150. Die fälsche Braut. Barbara Cartland
Читать онлайн книгу.»Und ich muß dir etwas sagen - etwas Wundervolles, Elisabeth. Etwas, das ich nie zu hoffen gewagt hätte.«
»Was ist es?« fragte Elisabeth, und in ihrer Stimme lag trotz ihres Kummers ein wenig Neugierde.
»Hör zu, Liebstes. Ich habe dir schon des Öfteren von meinem Vetter aus Yorkshire erzählt. Er ist das Haupt unserer Familie. Ein schwieriger Mann, der jedoch meinen Vater sehr mochte. Nachdem ich dich kennenlernte und du mich zum glücklichsten Menschen dieser Erde gemacht hattest, schrieb ich ihm einen Brief, in dem ich ihm meine Lage darlegte. Ich erklärte ihm, daß ich davor zurückschrecke, in Würde deinen Vater um deine Hand zu bitten, da ich dir außer meiner übergroßen Liebe und der Gewissheit, mit deiner Hilfe eine erfolgreiche Laufbahn in der Armee vor mir zu haben, nicht viel zu bieten hätte. Heute morgen erhielt ich das Antwortschreiben. Ich öffnete es mit ziemlich gemischten Gefühlen. Wie ich dir sagte, ist er ein eigenartiger Mensch und in vieler Beziehung völlig unberechenbar. Die Wahrscheinlichkeit sprach also dafür, daß er meinen Brief nehmen und in den Papierkorb werfen würde. Statt dessen machte er mir ein generöses Angebot.«
Er griff in die Tasche und sagte: »Irgendwo muß ich den Brief haben.«
Elisabeth machte eine ungeduldige Handbewegung und drängte: »Laß doch den Brief. Erzähle uns lieber, was drin steht.«
»Er schreibt«, sagte Adrian, und seine Stimme klang fast ergriffen, »daß er von meinen Neuigkeiten begeistert sei und daß er seinen Anwälten bereits Anweisung gegeben habe, mir jährlich eine finanzielle Unterstützung in Höhe von tausend Pfund zukommen zu lassen. Tausend Pfund im Jahr! Elisabeth, stell dir das vor! Mit meinem Armeesold ergibt das eine beträchtliche Summe. Wir sind reich. Aber das ist noch nicht alles, was ich dir zu berichten habe!«
»Was denn noch?« fragte Elisabeth aufgeregt.
»Mein Colonel ließ mich gestern Abend zu sich rufen. Er teilte mir mit, daß mein Regiment im nächsten Monat nach Indien verlegt wird.«
»Nach Indien?« rief Elisabeth.
»Nein, warte!« sagte Adrian rasch. »Kein Grund, dich aufzuregen. Weiter teilte er mir mit, daß ich auf Grund guter Führung unverzüglich zum Captain befördert würde. Denk dir, Darling, Captain, mit ebenfalls tausend Pfund im Jahr. Wir können auf der Stelle heiraten, denn vom Hauptmannsrang aufwärts dürfen Offiziere ihre Frauen mit nach Übersee nehmen. Ist das nicht wundervoll, meine Süße? Jetzt kann ich ohne Furcht vor deinen Vater hintreten und ihn um deine Hand bitten.«
»Vor Vater hintreten! Du glaubst, du kannst Vater um meine Hand bitten?« flüsterte Elisabeth und wandte sich zu Isabel um. »Sag du es ihm!« bat sie leise. »Ich kann es nicht.«
Adrian blickte Isabel an. Die freudige Erregung erstarb in seinem Gesicht und machte dem Ausdruck äußerster Bestürzung Platz.
»Was ist los?« fragte er. »Ist irgend etwas geschehen?«
»Ja«, erwiderte Isabel. »Sehr viel sogar. Ich werde es Ihnen erzählen. Aber zuerst wollen wir uns setzen, denn Elisabeth ist sehr erschöpft. Wir haben in der letzten Nacht kaum geschlafen.«
Sie blickte zum Ufer, an dem ein umgestürzter Baumstamm lag, und ging darauf zu. Elisabeth und Adrian Butler folgten ihr. Nachdem sie sich niedergelassen hatten, legte Adrian den Arm um Elisabeth, und sie barg das Gesicht an seiner Schulter.
»Hör zu, Darling, sei nicht unglücklich«, tröstete er sie. »Ich verspreche dir, alles in meinen Kräften Stehende zu tun, um die Hindernisse aus dem Weg zu räumen, die unserer Liebe entgegenstehen!«
Elisabeth seufzte schwer.
»Oh, wenn ich dir nur glauben könnte.« sagte sie. »Die ganze Nacht habe ich bei mir gedacht: Adrian wird bestimmt einen Ausweg finden. Wenn ich nur wüßte, welchen! Isabel und ich sind ganz verzweifelt.«
»Erzähl mir zunächst, was geschehen ist«, sagte Adrian, und in seiner ruhigen, kraftvollen Stimme lag eine solche Sicherheit, daß Isabel wieder Hoffnung schöpfte, obwohl sie im tiefsten Inneren verzweifelt war.
Rasch und in knappen Worten berichtete sie, was geschehen war. Auch von dem Gespräch, das sie im Sommerhaus belauscht hatte, gab sie eine kurze Zusammenfassung.
»Dieser Mann ist offensichtlich ein Schurke«, sagte Adrian ruhig. »Aber wie dem auch sei, Elisabeth wird ihn nicht heiraten.«
»Aber man wird mich zwingen«, rief Elisabeth aufschluchzend. »Du weißt, wie Papa ist. Ich schwöre dir, ich habe versucht, mich ihm zu widersetzen, aber ich schaffe es einfach nicht. Er tobt und schreit so lange, bis ich vor Angst zittere und zuletzt doch tue, was er von mir verlangt. Oh, Adrian, hilf mir!«
»Das werde ich. Liebes!« versprach Adrian. »Und eins schwöre ich dir: Wenn du diesen Wroth heiratest, dann nur über meine Leiche!«
»Adrian, du wirst dich nicht mit ihm schlagen!« bat Elisabeth am ganzen Leib zitternd.
»Nein, das fällt mir im Traum nicht ein. Zuerst habe ich zwar daran gedacht, aber es hätte keinen Sinn. Außerdem würde er es ablehnen, sich mit mir zu duellieren. Und falls ich ihn niederschießen würde - müßte ich mit einer Verhaftung und lebenslangem Kerker rechnen, denn er ist Minister der Krone. Glaub nicht, daß ich mich davor fürchte, es ist nur deinetwegen. Hinter Gittern wäre ich dir nicht mehr von Nutzen.«
»Ich weiß, daß du ohne Furcht bist«, sagte Elisabeth bewundernd. »Nicht einmal vor Papa fürchtest du dich!«
»Nein, ich fürchte mich nicht vor deinem Vater«, versicherte Adrian, »und deshalb werde ich ihm die Gelegenheit geben, die Entscheidung über das Leben seiner Tochter zu korrigieren. Ich werde zu ihm gehen und mit ihm reden.«
»Aber du wirst nicht mit ihm über uns beide reden, Adrian!«
»Natürlich werde ich das«, erwiderte Adrian. »Ich werde ihm sagen, daß ich dich heiraten möchte, werde ihn von meiner veränderten Situation in Kenntnis setzen und ihm klar machen, daß ich unter diesen Umständen das Recht habe, um dich zu werben.«
»Er wird es dir dennoch verwehren«, sagte Elisabeth.
»Ja, das wird er in der Tat«, mischte Isabel sich ein. »Tausend Pfund im Jahr mögen in Ihren Augen ein Vermögen sein, aber haben Sie eine Idee, was Sir Rupert Wroth wert ist?«
»Nein, aber ich nehme an, daß er ein sehr vermögender Mann ist«, erwiderte Adrian.
»Sie werden sich an die Worte Lady Clementines erinnern: ,Die Cardons befinden sich finanziell ziemlich in der Klemme'. Das ist die Antwort auf Ihr Problem. Mein Onkel braucht einen reichen Schwiegersohn.«
Adrian wirkte keineswegs erschüttert.
»Wenn er sich weigert, mich anzuhören«, sagte er ruhig, »muß ich einen anderen Weg einschlagen, damit Elisabeth und ich unser Glück finden.«
»Und welcher Weg ist das?« wollte Isabel wissen.
»Wenn Lord Cardon mir die Hand seiner Tochter verweigert, nachdem ich in der üblichen Form um sie angehalten habe, bleibt uns nur noch eine Möglichkeit. Elisabeth muß ihr Zuhause verlassen, und wir müssen noch vor der Einschiffung nach Indien heiraten.«
»Ja, daran haben wir auch schon gedacht«, sagte Isabel nachdenklich. »Aber Sie vergessen, daß Elisabeth erst achtzehn ist. Wenn sie ohne die Zustimmung der Eltern heiratet, bevor sie einundzwanzig geworden ist, kann Onkel Herbert sie jederzeit nach Hause zurückholen und die Ehe für ungültig erklären lassen.«
»Es dürfte schwierig sein, sie zurückzuholen, wenn sie sich auf einem Truppentransporter mitten in der Bucht von Biskaya befindet!«
Elisabeth hob den Kopf.
»Du meinst, daß ich für Papa gar nicht mehr erreichbar wäre?«
»Ja«, erwiderte Adrian. »Das Ganze ist nur eine Frage der genauen zeitlichen Planung. Sobald ich weiß, an welchem Tag unser Schiff ausläuft, können wir handeln. Ich kenne einen Geistlichen, der uns trauen wird. Ein Onkel von mir.
Er ist Vikar in einer kleinen