Das Leben des Antonio Filarete, Benozzo Gozzoli, Vittore Carpaccio und weiterer Künstler. Giorgio Vasari

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Das Leben des Antonio Filarete, Benozzo Gozzoli, Vittore Carpaccio und weiterer Künstler - Giorgio Vasari


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ihn für seine technischen Fähigkeiten im Guß und suggeriert, indem er sich am Anfang der Vita auf die Beschreibung der Samson-Tafel konzentriert, daß er vor allem in Bronze gearbeitet habe. Zwar erzählt er auch von dessen Liebe zur Architektur und gibt mit der Erwähnung von Medaillen und kleinen Werken in Marmor und Bronze einen Hinweis darauf, daß Bellano (neben Riccio) heute zu Recht als Vater der Kleinbronzen gilt. Sicher wirkte er aber auch in Terrakotta, Stein und Holz.

      Nicht bekannt war dem Biographen das vielfigurige Steingrabmal in der Paduaner Eremitanerkirche oder der Reliquienschrank in der Santo-Basilika, an dem er Bellanos Eselswunder des Heiligen Antonius mit Donatellos Interpretation am Hauptaltar hätte vergleichen können.

      Auch das nach Donatellos Altar im Santo größte Bronzeprojekt der Stadt und Bellanos eigentliches Spät- und Hauptwerk, das (nicht im ursprünglichen Zusammenhang erhaltene) Grabmonument für den venezianischen Gelehrten Pietro Roccabonella in San Francesco, wird von Vasari nicht erwähnt. Marcantonio Michiel berichtet noch vor der ersten Vitenausgabe davon (Michiel, Ed. Frimmel, Notizie d’opere del disegno, 1521–1543, S. 14).

      Auch wenn er bedeutende Aufträge an sich zog, war Bellano schon zu Lebzeiten einiger Kritik ausgesetzt: Im Rechtsstreit mit dem Erben des Auftraggebers des Solimani-Grabmals wurde ihm (wenn auch wohl eher, um den Preis zu drücken) Unfähigkeit vorgeworfen, und in Konstantinopel, wohin ihn ein Auftrag führte, bat der Sultan um einen weiteren, besseren Bronzegießer. Der Humanist Pomponius Gauricus bezeichnete Bellano in seinem Traktat De sculptura 1504 als »ineptus artifex«, als ungeschickten Künstler (Gauricus, De sculptura, S. 254). Valerio Polidoro erwähnt ihn 1590 immerhin als einen im Jahr 1488 sehr geschätzten Bildhauer (Polidoro 1590, Kapitel XVIII, S. 15).

      Vasari interessiert sich für Bellano als Skulpteur und Nachahmer Donatellos, der aber keinen eigenen Stil entwickelt habe. Für seine Heimatstadt Padua, in der er sehr geschätzt wurde, habe dies aber zum Erfolg gereicht.

       AZ

      DAS LEBEN DES BILDHAUERS BELLANO AUS PADUA

       Vita di Vellano da Padova. Scultore (1568)

      Solche Macht hat das Wiedergeben einer mit Liebe und Fleiß gemachten Sache,1 daß in den meisten Fällen, wenn der Stil einer unserer Künste von denen, die an den Werken eines [Meisters] Gefallen finden, gut nachgeahmt wird, das nachahmende Werk dem nachgeahmten in einer Weise ähnlich ist, daß kein Unterschied zu erkennen ist, es sei denn von jemandem mit ungewöhnlich gutem Auge; und nur selten wird ein hingebungsvoller Schüler sich nicht zumindest in weiten Teilen den Stil seines Meisters aneignen können. Bellano aus Padua2 bemühte sich denn mit solchem Fleiß darum, Donatellos Stil und Arbeitsweise in der Bildhauerei und vor allem in den Bronzeskulpturen zu imitieren, daß er in seiner Heimat Padua zum künstlerischen Erben des Florentiners Donatello wurde, wie es seine Werke im Santo beweisen; weil diese fast jeder, der nicht vollständig informiert ist, für Werke Donatellos hält, bleiben sie, wenn sie nicht aufklärt werden, auf Dauer in ihrem Irrtum befangen.3

      Befeuert von dem vielen Lob, das er über den Florentiner Bildhauer Donatello hörte, als jener damals in Padua arbeitete, und von dem Verlangen nach Gewinn, wie ihn gute Künstler dank vortrefflicher Werke erzielen, schloß er sich Donatello an, um die Bildhauerei zu erlernen,4 und verschrieb sich dieser in einer Weise, daß er sein Vorhaben mit Hilfe eines solchen Meisters am Ende umsetzen konnte. Bevor Donatello dann im Anschluß an die Fertigstellung seiner Werke aus Padua abreiste, hatte jener in der Kunst bereits solche Fortschritte gemacht und in seinem Meister so hohe Erwartungen und Hoffnungen geweckt, daß dieser ihm zu Recht alles Handwerkszeug, dazu die Entwürfe und Modelle für die Szenen hinterließ, die rings um den Chor der Santo-Basilika jener Stadt in Bronze auszuführen waren. Dies war auch der Grund, weshalb man Bellano nach Donatellos Abreise zu seiner großen Ehre in der Heimat das gesamte Werk öffentlich in Auftrag gab.5 Er schuf also alle Bronzeszenen, die sich an der äußeren Chorseite der Santo-Basilika befinden, darunter unter anderem die Szene, in der Samson die Säule umfaßt und dadurch den Tempel der Philister zum Einsturz bringt; da sieht man die Trümmerteile vorschriftsgemäß herabstürzen, und so auch den Tod derart vieler Leute, dazu der Variantenreichtum der Haltungen derer, die durch den Einsturz oder aus Angst den Tod finden, was Bellano auf wunderbare Weise zum Ausdruck gebracht hat.6 Am selben Ort befinden sich mehrere Wachsmodelle und Entwürfe für diese Werke, wie auch ein paar Bronzekandelaber, die er mit viel Urteil und Erfindungskraft gestaltet hat.7 Und wie man sieht, war dieser Künstler von dem Wunsch beseelt, Donatellos Klasse zu erreichen, was ihm allerdings nicht gelang, weil er sich in einer höchst komplizierten Kunst ein zu hohes Ziel gesteckt hat. Bellano begeisterte sich auch für die Architektur, ein Beruf, den er mehr als nur leidlich ausübte, weshalb er im Jahr 14648 zur Zeit des venezianischen Papstes Paul nach Rom ging, wo Giuliano da Maiano9 als Architekt für den Pontifex die vatikanischen Bauvorhaben leitete und auch er in diversen Projekten eingesetzt wurde. Unter den Werken, die er hier schuf, stammen von seiner Hand die Wappen, die dort von jenem Papst, samt seinem Namen, zu sehen sind. Außerdem schuf er am Palast von San Marco viele der Verzierungen an jenem Bau für denselben Papst, dessen Kopf von der Hand Bellanos sich am oberen Treppenende befindet.10 Derselbe entwarf vor Ort noch einen herrlichen Innenhof mit einem komfortablen und bequemen Treppenaufgang. Das alles blieb jedoch durch den plötzlichen Tod des Papstes unvollendet.11 In der Zeit, die er in Rom verbrachte, schuf Bellano für besagten Papst und für andere viele kleine Werke aus Marmor und Bronze, die ich allerdings nicht finden konnte.12 Derselbe schuf in Perugia eine überlebensgroße Bronzestatue, in der er besagten Papst sitzend und naturgetreu im Pontifikalgewand darstellte und unten seinen Namen und das Jahr der Ausführung anbrachte. Diese Figur steht in einer Nische aus verschiedenen, sehr sorgfältig bearbeiteten Gesteinssorten an der Außenseite des Portals von San Lorenzo, dem Dom jener Stadt.13 Er schuf viele Medaillen, von denen noch immer einige Exemplare zu sehen sind, darunter vor allem jene des besagten Papstes und die von Antonio Rosello, einem Aretiner, und Battista Platina, die beide seine Sekretäre waren.14

      Im Anschluß an diese Werke kehrte Bellano mit hervorragendem Ruf nach Padua zurück, wo er nicht nur in der eigenen Heimat Wertschätzung genoß, sondern in der gesamten Lombardei und trevisanischen Mark, weil diese Gegenden bis zum damaligen Zeitpunkt noch keine vortrefflichen Künstler besaßen und auch weil er hervorragende Erfahrung im Metallguß vorzuweisen hatte.15 Bellano war schon alt, als die Signoria von Venedig den Beschluß faßte, das bronzene Reiterstandbild des Bartolomeo da Bergamo ausführen zu lassen, und bei dem Florentiner Andrea del Verrocchio das Pferd und bei Bellano die Figur in Auftrag gab. Als Andrea davon hörte, der davon ausgegangen war, das ganze Werk zu übernehmen, weil er sich, wie es durchaus zutraf, für einen besseren Meister als Bellano hielt, wurde er so wütend, daß er das bereits vollendete Pferdemodell komplett in Stücke schlug und nach Florenz abreiste. Später rief ihn die Signoria zurück, um ihn mit der Ausführung des gesamten Werks zu beauftragen, weshalb er dann zurückkam, um es zu vollenden.16 Über diese Angelegenheit grämte Bellano sich so sehr, daß er aus Venedig abreiste, ohne auch nur ein Wort zu verlieren oder sich in irgendeiner Form darüber zu beschweren, und kehrte nach Padua zurück, wo er den Rest seines Lebens in Ehren verlebte und sich mit den geschaffenen Werken beschied und damit, in seiner Heimat stets geliebt und verehrt zu werden.

      Im Alter von zweiundneunzig Jahren starb er und wurde in der Santo-Basilika mit jener Ehrerbietung beigesetzt, die seinem Verdienst, sich und der Heimat Ehre gemacht zu haben, rechtmäßig zustand.17 Sein Porträt haben mir einige meiner Freunde aus Padua geschickt, die es ihrerseits, wie sie mir sagten, von dem hochgelehrten und hochwürdigen Kardinal Bembo hatten, dessen Liebe für unsere Künste der Überlegenheit gleichkam, die ihn vor allen anderen Menschen unseres vortrefflichen Zeitalters in den erlesensten Qualitäten von Körper und Geist auszeichnete.18

      Ende der Lebensbeschreibung des Bildhauers Bellano aus Padua.

      Einleitung zum Leben des Paolo Romano und Meister Mino sowie des Chimenti Camicia


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