ent­schie­den wir uns end­lich für einen net­ten klei­nen Laib Schwarz­brot, der drei Pence kos­te­te. Dann kauf­ten wir bei ei­nem Höck­ler ein Ei und eine Schnit­te Schin­ken; und da mir von mei­nem zwei­ten Schil­ling noch recht viel Klein­geld üb­rig blieb, kam mir Lon­don als ein sehr bil­li­ger Ort vor.

      Mit un­sern Ein­käu­fen fer­tig, gin­gen wir durch ent­setz­li­chen Lärm und großes Ge­tö­se, das mei­nen Kopf un­be­schreib­lich ver­wirr­te, über eine Brücke, – ich glau­be, er nann­te sie Lon­don­brücke, – und ich war halb ein­ge­schla­fen, als wir bei dem Hau­se der al­ten Frau an­lang­ten, das zu ei­nem Teil ei­nes Ar­men­asyls ge­hör­te, wie ich aus ei­ner Über­schrift auf der Tür ent­nahm, die be­sag­te, dass es für fünf­und­zwan­zig arme Frau­en ein­ge­rich­tet war. Der Schul­meis­ter von Sa­lem­haus öff­ne­te eine der klei­nen schwar­zen Tü­ren, die alle ganz gleich aus­sa­hen und ne­ben de­nen sich ein paar klei­ne Fens­ter aus ge­ripp­tem Glas be­fan­den, und wir tra­ten in das Häu­schen ei­ner die­ser ar­men Per­so­nen, die ge­ra­de ein Feu­er an­blies, um einen klei­nen Napf zum Ko­chen zu brin­gen. Als die Alte den Schul­leh­rer ein­tre­ten sah, ließ sie den Bla­se­balg sin­ken und sag­te et­was, das wie »Mein Char­ley« klang. Als sie dann auch mich be­merk­te, rieb sie sich die Hän­de und knix­te ver­le­gen ein we­nig.

      »Kannst du die­sem jun­gen Herrn viel­leicht sein Früh­stück ko­chen?« frag­te der Schul­meis­ter von Sa­lem­haus.

      »Ob ich kann? Na­tür­lich kann ich.«

      »Wie gehts Mrs. Fib­bit­son?« frag­te der Schul­leh­rer und sah eine an­de­re alte Frau an, die in ei­nem großen Stuhl beim Ofen saß und in so viel Klei­dern ver­steckt war, dass ich bis heu­te noch froh bin, mich nicht irr­tüm­lich auf sie ge­setzt zu ha­ben.

      »Ach jäm­mer­lich«, sag­te die ers­te alte Frau. »Sie hat heu­te ih­ren ganz schlech­ten Tag. Wenn das Feu­er zu­fäl­lig aus­gin­ge, glau­be ich wirk­lich, sie wür­de auch aus­ge­hen und nicht mehr zu sich kom­men.«

      Als sie Mrs. Fib­bit­son an­sa­hen, folg­te ich ih­rem Bei­spiel. Ob­gleich es ein war­mer Tag war, schi­en die­se Frau doch an nichts als an das Feu­er zu den­ken. Ich glau­be, sie gönn­te selbst dem Napf sein Plätz­chen nicht, und ver­mu­te, sie nahm es mir sehr übel, dass die Pfan­ne durch das Ko­chen mei­nes Früh­stücks noch län­ger in An­spruch ge­nom­men wer­den soll­te. Ich sah näm­lich mit mei­nen eig­nen mü­den Au­gen, wie sie mir wäh­rend des Ko­chens mit der Faust droh­te, als ein­mal nie­mand acht gab. Der Son­nen­schein ström­te zu dem klei­nen Fens­ter her­ein, aber sie saß mit Stuhl und Rücken da­ge­gen und schütz­te das Feu­er, als wol­le sie es ei­fer­süch­tig warm hal­ten, an­statt dass es sie warm hielt, und be­wach­te es aufs arg­wöh­nischs­te. Als die Vor­be­rei­tun­gen für mein Früh­stück be­en­det wa­ren und das Feu­er frei wur­de, freu­te sie sich so au­ßer­or­dent­lich, dass sie laut auf­lach­te; wie ich ge­ste­hen muss, sehr un­me­lo­disch.

      Ich setz­te mich nie­der zu mei­nem Schwarz­brot, dem Ei und dem Schin­ken und ei­nem Napf mit Milch und hat­te ein köst­li­ches Mahl. Wäh­rend ich noch in vol­lem Ge­nus­se schwelg­te, sag­te die ers­te Alte zu dem Schul­leh­rer: »Hast du dei­ne Flö­te bei dir?«

      »Ja«, ant­wor­te­te er.

      »Mach einen Bla­ser drauf«, sag­te die alte Frau schmei­chelnd, »bit­te.«

      Drauf­hin fass­te der Leh­rer mit sei­ner Hand un­ter sei­ne Rock­schö­ße und brach­te eine Flö­te in drei Stücken her­vor, die er zu­sam­men­schraub­te, wor­auf er zu bla­sen be­gann.

      Nach lan­gen Jah­ren der Über­le­gung muss ich doch im­mer noch bei der Mei­nung be­har­ren, dass es nie­mals einen Men­schen auf der Welt ge­ge­ben ha­ben kann, der schlech­ter blies. Er brach­te die gräss­lichs­ten Töne her­vor,


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