Gesammelte Werke: Historische Romane, Märchen, Abenteuerromane & Autobiografie. Georg Ebers

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Gesammelte Werke: Historische Romane, Märchen, Abenteuerromane & Autobiografie - Georg Ebers


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so macht die Alte ein schlechtes Geschäft, denn die Jugend an sich ist ein Liebe weckender Zauber. Ja, wär' ich so jung wie Paaker! Du lächelst über den seufzenden Mann, sprech' ich's nur aus, den seufzenden Alten! Freilich, den Alten, denn die Mitte des Lebens liegt hinter mir. Und doch, Katuti, Freundin, klügste der Frauen, erkläre mir Eines! Da ich jung war, bin ich viel geliebt worden und habe mich an vielen Weibern gefreut, aber keine war mir mehr als ein Spielzeug, selbst nicht meine früh verstorbene Gattin; und nun streck' ich die Hand aus nach einer Jungfrau, deren Vater ich sein könnte, nicht um mich ihrer zu freuen, sondern um sie meinen Zwecken dienstbar zu machen, und da sie mich verschmäht, fühle ich mich so beunruhigt und närrisch wie . . . es fehlte nicht viel und ich gliche dem Liebestrankkäufer Paaker!«

      »Du hast mit Bent-Anat gesprochen?« fragte die Wittwe.

      »Und war so klug,« gab Ani zurück, »mir die Abweisung, die mir die Prinzessin durch Dich übersandt hatte, von ihrem eigenen Munde wiederholen zu lassen. Du siehst, mein Geist hat gelitten!«

      »Und mit welchen Vorwänden wies sie Deine Werbung zurück?« fragte die Wittwe.

      »Vorwände?« rief Ani. »Bent-Anat und Vorwände! Das muß wahr sein, königlichen Stolz besitzt dieß Weib und die große Ma in eigener Person ist nicht wahrhaftiger als sie. Daß ich's nur gestehe! Ihr gegenüber erschien mir unser Treiben ungewöhnlich erbärmlich. Meine Adern enthalten nun einmal viele Tropfen von dem Blute des Thutmes, und wenn mich auch das Leben gelehrt hat, den Rücken zu krümmen, so thut mir das Bücken doch weh. Das Frohgefühl der Zufriedenheit mit meiner Lage und meinem Thun hab' ich niemals gekannt, denn ich war immer mehr als ich sein durfte, und that stets weniger als ich hätte thun sollen. Um nicht alle Zeit ingrimmig dreinzuschauen, lächle ich immer. Ich habe nichts auf dem Gesichte wie die Haut, mit der mich die Mutter gebar, und trage doch stets eine Maske, ich diene Dem, dessen geborner Herr ich zu sein glaube, ich hasse Ramses, der mich, aufrichtig oder nicht, seinen Bruder nennt, und während ich mich stelle, als festigte ich das Fundament seiner Herrschaft, unterwühl' ich es fleißig. Mein ganzes Dasein ist eine Lüge!«

      »Aber es wird zur Wahrheit werden,« unterbrach ihn Katuti, »sobald die Götter Dich das sein lassen, was Du bist, den echten König dieses Landes.«

      »Wunderbar,« lächelte der Statthalter. »Beinah der gleichen Worte bediente sich heute der Oberpriester Ameni. Die Klugheit der Priester und Frauen hat viel Verwandtes; ihr kämpft ja auch mit ähnlichen Waffen. Statt der Schwerter dienen euch Worte, statt der Lanzen Schlingen und ihr werft eure Fesseln nicht um den Leib, sondern um die Seelen.«

      »Willst Du uns damit tadeln oder loben?« fragte die Wittwe. »Unmächtig sind wir jedenfalls nicht und darum, sollt' ich meinen, brauchbare Bundesgenossen.«

      »Das seid ihr,« lächelte Ani, »fällt doch in diesem Lande keine Thräne, sei sie vor Schmerz geweint oder vor Freude, an der nicht am letzten Ende ein Priester Schuld wäre oder ein Weib. Im Ernste, Katuti! Unter zehn großen Ereignissen habt ihr Frauen bei neun die Hand im Spiele. Du gabst den Antrieb zu Allem, was sich hier vorbereitet, und ich will nur gestehen, daß ich vor wenigen Stunden, ungeachtet unserer jüngsten Erfolge, meinen Ansprüchen auf den Thron entsagt haben würde, hätte das Weib Bent-Anat statt eines ›Nein‹ ein ›Ja‹ gesagt.«

      »Du machst mich glauben,« entgegnete Katuti, »das schwache Geschlecht sei mit kräftigerem Willen begabt, als das starke. Ihr nennt uns ja auch in der Ehe ›die Herrinnen des Hauses‹, und wenn die Eltern der Bürger schwach werden, so liegt es hier zu Lande nicht den Söhnen, sondern den Töchtern ob, sie zu erhalten. Aber wir Frauen haben auch unsere Schwächen und zu diesen gehört in erster Reihe die Neugier. Darf ich fragen, mit welchen Gründen Bent-Anat Dich abspeiste?«

      »Du weißt so viel,« antwortete Ani, »daß Du Alles wissen magst. Sie gestattete mir, sie allein zu sprechen. Es war noch früh und eben kam sie aus dem Tempel, wo ihr der alte, schwache erste Prophet die Reinheit zurückgegeben hatte. Frisch, schön und stolz trat sie mir entgegen, stark und gesund wie eine Göttin und Fürstin. Mir schlug das Herz, als wär' ich ein Jüngling, und während sie mir ihre Blumen zeigte, sagt' ich mir: Du bist gekommen, um ein neues Anrecht auf den Thron durch sie zu gewinnen, aber willigt sie ein, die Deine zu werden, so will ich des Ramses treuer Bruder und Statthalter sein und Ruhe und Glück genießen an ihrer Seite und durch sie, eh' es zu spät ist. Weist sie mich ab, so mag sich das Geschick erfüllen und statt des Friedens und der Liebe wähl' ich den Kampf um die meinem Hause entrissene Krone. – Ich begann die Werbung; sie aber schnitt mir das Wort vom Munde, nannte mich einen edlen Mann und würdigen Freier . . .«

      »Doch nun kam das ›Aber‹,« unterbrach ihn Katuti.

      »Es kam,« gab Ani bestätigend zurück, »und zwar in Gestalt eines freimüthigen ›Nein‹. Ich fragte nach den Gründen. Sie bat mich, mich mit dem ›Nein‹ zu begnügen. Da ward ich dringender, bis sie mich unterbrach und mit stolzer Entschlossenheit bekannte, daß sie einen Andern mir vorziehe. Ich wünschte den Namen des Glücklichen zu erfahren. Sie wies mich zurück. Jetzt erst begann mein Blut zu sieden und mein Verlangen nach ihr groß zu werden, und doch mußte ich sie verlassen, abgewiesen, ohne Hoffnung und mit einem neuen brennenden Gift im Herzen.«

      »Du bist eifersüchtig,« sagte Katuti. »Und weißt Du, auf wen?«

      »Nein,« entgegnete Ani. »Aber ich hoffe es durch Dich zu erfahren. Was sich hier drinnen bewegt, weiß ich nicht bei Namen zu nennen. Eines aber weiß ich, und das ist: daß ich als ein schwankender Mann den Palast betrat und ihn mit fester Entschlossenheit verließ. Ich stürme jetzt vorwärts, um nicht mehr rückwärts zu können. Du wirst mich von nun an nicht mehr zu treiben, sondern aufzuhalten haben, und, als hätten die Götter mir zeigen wollen, daß sie mir beizustehen gewillt sind, fand ich den Oberpriester Ameni und den Wegeführer Paaker in meinem Hause auf mich wartend. Ameni wird für mich in Aegypten, Paaker in Syrien handeln. Meine aus Aethiopien siegreich heimkehrenden Truppen ziehen morgen in der Frühe triumphirend, als habe der König an ihrer Spitze gefochten, in Theben ein und nehmen dann Theil an dem Feste des Thales. Später senden wir sie in das Nordland und legen sie in die Festungen, 170 welche Aegypten vor den von Osten her kommenden Feinden beschützen. nach Tanis, Pelusium, Daphne und Migdol. Ramses verlangt, wie Du weißt, die Hörigen der Priester sollten hier geübt und ihm als Hülfstruppen nachgesandt werden.. Ich schicke ihm die Hälfte der Leibeigenen, die andere Hälfte soll meinen Zwecken dienen. Die dem Ramses ergebene Besatzung von Memphis wird nach Nubien geschickt und von Truppen abgelöst, die mir treu sind. Das Volk von Theben läßt sich von den Priestern leiten und morgen wird Ameni ihm zeigen, wer sein echter König ist, wer den Krieg einstellen und sie von Steuern befreien wird. Sehen sollen sie, wer den Göttern genehmer ist, der letzte Sproß des alten Königshauses oder der Nachwuchs des neuen. Des Ramses Kinder werden ausgeschlossen sein von der Feier, denn Ameni erklärt trotz des ersten Propheten des Amon in Theben Bent-Anat für unrein. Der junge Rameri hat Uebles begangen, und Ameni, der noch anderes Großes im Sinn hat, wird ihn aus dem Setihause verweisen. Das wirkt auf die Menge! Wie die Sachen in Syrien stehen, weißt Du. Ramses hat viel zu leiden von den Cheta und ihren Verbündeten. Ganze Tausendschaften sind des ewigen im Felde Liegens müde und werden uns, wenn es zum Aeußersten kommen sollte, anhängen; vielleicht aber, und zwar wenn Paaker seine Schuldigkeit thut, werden wir auch siegen ohne zu kämpfen. Vor allen Dingen gilt es jetzt mit Schnelligkeit zu handeln!«

      »Ich erkenne den viel erwägenden, behutsamen Zauderer nicht wieder,« sagte Katuti.

      »Weil vorsichtiges Bedenken jetzt Unvorsichtigkeit sein würde,« erwiederte Ani.

      »Und wenn nun der König vorzeitig Nachricht von Allem erhielte, was hier geschieht?« fragte Katuti.

      »Ich sagt' es,« rief Ani. »Wir wechseln die Rollen!«

      »Du irrst,« entgegnete Katuti. »Ich dränge auch jetzt vorwärts; möchte Dich aber an eine notwendige Vorsichtsmaßregel erinnern. Nur Deine Briefe und keine anderen dürfen in den nächsten Wochen in das Lager gelangen.«

      »Wieder findest Du Dich mit dem Priester zusammen,« lachte der Statthalter, »denn Ameni rieth mir das Gleiche! Was auch von Briefen die Festungslinie zwischen Pelusium und dem Schilfmeere passiren will, wird


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