Raumschiff Prokyon Band 1-18: Die ganze Serie. Harvey Patton

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Raumschiff Prokyon Band 1-18: Die ganze Serie - Harvey Patton


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gut, dass wir dich haben, jetzt sind wir wieder um einiges klüger. Ich hätte das Ding glatt für eine besondere Version der venezianischen Gondeln gehalten, wie sie jetzt im Zuge der Nostalgiewelle wieder die alten Kanäle durchfahren. Im Grunde spielt das aber für uns keine große Rolle, die Hauptsache ist, dass es fährt. Kommen Sie, Alexandros, wir sehen uns einmal an Bord um.«

      Die anderen Männer ergriffen die beiden Taue, mit denen das Boot an Felszacken befestigt war, und zogen es näher ans Ufer. Taff schwang sich gewandt über die Reling, Demosthenes folgte ihm. Im nächsten Augenblick stöhnte er unterdrückt auf, denn er war mit den Schienbeinen gegen einige harte Gegenstände geprallt. Caine griff zu und stützte Alexandros, bückte sich dann und hob die Dinge vom Boden auf, um sie näher in Augenschein zu nehmen.

      Er hatte auf Waffen gehofft, die besser als die Schwerter und Speere waren, die sie jetzt besaßen. In dieser Hinsicht wurde er enttäuscht, in anderer jedoch angenehm überrascht.

      »Fackeln!«, stellte er zufrieden fest. »Und gleich mehr als ein Dutzend davon, also ist unser Beleuchtungsproblem für längere Zeit gelöst. Stecken Sie gleich eine von ihnen an, Alexandros.«

      Zugleich mit der Helligkeit stellte sich bei der Crew auch eine Spur jenes Optimismus ein, der im Allgemeinen ihr steter Begleiter war. Die Männer halfen den beiden Mädchen an Bord und kamen dann selbst nach. Sie blickten sich neugierig um, aber es gab nicht viel zu entdecken. Abgesehen von den Fackeln und den beiden breiten Ruderbänken, war das Boot leer.

      »Macht nichts«, sagte Taff. Er fand beiderseits des Bugs zwei Kupferringe, entzündete eine zweite Fackel und steckte die Leuchtkörper hinein. »Übernimm du das Ruder, Mitani«, bestimmte er dann, »ich werde vorn als Ausguck fungieren und dich durch Zuruf davon verständigen, wohin die Reise geht. Du kannst ihr Gesellschaft leisten, Dorit, die Herren bitte ich an die Ruder. Alle fertig? Wohlauf denn, die Fahrt beginnt!«

      Er kappte mit seinem Schwert die Taue, die das Boot hielten. Es wurde aus dem ruhigen Wasser der Bucht herausgerudert und dann sofort von der Strömung erfasst, die es mit sich nahm. Die Männer brachten das Boot bis in die Mitte des Flusses, der hier etwa sechzig Meter breit war.

      Es wurde eine gespenstische Fahrt durch eine düstere Unterwelt.

      Das Licht der Fackeln spiegelte sich im Wasser, erreichte jedoch die Felswände nicht mehr. Die Höhlung, die sich der unterirdische Fluss durch das Gebirgsmassiv gegraben hatte, besaß beachtliche Ausmaße, war aber auf natürliche Weise entstanden. Caine stand vorn zwischen den beiden Fackeln und spähte aufmerksam ins Dunkel.

      Minutenlang ereignete sich nichts, das Boot trieb schnell, aber ruhig dahin. Die sieben Menschen, hatten geglaubt, schon nach kurzer Zeit wieder ins Freie zu kommen, doch ihre Erwartungen wurden enttäuscht. Allmählich begriffen sie, dass sie nicht nur einen Berg zu unterqueren hatten, sondern einen beträchtlichen Teil des Gebirges, von dem sie immer noch nicht wussten, auf welchem Planeten es sich befand.

      »Aufpassen!«, schrie Taff plötzlich, denn er sah im ungewissen Licht, dass die Decke vor ihnen immer niedriger wurde. Sie schwang sich so tief herab, dass er und die beiden Mädchen sich bücken mussten. Ganz knapp nur glitten die hochgezogenen Bug- und Achtersteven darunter hinweg.

      Nach wenigen Sekunden war diese Stelle passiert, aber den Menschen blieb keine Zeit, um aufzuatmen.

      »Links einschlagen!«, rief Caine, denn er sah, dass auf der rechten Seite die Felswand gefährlich nahe kam. Mitani reagierte augenblicklich, ebenso Orvid und Luca, die sich an den linken Rudern befanden. Sie tauchten die breiten Blätter bremsend ins Wasser, so dass das Fahrzeug einen Bogen beschrieb. Es glitt nur knapp zwei Meter an den gezackten Felsen vorbei, an denen sich die Flut gischtend brach.

      Hier beschrieb der Fluss einen weiten Bogen, durch den seine Richtung um etwa fünfundvierzig Grad geändert wurde. Dann trat die Felswand wieder zurück, die Strömung ließ nun merklich nach. Das Echo von den Seiten her verriet, dass das Boot nun durch eine Kaverne von beträchtlichen Ausmaßen trieb.

      »Nimmt diese Fahrt denn überhaupt kein Ende mehr?«, fragte Alexandros Demosthenes halblaut.

      Der Commander zuckte mit den Schultern, fuhr aber im nächsten Moment zusammen. Von irgendwoher erklang das Rauschen großer Flügel, krächzende Laute und schrille Pfiffe wurden laut. Das Licht hatte irgendwelche Wesen, vermutlich von Fledermausart, aufgeschreckt, die nun wild umher flatterten. Mehrmals kurvten einige von ihnen dicht über dem Fahrzeug dahin, so dass sie schemenhaft zu erkennen waren.

      »Von ihnen haben wir kaum etwas zu befürchten«, beruhigte Taff seine Gefährten. »Sie haben vermutlich noch nie in ihrem Leben Licht zu sehen bekommen und sind jetzt aufgeschreckt und verstört.«

      Das Flattern, Pfeifen und Krächzen verhallte schließlich hinter ihnen, als das Boot das Gewölbe verließ. Die Strömung wurde nun wieder stärker, und der Fluss beschrieb mehrere Windungen.

      Ein kritischer Moment trat ein, als die ersten beiden Fackeln ausgebrannt waren.

      An den oberen Enden der armlangen Leuchtkörper saßen auf den hölzernen Stielen halbkugelige, korbähnliche Gebilde, die mit Werg gefüllt waren, das mit einer dunklen, langsam abbrennenden Masse getränkt war. Diese Masse hielt lange vor und entwickelte kaum Rauch, woraus man schließen konnte, dass ihre Hersteller beachtliche chemische Kenntnisse besaßen. War sie aber einmal verbraucht, erlosch das Licht innerhalb weniger Sekunden.

      Das geschah nun, und Taff wurde vollkommen davon überrascht. Als er sich hastig bückte, um zwei neue Fackeln aufzunehmen, war es bereits dunkel geworden. Wenn jetzt eine neue Flussbiegung kam, war das Boot mitsamt seinen Insassen verloren!

      Hastig knipste der Commander das Feuerzeug an, das Demosthenes ihm überlassen hatte. Bange Augenblicke vergingen, bis die erste Fackel Feuer gefangen hatte und er sie in dem Kupferring an der rechten Seite befestigen konnte. Schon im nächsten Augenblick gellte sein Schrei auf: »Rechts einschlagen!«

      Die anderen reagierten sofort, und doch wäre es fast zu spät gewesen. Die Felswand schoss dem Boot entgegen, die Kollision schien unvermeidbar. Alexandros Demosthenes rettete die Situation, indem er sein Ruder hochriss und kräftig gegen die Felsen stieß. Das Fahrzeug schwang herum, schrammte Bruchteile von Sekunden an der Wand entlang, schoss dann aber in entgegengesetzter Richtung davon. Ein heftiger Stoß warf die sieben Menschen durcheinander, die Außenplanken knirschten bedenklich, brachen jedoch nicht.

      »Verdammt, das war wirklich knapp!«, sagte Taff heiser und entzündete eilig die zweite Fackel. Luca Ladora stieß ein meckerndes Gelächter aus.

      »So oder ähnlich erging es uns doch schon immer, hochgeschätzter Kommandant. Gefahr ist mein Leben würde Sheere McLoed sagen, befände er sich jetzt unter uns, und in dieser Beziehung haben wir ihm wohl kaum einmal nachgestanden.«

      *

      Mehr als vier Stunden waren vergangen, und das Boot war immer noch auf dem subplanetaren Fluss unterwegs.

      Der zog nun ruhig und stetig dahin; es hatte keine kritischen Situationen mehr gegeben. Dafür mehrten sich aber die Anzeichen dafür, dass diese Unterwelt von verschiedenartigen Lebewesen bewohnt war. Immer öfter gab es fremde Geräusche, das Scharren von Klauen über Felsgestein, Knurren und andere, undefinierbare Laute. Riesige Schatten huschten am Ufer dahin, wenn das Boot in seine Nähe kam. Der Eindruck, sich in einer unheimlichen und gespenstischen, fremden Welt zu befinden, von der eine permanente Bedrohung ausging, wurde immer stärker.

      Die PROKYON-Crew war an einiges gewöhnt, und doch wurden ihre Nerven nun über Gebühr strapaziert. Selbst Taff Caine ertappte sich bei dem Gedanken an die Zauberer von Valholl, die nach Aussage der Amazonen diesen Planeten beherrschen sollten. Gab es sie wirklich, befanden sie sich auf dem Weg zu ihnen?

      Unsinn!, sagte sich Taff, aber sein Unbehagen blieb. Im Stillen bewunderte er Alexandros Demosthenes, der sich entgegen allen Erwartungen ausgezeichnet hielt. Der Außenminister des Solsystems war also doch mehr als ein bloßer Apolltyp, der fremden Mädchen griechische Volkslieder vorsingen konnte. Nur sein Verhältnis zu Dorit Grenelle war seit den Ereignissen auf Kharto nachhaltig gestört.


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