Gegen die Heiden. Arnobius Major
Читать онлайн книгу.Die Wenigen aber, denen das Glück zu des Kaisers Antlitz vorgelassen zu werden zu Theil wurde, mußten sich dann niederwerfen, um nach orientalischem Gebrauche des Kaisers Gottheit zu adoriren. Mit Einführung dieser Gebräuche, welche die Heiden sich wohl gefallen ließen, fällt die Christenverfolgung gerade zusammen, und zeigt in dieser Verbindung ihre planmäßige Berechnung, weil doch am Ende des orientalischen Kostüms Einführung ein vergeblicher Versuch seyn mußte, so lange die Hälfte, ja wahrscheinlich mehr als die Hälfte der Unterthanen Grundsätzen, welche diesen Gebrauch als Greuel verwarfen, huldigten, und die ohnehin eine wie entschiedene Tendenz zu ihrer allgemeinen Verbreitung bekundeten. In dieser Ansicht einer Diokletian angehörenden planmäßigen Berechnung der Christenverfolgung für die im Staate durchzuführen vorhabenden Zwecke, fällt jene Opferhandlung sammt der damit verbundenen Zeichendeutung als eine zum Behufe der Verfolgung künstlich angelegte Vorrichtung auf, in welcher der Erfolg darum, weil er verfehlt werden sollte, auch verfehlt ward. Die Christen sollten hier zum ersten Mal als gegen des Kaisers geheiligte Person schuldig, folglich als strafwürdig dargestellt werden. Die Strafe wurde auch verfügt, jedoch noch mit behutsamer Umsicht vollstreckt. Als dann Galerius in Diokletian drang, ihn zur Verfolgung zu bewegen; gewiß versäumte man da nicht, den Gegenstand ihrer Unterredung in’s Gerücht zu setzen und dabei bekannt zu machen, wie noch immer der gnädige Augustus für die Christen zu sprechen fortfahre; auch selbst durch seine Freunde nicht zu harten Maaßregeln wider sie bewogen werden könne. Am Ende würde wohl der Gott von Milet den Ausschlag geben müssen. Solcher Weise wurden die Christen in banger Erwartung auf furchtbare Egreignisse gespannt gehalten, wobei jedoch immer, auch beim schlimmsten Erfolg, ihnen zu Diokletian’s bekannter Huld die Zuflucht verblieb, worauf sie sollten rechnen können, versteht sich unter dem Bedinge, daß er dem Rechte des Gottes von Milet nichts zu vergeben brauche. In der Art und Weise, wie die Verfolgung zu vier verschiedenen Malen promulgirt wurde, gibt sich dieselbe Planmäßigkeit kund.
5.
Das Fest der Terminalien am 23. Februar des Jahres 303 war zur Verkündigung der kaiserlichen Beschlüsse ausersehen worden. Unter den nach römischer Ansicht glücklichen Auspicien dieses Tages sollte die Zerstörung der Religion Jesu Christi ihren Anfang nehmen. Bei Tagesanbruch erschien der Präfekt mit großem Gefolge und mit einer Schaar Krieger vor der Kirche von Nikomedien; einem großen, herrlichen Gebäude, welches sich auf einem Hügel im Angesicht des kaiserlichen Palastes erhob; ließ die Pforten derselben aufsprengen und nach dem Bildnisse der Gottheit suchen. Es fanden sich aber nur die Evangelienbücher, welche in’s Feuer geworfen wurden. Den Vorrath an Oel, Wein und Brod, die für Arme aufbehaltenen Gewande plünderten die Soldaten, worauf sie auch das Gebäude niederrissen. (Lactant. de morte pers. c. 10 flg.) Am folgenden Tage ward auf dem öffentlichen Platze das erste Edikt angeheftet, des Inhalts: „Alle Christen ohne Ausnahme sind ihrer Ehren und Würden entsetzt; kein Stand ist von der Folter befreit; Jedem steht es frei, gegen die Christen jegliche Art von Klage geltend zu machen; sie selbst hingegen können gegen kein erlittenes Unrecht irgend Klage erheben; auch sollen sie weder Freiheit noch Stimme haben. Die Kirchen sollen niedergerissen, die Kirchengüter konfiszirt, die Bücher verbrannt werden.“ Ein Christ, der dieses Dekret herunterriß und es spottend mit den Worten: „Siehe da! die Verkündigung der Siege über die Goten und Sarmaten;“ zerriß, wurde sogleich eingezogen, auf die Folter gespannt, an langsamem Feuer gebraten und zuletzt verbrannt, was er mit größter Standhaftigkeit aushielt. So waren die Christen für vogelfrei erklärt und wehrlos der Willkühr ihrer heidnischen Mitbürger überliefert. Diese Gattung der Verfolgung würde längere Zeit hindurch fortgesetzt die grausamste, für das Christenthum die gefahrvollste gewesen seyn, aber sie dünkte dem wilden Galerius zu gelinde und langsam; bald traten zufällige Ereignisse mit seiner Wuth in den Bund. Ein Blitzstrahl steckte nämlich kurze Zeit nach der Verordnung Bekanntmachung den kaiserlichen Palast in Brand, so daß die Flammen ihn großen Theils verzehrten. Galerius säumte nicht, den Vorfall benutzend, die Christen der Brandstiftung zu beschuldigen. Eine große Menge geringerer Hofbedienten ward in Diokletians Gegenwart auf die Folter gespannt; doch keiner ließ sich ein falsches Bekenntniß entreißen. Allein fünfzehn Tage darauf entstand im Palaste eine neue Feuersbrunst, deren Urheber kaum ein Anderer als Galerius selbst war: denn der Berricht von Zeitgenossen wie der Umstände ganze Verkettung spricht wider ihn. Zwar wurde die Flamme diesmal zeitig entdeckt und gelöscht; doch um in dem bestürzten Augustus das Gefühl der angeblichen Gefahr zu steigern, stellte sich Galerius, als wage er nicht mehr in Nikomedien zu bleiben, und ließ zur schleunigsten Abreise Anstalten treffen. (Lactant. c. 14.) Nun endlich feierte seine blutgierige Bosheit ihren vollen Triumph; Diokletian flammte in sinnloser Wuth auf. Er befahl den Christen an seinem Hoflager Weihrauch auf den Altar zu streuen, und Petrus, einer der Vornehmsten wurde, da er unerschütterlich widerstand, vor beider Kaiser Angesicht nackt aufgehenkt, mit Geiseln zerfleischt bis die Eingeweide entblößt sichtbar waren. Darauf goß man in Essig aufgelöstes Salz über seine Wunden, und da auch unter diesen Peinen weder sein Leben noch seine Standhaftigkeit endete, spannte man ihn auf einen Rost aus, und ließ ihn von langsamem Feuer verzehren. Die Oberkämmerer Dorotheus und Gorgonius, einst unter Diokletians Günstlingen ausgezeichnet, erlitten sammt vielen Kämmerern und Verschnittenen ähnliche Qualen, und starben im Bekenntnisse ihres Gottes und Heilandes. Priska aber und Valeria wagten nicht dem Zorn ihres Gatten und Vaters zu stehen, und befleckten gezwungen, wie Laktantius sagt, ihre Seelen mit der falschen Götter Dienst. Des Augustus Henkerwuth blieb nicht auf des Palastes Innere beschränkt. Anthimus, Bischof von Nikomedia ward nach muthigem Bekenntnisse enthauptet. Schaarenweise wurden die Gläubigen dieser Stadt mit dem Schwerte niedergewürgt, mit Scheiterhaufen umringt und verbrannt, in die Meeresfluthen versenkt. Sobald der ergrimmte Kaiser durch solch blutiges Beispiel gezeigt hatte, wie er es mit der Verfolgung wolle gehalten wissen, fanden sich auch viele Obrigkeiten, welche der Absicht ihres Gebieters durch Schwert wie Folter zu entsprechen bemüht waren, und auch außer Nikomedia begann der Gläubigen Blut zu fließen. Aber dennoch zeigte er sich nach vertobter erster Zornwuth seiner Politik getreu, und das Gehässige seiner Maaßregeln auf Andere zu wälzen bemüht, scheute er auch nach so blutigen Thaten seinen Willen mit klaren Worten auszusprechen. Kein Befehl der Hinrichtung erging wider die Christen. (Stollberg IX. 329 flg.)
6.
Die nicht lange nach dem Blutbade zu Nikomedia entstandenen wenig bedeutenden Unruhen in Armenien und Syrien wurden den Christen zur Schuld gegeben. Es folgte also ein zweites Edikt, welches befahl: die Vorsteher aller Kirchen sollten sofort eingekerkert werden. Bald aber gebot ein drittes Edikt, Jeden frei zu lassen, der den Götzen opfern würde, die Widerstrebenden dagegen so lange zu foltern, bis sie dahin einwilligten; und nun begannen die Rüstzeuge römischer Grausamkeit in allen Theilen des Morgenlandes und der illyrischen Provinzen wider Christi Diener zu wüthen. Uebrigens zeigt schon der erlassenen Verordnungen Unbestimmtheit, daß der Gläubigen Schicksal nicht aller Orten dasselbe seyn konnte. So weit Diokletian und Galerius herrschten, wurde wider die Geistlichen verfahren; wo aber ein Statthalter die Christen haßte oder den Herrschern emsiger zu gefallen strebte, bluteten auch Laien, obschon Dodwell sich zu erweisen bemüht, die Laien seyen so lange Diokletian regierte, nie in dieser Gefahr gewesen: denn nicht genug, daß des Kaisers Wille, das Christenthum auszurotten, mit furchtbarer Klarheit ausgesprochen war, so gaben Theilnahme an den gottesdienstlichen Versammlungen oder verweigerte Auslieferung der heiligen Schrift genug Veranlassungen, auch Laien in’s Gefängniß zu werfen; und dann war selbst der Buchstabe des dritten Edikts auf sie anwendbar. Einige Obrigkeiten mordeten in schleuniger Hast, weil sie verzweifelten, der Bekenner Muth zu erschüttern. Andere bestürmten ihre Standhaftigkeit mit den sinnreichsten Martern. Mit besonderer Wuth tobte die Verfolgung in Aegypten, wo namentlich in Thebais die abgefeimteste Bosheit sich übte, den schrecklichsten Leibesqualen innere Seelenkränkung hinzuzufügen, und in den mannigfachen Provinzen Kleinasiens. Fast allen Uebrigen aber thaten es die Richter in Pontus an henkerischer Erfindsamkeit zuvor. Des Leibes zartesten Theil zur Qual aussuchend ließen sie den Martyrern scharfes Schilfrohr zwischen die Nägel hineinstoßen, geschmolzenes Blei über den entblösten Rücken schütten, bis es niederfließend die Schamtheile erreichte. Welche fernere Qualen sie Männern und Weibern bereiteten, verbietet die Scham auseinander zu setzen. Doch kein Land zählte so zahlreiche Kämpfer Christi als Aegypten. Eusebius, damals in diesem Lande, sah es mit Augen, wie der Statthalter eine solche Menge von Gläubigen