Gegen die Heiden. Arnobius Major

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Gegen die Heiden - Arnobius Major


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genossen, auf eine gesetzliche Grundlage zu stützen. Er bewog daher diesen seinen Reichsgenossen, mit ihm gemeinschaftlich eine Verordnung zu erlassen, wodurch allen Religionspartheien, und außer den Christen namentlich den Juden, wie mehreren irrgläubigen Sekten, freie Uebung ihrer gottesdienstlichen Gebräuche zugesichert wurde. Nun erfolgten schnelle, den Christen günstige Katastrophen. Der Tyrann Maxentius verlor in der Schlacht an der Brücke Milvius bei Rom den 28. Oktober 312 Krone und Leben; Maximin aber in diesen Krieg mit verwickelt, wurde am letzten April 313 bei Adrianopel von Licinius nach einem hartnäckigen Gefechte vollständig überwunden, und beschloß nach Tarsus geflohen, sich für verloren gebend, voll Verzweiflung, durch Selbstmord seine Tyrannei. Er überfüllte sich, um die Lust des Fraßes zum letzten Male zu genießen, mit Wein und Speise, und nahm darauf Gift, das ihm gehemmt vom überladenen Magen einen langsamen, schmerzlichen Tod bereitete. Mit Maximin war der letzte Verfolger der Gläubigen gefallen, und kaum hatte Licinius seinen Einzug in Nikomedia gehalten, so ließ er die von Konstantin zu Mailand erlassene Verordnung sofort in allen Provinzen des Orients vollstrecken. Sie lautete: Die Christen üben gleich allen übrigen Unterthanen ihre Religion mit völliger Freiheit. Jeder kann ungehindert zu ihnen übertreten. Die ihnen entrissenen Kirchen und Gemeindegüter sollen denselben zurückgegeben, und die Käufer solcher Güter aus dem Staatsärar entschädigt werden. (Euseb. hist. eccl. X. 5.) So hatte der Herrscher der Herrscher die furchtbarste Verfolgung, welche jemals die Kirche bestürmte: denn es war die letzte Anstrengung des Heidenthums, sich seines gefährlichen Gegners zu entledigen; nachdem sie länger als zehn Jahre, vom 13. Februar 303 bis zum 13. Juni 313 wüthete, aller Orten in ungestörten Frieden verwandelt, und die Bildsäule des auf das Kreuz sich stützenden Augustus (Euseb. IX. 9.) verkündigte dem staunenden Kapitol, daß seine tausendjährigen Götzen sich zum Sturz neigten. 1

      16.

      Zur Zeit Diokletian’s war Arnobius Lehrer der Beredsamkeit zu Sicca Veneria in Numidien und erwarb sich großen Beifall. Ein Widersacher des Christenthums, bewogen ihn wunderbare Träume vom Heidenthum hinweg sich dem Glauben an Christus Jesus Lehre zuzuwenden: denn gar oft geschah es, daß Manche durch ganz besondere Fügungen in ihrem Leben, durch außerordentliche Eindrücke der sie heranziehenden Gnade auf ihr Gemüth zuerst zum Glauben geführt wurden; weßhalb der keineswegs leichtgläubige Origines darüber zu den Heiden sagte: „Mag Celsus über das, was ich sagen will, immerhin spotten; doch muß gesagt werden, daß Viele, wie gegen ihren Willen, zum Christenthume gekommen seyen, indem ein gewisser Geist plötzlich ihr Gemüth von dem Hassen gegen die christliche Lehre zum Eifer, für dieselbe auch das Lebens selbst hinzugeben, fortriß; und indem dieser ihnen im Wachen oder im Traume gewisse Bilder vor die Seele führte: denn viel dergleichen haben wir vernommen. Wollten wir es aber niederschreiben, wir würden, obgleich dabei gegenwärtig und Augenzeuge, den Ungläubigen gar viel zu spotten geben. Sie würden glauben, daß auch wir solches erdichten. Gott aber ist Zeuge unsers Gewissens, daß wir nicht durch falsche Erzählungen, sondern durch vielfältige, zuverlässige Zeugnisse Jesu göttliche Lehre bewähren wollen.“ Um die Taufe anhaltend, ward Arnobius von dem Bischofe, der Zweifel in seine Aufrichtigkeit setzte, zurückgewiesen. Um diesen nun zu beschwichtigen, verfaßte er als Unterpfand seiner aufrichtigen Bekehrung eine in sieben Bücher abgetheilte Widerlegung der Heiden, worin er diese Vorwürfe gegen das Christenthum mit Geist und Kraft zurückweist. Sie bewirkte seine Zulassung zur Taufe. So berichtet der Heilige Hieronymus (de viris ill. c. LXXIX. und Chronic. ad a. XX. Constantinii.). Hieraus haben manche gefolgert, Arnobius sey, als er für das Christenthum schrieb, auch nicht einmal Katechumen gewesen; wogegen Lardner (Glaubw. der evangel. Gesch. Th. II. B. IV S. 7) berücksichtigend, wie wenig sich damit seine Kenntnis von den christlichen Lehren und selbst von derselben Beweisen vereinigen lasse; wie ihm der Christen Gottesdienst bekannt gewesen; wie er sich stets unbedenklich den Chrissten zuzählte; als wahrscheinlicher findet, jene Nachricht sey von fremder Hand der Chronik des heiligen Hieronymus eingeschaltet worden. Zumal, da in derselben Arnobius erst in das Jahr 325 oder 326 gesetzt wird, wo doch die Christen in Ruhe und Frieden gesichert lebten. Diese gewaltsame Entscheidung Lardners ist, wie es scheint, nicht nothwendig anzunehmen: denn Arnobius kann Katechumen gewesen seyn und als ehemaliger Gegner der Christen durch Lesen ihrer Schriften, wie sich offenbar darthut, da er oftmals den heiligen Clemes von Alexandrien, freilich ohne ihn zu nennen, wörtlich ausschreibt, auch anderer Apologeten Argumente benutzt, mit ziemlicher Einsicht in die christliche Lehre, was allerdings der Fall, diesen Vorbereitungsstand angetreten haben. Daß er die heilige Schrift nicht anführt, ist begreiflich: denn damals war es den Christen nicht erlaubt, dieselbe den Heiden in die Hände zu geben; wurde sie doch selbst den Katechumenen nicht anvertraut, sondern nur den Christen, welche durch mündlichen Unterricht zur Wahrheit gelangt waren; der die apostolische Auslegung von Geschlecht zu Geschlecht erhält, und so allein Einheit des Glaubens zu bewahren, vor Irrthum wie Spaltung zu schützen vermag. Die von ihm beigebrachten Wunder konnte er leicht wohl erfahren haben; obschon Lardner bemerkt, Arnobius wisse zu viel von Christus Thaten und von den Geschichtschreibern seines Lebens, als daß er sie nicht gelesen sollte haben. Daß er aber seine Widerlegung als Uneingeweihter geschrieben, dafür spechen auch die irrigen Behauptungen, welche sichtlich eine mangelhafte Kenntniß des Christenthums kundgeben. Die wahrscheinliche Abfassungszeit ergibt sich aus der ganzen Haltung des Werkes selbst: denn es ist durchaus mit Rücksichtnahme auf die diokletianische Verfolgung gefaßt; und da diese in den Jahren 304 und 305 Afrika bis in das entfernte Numidien hin durchwüthete, so wollen Viele annehmen, Arnobius sey in dieser Zeit Christ geworden. Er lebte im Jahre 325 noch. Daß er die Priesterweihe empfangen, ist eine unverbürgte Nachricht des Abtes Trithemius (lib. de script. eccles. c. 53): denn alle weitere Kunde von seinen Lebensverhältnissen mangelt. Selbst Laktantius, sein so berühmter Schüler, schweigt.

      17.

      Der heilige Hieronymus (ep. XLIX ad Paulin) fällt folgendes Urteil: Arnobius innequalis est et nimius, absque operis sui partitione confusus; welchen Ausspruch Viele unbillig und unstatthaft finden: denn, unbeschadet des heiligen Hieronymus individueller Ansicht, ist auch Arnobius Styl ungleichförmig, oft afrikanisch hart und rauh, rhetorisch schwülstig, manchmal selbst unklar, so ist derselbe doch deßgleichen unwidersprechlich männlich, nachdrücklich, theilweise zierlich und erhaben; voll Geist, scharfsinnigen Wendungen und schlagenden Argumenten; mit treffender Ironie der heidnische Lehre Blößen und Absurditäten beleuchtend. Was aber die Ordnungslosigkeit und Verworrenheit anbelangt, so muß Jedem, der diese sieben Bücher mit Bedacht durchlesen will, klar sich darstellen, daß dieselben weder der Ordnung, noch einer natürlichen Folge der verschiedenen besprochenen Materien ermangeln. Sie sind, eine wohlüberlegte und durchdachte Arbeit mit vielfacher Literaturkenntniß abgefaßt, reich an Materialien zur Kunde der griechischen wie römischen Mythologie; ja es finden sich Thatsachen, die hier allein aufbewahrt worden. Man ist daher auf die Vermuthung gerathen, ob er nicht Manches zur Schande des Heidenthums ersonnen habe. Billiger könnte man sagen, der ehemalige Lehrer der Rhetorik habe die an sich wahren Ausartungen und Greuel des Götzendienstes hin und wieder mit etwas zu dunkeln Farben dargestellt. Vosius nennt ihn den Varro der Kirchensteller. 2

      Inhalt

      Erstes Buch.

      Bekenntniß, dieses Werk zur Abweisung der von den Heiden so oft den Christen gemachten verläumderischen Beschuldigung, sie seyen die Ursache aller Uebel und selbst der Entfernung der Götter von den menschlichen Angelegenheiten, unternommen zu haben. Deßhalb Darlegung, daß seit Entstehung des Christenthums weder im Bestand der Natur noch in den menschlichen Zuständen sich irgend Etwas verändert oder umgestaltet habe; Widerlegung, daß ob der Christen Impietät die Götter das Menschengeschlecht mit Pest und anderen Kalamitäten heimsuchen: denn die vorchristliche Geschichte berichtet schon von solchen Uebeln. Auch Kriege wurden von ältester Zeit her geführt; die christliche Lehre hat diese vielmehr gemindert und gemildert. Untersuchung, woher so vielfache Uebel? Meist aus natürlichen Ursachen oder durch die Menschen selbst und ihre Meinungen. Unerweislichkeit der Behauptung, daß während dem dreihundertjährigen Bestand des Christenthums stätes Elend geherrscht:


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