Ostseeküste - Mecklenburg-Vorpommern Reiseführer Michael Müller Verlag. Sabine Becht

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Ostseeküste - Mecklenburg-Vorpommern Reiseführer Michael Müller Verlag - Sabine Becht


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Na­men Alter Schwede. Seine di­rek­ten Nach­barn - links ein mit Ju­gend­stil-Or­na­men­ten verziertes Ge­bäu­de, rechts das re­kon­struier­te Reu­ter­haus, in dem Dichter Fritz Reuter re­sidierte und des­sen Verle­ger Dethloff Carl Hin­storff hier seine Kar­riere be­gann - ge­ben auf engs­tem Raum ein Bei­spiel für die Viel­ge­stal­tig­keit der Bür­ger­häu­ser rund um den Marktplatz.

      Die Nordflanke des Platzes säumt ein gro­ßes klassizistisches Gebäude, das Wis­ma­rer Rathaus. Es wurde 1819 fer­tig­gestellt, nachdem das alte Rathaus an gleicher Stel­le teilweise eingestürzt war. Er­halten blieb der Keller mit dem gelb-rot ver­zier­ten go­ti­schen Kreuz­rip­pen­ge­wölbe, in dem sich heute die Dau­eraus­stellung Wis­mar - Bil­der einer Stadt be­findet. Zu se­hen sind Dar­stel­lun­gen zur Stadt­ent­wick­lung seit frü­hes­ter Zeit, dar­un­ter auch ein altes Stadt­modell, dazu ar­chäolo­gi­sche Fun­de, historische Do­ku­men­te, alte Schiffs­modelle und an­dere Ex­ponate aus der Blü­te­zeit der Hanse, außerdem Filme zur Stadt­ent­wick­lung. Be­son­ders se­hens­wert sind Reste der Wandmale­reien, die illustrie­ren, dass der Ratskel­ler einst auch als Weinkeller diente: hier wird mächtig ge­zecht.

      ♦ Die Ausstellung Wismar - Bil­der einer Stadt im historischen Ratskeller ist Di-Sa 10-16 Uhr ge­öffnet, Eintritt frei. Etwas versteckter Eingang rechts neben dem Rat­haus die Treppe hinun­ter. Am Markt 1.

       Gotisches Viertel

      Das Gasthaus namens „Alter Schwede“ am Markt

      Westlich des Marktplatzes liegt das goti­sche Viertel, dessen historische Ge­bäude durch die alliierten Luftangriffe in den letzten Tagen des Zweiten Welt­kriegs zwar starken Schaden nahmen, teilweise aber erhalten werden konn­ten, so z. B. das Archi­dia­konat am Kirch­hof. Das ehemalige Wohnhaus des Archi­dia­kons, erbaut um 1450 im Stil der Nord­deutschen Backsteingotik, war bereits im 19. Jh. saniert und neu­go­tisch um­gestaltet worden und wurde nach seiner Zerstörung unter gro­ßem Auf­wand An­fang der 1960er Jahre wie­der aufgebaut.

      Nur der Turm steht noch von St. Marien

      Die Kirche St. Marien wurde, ge­gen alle Widerstände der Be­völ­ke­rung, im August 1960 gesprengt. Nur der mäch­tige, 81 Meter hohe Turm blieb er­hal­ten, er wur­de in den 1990er Jah­ren mit nicht gerin­gem Aufwand res­tauriert. In den noch er­haltenen Vor­hallen des Turms erin­nern Aus­stel­lun­gen und ein 3-D-Film an die ehr­wür­dige Kir­che und veranschauli­chen ihre Ent­ste­hung. Von den in­ter­es­san­ten Turm­füh­run­gen (samt gran­dioser Aus­sicht) zeig­ten sich auch Le­ser be­ein­druckt. Hin­ter dem Turm ver­mit­teln die Fun­da­ment­reste einen Ein­druck von den Aus­ma­ßen des Got­tes­hauses.

      ♦ Der St.-Marien-Turm ist April bis Sept. tägl. 9-18 Uhr, in den Winter­monaten 10-16 Uhr ge­öffnet. Turm­führun­gen (3 €, erm. 2 €) April bis Sept. tägl. 10-16 Uhr jeweils zur vollen Std., im Winter auf Anfrage (Tourist-Information). 3D-Film ebenfalls 3 €, erm. 2 €, die Ausstellun­gen dürfen um­sonst besucht werden, eine Spende ist je­doch erwünscht.

      St. Georgen erinnert in ihrer Wuchtig­keit an die Marienkirche in Rostock, wirkt aber aufgrund des Feh­lens eines hoch aufragenden Turms gleichsam ge­drun­gen. Die kom­plizierte Bauge­schich­te des Gotteshauses be­gann in der Mitte des 13. Jh. Ge­ra­de eine Gene­ration spä­ter wur­de bereits der erste Um- bzw. Ausbau in Angriff ge­nom­men, mit derart am­bi­tio­nierten Plä­nen, dass sich die Arbeiten gut 200 Jahre hin­ziehen sollten und den­noch nicht fer­tig wurden. Letztlich ent­stan­den ist eine bis zu 42 Meter hohe, eben­so brei­te und 76 Meter lange Kirche mit gewaltigen Quer­schiffen und einem un­gewöhnli­chen Chor. Denn anstelle des üblichen halb­run­den Chor­um­gangs wur­de der alte, fla­che Chor bei­behalten (hier befindet sich auch der Ein­gang). Das Feh­len jeglicher In­nen­aus­stat­tung ver­stärkt den im­po­san­ten Raum­ein­druck der Georgenkirche. Was von der In­neneinrichtung (Triumph­kreuz, Ta­fel­altar) erhalten ist, be­findet sich in der Nikolaikirche - und wird dort auch bleiben, denn St. Geor­gen dient als Kon­zertkirche (die zu diesem Zweck in­s­tallierte Fuß­bo­den­hei­zung könnte Tem­pe­ra­tur­schwan­kun­gen auslösen, die den go­ti­schen Kunst­werken scha­den). Vielleicht finden in der Kirche zu­künf­tig auch wie­der Orgelkonzerte statt, ein Förderkreis (www.georgenkirche.de) sammelt Spenden für eine Or­gel.

      Auf dem Stumpf des Turmes (er wurde nie vollendet) befindet sich in 35 Metern Höhe eine Aus­sichts­platt­form. Ein Aufzug bringt Sie hinauf, der Blick von oben auf den Zie­gel­dachtep­pich Wismars und die Häfen ist beein­druckend.

      ♦ St. Georgen: April bis Sept. tägl. 10-18 Uhr, Okt. bis März 10-16 Uhr. Eintritt für den Aufzug und die Plattform 3 €, erm. 2 €, www.kirchen-in-wismar.de. In­fos über die in St. Georgen ver­an­stal­teten Konzerte (u. a. gas­tie­ren hier re­gel­mäßig das Kam­mer­or­chester, die Radio­phil­harmonie und das Sin­fo­nie­or­ches­ter des NDR) erhält man in der Tou­rist­in­for­mation oder unter www.wismar.de.

      Das prachtvolle Portal des Fürstenhofs

      Zwischen der Marienkirche und der Georgenkirche wurde Mitte des 16. Jh. der Fürs­tenhof neu errichtet. An­läss­lich seiner Hochzeit ließ Herzog Johann Alb­recht I. von Mecklenburg (1525-1576) an das bestehende ältere Ge­bäu­de im spät­gotischen Stil (Altes Haus) diesen Stadt-Palazzo (Neues Haus) an­bauen und brachte damit ein Stück ita­lienische Renaissance an die Ostsee. Das dreistö­ckige Ge­bäude ist durch de­tail­freudige Friese aus Kalkstein und Ter­rakotta ge­gliedert. An der Stra­ßen­seite do­minie­ren Szenen aus dem Tro­ja­nischen Krieg, zum Hof hin ist das Gleich­nis vom verlo­renen Sohn dar­ge­stellt. Auf­wändig gestaltet zeigen sich auch die Portale der Hof­durchfahrt. Heute befin­det sich das Amtsgericht im Fürstenhof.

      Richtung Hafen kann man an der Lüb­schen Straße 31 ein Stück mit­tel­al­ter­licher So­zial­geschichte besichtigen. Mit­te des 13. Jh. wurde in Wismar ein Armen- und Kran­kenhaus, das Heili­gen-Geist-Hos­pital, eingerichtet. Dazu entstand später eine schlich­te gotische Saalkir­che, die Hei­li­gen-Geist-Kirche, an die kurze Zeit spä­ter das „Lan­ge Haus“ an­ge­schlossen wur­de. Dieses auch „Sie­chen­haus“ ge­nann­te Ge­bäu­de war zur Kir­che hin offen, sodass die Bettlägeri­gen den Got­tes­dienst ver­fol­gen konn­ten. Ein be­mer­kens­wer­tes Aus­stat­tungs­detail erhielt die Kir­che, nach­dem 1699 die gotische Ge­wöl­bede­cke infolge der Explosion nahe ge­lege­ner Pul­ver­tür­me ein­ge­stürzt war. An­statt das Kreuz­rip­pen­ge­wöl­be wie­der aufzubauen, wur­de eine ein­fa­che Holz­de­cke eingezogen, far­ben­prächtig mit Ornamenten und Bi­bel­sze­nen aus dem Ersten Buch Mo­ses ver­ziert. Se­hens­wert ist auch das gotische Glas­fenster, das zwölf Szenen aus den Evan­gelien und verschiedene Hei­lige zeigt. Ein be­mer­kens­wer­tes Fres­ko be­fin­det sich im Al­tarraum rech­ter Hand: das Buch­sta­ben­feld Deo Gra­cias (Gott sei’s ge­dankt) aus dem frü­hen 14. Jh. Aus­ge­hend vom zent­ralen (und einzi­gen!) D lassen sich die Worte Deo Gra­cias - rauf und run­ter, rechts und links he­rum und beliebig ab­knickend


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