Das Leben des Antonio Filarete, Benozzo Gozzoli, Vittore Carpaccio und weiterer Künstler. Giorgio Vasari

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Das Leben des Antonio Filarete, Benozzo Gozzoli, Vittore Carpaccio und weiterer Künstler - Giorgio Vasari


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1457 DEN GRUNDSTEIN GELEGT.17

      Später wurden diese Begebenheiten von dem Lombarden Meister Vincenzo Foppa im Portikus gemalt, da sich in dieser Gegend kein besserer Meister hatte finden lassen.18 Ebenfalls ein Werk von Antonio war die große Kirche von Bergamo, für deren Errichtung er nicht weniger Sorgfalt und Urteilskraft aufwendete als bei dem eben erwähnten Spital.19 Und weil er auch am Schreiben Gefallen fand, schrieb er in der Zeit, in der diese seine Werke ausgeführt wurden, ein in drei Teile gegliedertes Buch: Im ersten behandelt er die Maße aller Gebäude und alles, wonach es bei einem Bauvorhaben verlangt; im zweiten die Methode des Bauens und wie eine überaus schöne und höchst zweckmäßige Stadt angelegt sein könnte; im dritten hingegen schlägt er neue Bauformen vor, bei denen er Antikes und Modernes vermischt.20 Das ganze Werk ist in vierundzwanzig Bücher unterteilt und über und über mit Abbildungen von seiner Hand versehen. Und läßt sich durchaus das ein oder andere Gute darin finden, ist es doch überwiegend lächerlich und so albern wie irgend möglich. Gewidmet hat er es im Jahr 1464 dem prächtigen Piero di Cosimo de’ Medici,21 und heute ist es in der Sammlung des erlauchten Herrn Herzog Cosimo.22 In Wahrheit wäre es, da er so viel Mühe hineingesteckt hat, wenigstens stellenweise zu loben, wenn er nur der Meister seiner Zeit und ihrer Werke gedacht hätte. Es finden sich aber nur wenige Hinweise dieser Art, und diese wenigen sind ohne Ordnung im ganzen Werk an den unpassendsten Stellen eingestreut. Er hat sich abgemüht und ist dabei, wie man sagt, arm geworden und einer, dem man wenig Urteilsvermögen zuspricht, weil er sich auf etwas eingelassen hat, von dem er nichts verstand. Nun habe ich aber wirklich genug über Filarete gesagt und es ist an der Zeit, daß ich mich Simone zuwende, dem Bruder von Donatello, der im Anschluß an das Portal-Projekt das Grabmal von Papst Martin aus Bronze schuf.23 Außerdem führte er ein paar Gußwerke aus, die nach Frankreich gingen und viele weitere, von denen man nicht weiß, wo sie sich befinden.24 In der Kirche der Ermini [Armeni] am Canto alla Macine in Florenz schuf er ein lebensgroßes Kruzifix, das bei Prozessionen vorangetragen wird und das er, damit es leichter wäre, aus Kork machte.25 In Santa Felicita schuf er eine Heilige Maria Magdalena als Büßerin aus Ton, dreieinhalb Ellen groß, schön proportioniert und mit einer derart enthüllenden Wiedergabe der Muskulatur, daß er zeigte, wie sehr er sich in der Anatomie auskannte.26 Ebenso hat er in der Kirche der Serviten für die Annunziata-Bruderschaft einen marmornen Grabstein geschaffen, in den er in der Art von Malerei eine sehr gelobte Figur aus grauem und weißem Marmor einlegte, ganz so, wie es weiter oben über das gesagt worden ist, was der Sieneser Duccio27 im Dom von Siena vollbracht hat.28 In Prato [stammt von ihm] das Gitter der Kapelle vom [Heiligen] Gürtel.29 In Forlì schuf er über der Tür zum Haus der Kanoniker eine Madonna mit zwei Engeln im Flachrelief;30 und für Messer Giovanni da Riolo31 gestaltete er in San Francesco die Trinitätskapelle im halbhohen Relief aus.32 In Rimini hingegen gestaltete er für Sigismondo Malatesta33 in der Kirche San Francesco die Kapelle des Heiligen Sigismund, mit zahlreichen in den Marmor skulptierten Elefanten, die das Wappenbild jenes Fürsten sind.34 Messer Bartolomeo Scamisci,35 dem Kanoniker der Pieve von Arezzo, schickte er eine Madonna mit Kind im Arm aus Terrakotta und einige Engel im halbhohen Relief, die sehr gut ausgeführt sind; heute ist sie in besagter Pieve an einer Säule angebracht.36 Ebenso gestaltete er für das Taufbecken in der Bischofskirche von Arezzo in einer Reihe von Szenen, die im Flachrelief ausgeführt sind, einen Christus, der vom Heiligen Johannes getauft wird.37 In Florenz schuf er in der Annunziata-Kirche das Grabmal für Messer Orlando de’ Medici aus Marmor.38 Schließlich, im Alter von fünfundfünfzig Jahren, übergab er seine Seele dem Herrn, der sie ihm gegeben hatte.39 Nicht viel später starb Filarete, der nach Rom zurückgekehrt war, im Alter von neunundsechzig Jahren und wurde in der Minerva beigesetzt,40 wo er den hochgelobten Maler Giovanni Fochetta [Jean Fouquet] ein Porträt von Papst Eugen malen ließ, in der Zeit, als er in Rom lebte und in dessen Diensten stand.41 Antonios Porträt, das von eigener Hand stammt, findet man am Anfang seines Buches, in dem er das Bauen lehrt.42 Schüler von ihm waren die Florentiner Varrone und Niccolò,43 die in der Nähe von Ponte Molle die Marmorstatue für Papst Pius II.44 ausführten, als er den Kopf des Heiligen Andreas nach Rom brachte.45 Und im Auftrag desselben restaurierten sie Tivoli fast von den Grundmauern auf46 und schufen in Sankt Peter das marmorne Rahmenornament über den Säulen der Kapelle, in dem das erwähnte Haupt des Heiligen Andreas aufbewahrt wird.47 Ganz in der Nähe jener Kapelle befindet sich die Grabstätte des besagten Papst Pius,48 geschaffen von der Hand des Pasquino da Montepulciano,49 der ein Schüler Filaretes war, und von Bernardo Ciuffagni,50 der in San Francesco in Rimini ein Marmorgrabmal für Sigismondo Malatesta und darin sein naturgetreues Porträt schuf,51 dazu noch ein paar weitere Werke, wie es heißt, in Lucca und Mantua.52

      Ende der Lebensbeschreibung des Antonio Filarete.

      Einleitung zum Leben des Lazzaro Vasari

      Giorgio Vasari scheut sich nicht, seinen Urgroßvater Lazzaro Vasari in einem Atemzug mit den Malern Spinello Aretino und Bartolomeo della Gatta explizit im Vorwort zum dritten Teil der Vite zu erwähnen – jenen Malern zugeordnet, die er zur maniera seconda zählte (Vasari, Kunstgeschichte, S. 113). Obwohl sich keinerlei Bildwerke seines Ahnen erhalten haben – und Vasari lediglich selbst als Bürge in Frage kommt –, erwähnt er ihn in einem Brief an Cosimo I. de’ Medici als einen »zu seiner Zeit berühmten Maler«. Er plaziert die urgroßväterliche Lebensbeschreibung prominent zwischen der von Leon Battista Alberti und Antonella da Messina, ebenfalls mit der Begründung, Lazzaro sei zu seiner Zeit nicht nur in seiner Heimatstadt, sondern in der ganzen Toskana berühmt gewesen. Analog dazu porträtiert er ihn in seinem Aretiner Wohnhaus neben dem Verwandten Luca Signorelli, Spinello Aretino und Bartolomeo della Gatta (als Exempla der Aretiner Maltradition) sowie neben seinen vermeintlichen Lehrern Andrea del Sarto und Michelangelo in der Camera della Fama.

      In seiner 1568 ans Ende der Vite gesetzten Autobiographie erwähnt er Lazzaro hingegen nicht erneut, da er meint, schon genug vom Ursprung seiner Familie berichtet zu haben. Hier konzentriert er sich auf die Beschreibung seiner eigenen Werke und sucht die geistige Verwandtschaft zu Andrea del Sarto und Michelangelo. Den Stammbaum seiner leiblichen Familie entwirft er dagegen im Leben des Lazzaro.

      Bereits in der Torrentiniana (der ersten Druckfassung der Vite von 1550) sucht der Autor und Biograph Lazzaro Vasari als berühmten Maler »nicht nur in Arezzo, sondern in der gesamten Toskana« in die Kunstgeschichte einzureihen. Sosehr er sich aber um die glaubwürdige Darstellung einer Künstlerkarriere seines Ahnen bemüht, und in der zweiten Fassung seines Lebens noch mehr ›Beweise‹ liefert als in der ersten, so wird doch klar, daß er seinen Urgroßvater vor allem einsetzt, um ihn als malenden Urvater seiner selbst zu etablieren. Vasari, der den Aufstieg vom einfachen Kaufmannssohn zum Hofkünstler der Medici geschafft hatte, war rückwirkend an der Nobilitierung seiner Familie interessiert, obwohl er in den Vite so häufig die Leistungen des einzelnen beschwor, aus denen Ruhm und Unsterblichkeit resultierten.

      1568 wird der genealogische Aspekt der Lazzaro-Vita weiter verstärkt: Er wolle nichts dieser Familie Unwürdiges tun, die so illustre und verehrte Männer hervorgebracht habe und die ihm ein Ansporn zur Tugend seien, so Vasaris einleitende Worte der zweiten Fassung. Am Ende der Vita kommt Vasari auf sich selbst und den großen Familienaltar zu sprechen, den er für den Hauptchor der Pieve in Arezzo, adlige Bestattungsformen imitierend, für alle Abkömmlinge des Hauses Vasari entworfen hatte. Während er in seiner Autobiographie allein die religiösen Bildwerke an diesem Altar beschreibt, geht er in der Vita des Lazzaro auf die daran ebenfalls befindlichen Porträts seiner Ahnen ein. Als einzige Frau wird dabei seine Mutter namentlich erwähnt.

      Vasari ist sich der dünnen Beweislage für das angebliche künstlerische Schaffen Lazzaros bewußt. Ganze fünf Mal bürgt er deshalb selbst für seine Zuschreibungen mit den Worten »lo pruovo in me stesso«. Manchen Beleg hätte er sicher erbringen können, wenn die schriftlichen Zeugnisse nicht »immer wieder von den


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