Die Jungfrau von Orleans. Friedrich Schiller

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Die Jungfrau von Orleans - Friedrich Schiller


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einen Helm,

      Ich weiß, Ihr suchet einen. Da! Nehmt hin!

      Um ein Geringes steht er Euch zu Kaufe.“

      „Geht zu den Lanzenknechten 4 “, sagt ich ihr,

      „Ich bin ein Landmann, brauche nicht des Helmes.“

      Sie aber ließ nicht ab und sagte ferner:

      „Kein Mensch vermag zu sagen, ob er nicht

      Des Helmes braucht. Ein stählern Dach fürs Haupt

      Ist jetzo mehr wert als ein steinern Haus.“

      So trieb sie mich durch alle Gassen, mir

      Den Helm aufnötigend, den ich nicht wollte.

      Ich sah den Helm, daß er so blank und schön

      Und würdig eines ritterlichen Haupts,

      Und da ich zweifelnd in der Hand ihn wog,

      Des Abenteuers Seltsamkeit bedenkend,

      Da war das Weib mir aus den Augen, schnell

      Hinweggerissen hatte sie der Strom

      Des Volkes, und der Helm blieb mir in Händen.

      johanna rasch und begierig darnach greifend:

      Gebt mir den Helm!

      bertrand: Was frommt Euch dies Geräte?

      Das ist kein Schmuck für ein jungfräulich Haupt.

      johanna entreißt ihm den Helm:

      Mein ist der Helm, und mir gehört er zu.

      thibaut:

      Was fällt dem Mädchen ein?

      raimond: Laßt ihr den Willen!

      Wohl ziemt ihr dieser kriegerische Schmuck,

      Denn ihre Brust verschließt ein männlich Herz.

      Denkt nach, wie sie den Tigerwolf bezwang,

      Das grimmig wilde Tier, das unsre Herden

      Verwüstete, den Schrecken aller Hirten.

      Sie ganz allein, die löwenherz’ge Jungfrau,

      Stritt mit dem Wolf und rang das Lamm ihm ab,

      Das er im blut’gen Rachen schon davontrug.

      Welch tapfres Haupt auch dieser Helm bedeckt,

      Er kann kein würdigeres zieren!

      thibaut zu Bertrand: Sprecht!

      Welch neues Kriegesunglück ist geschehn?

      Was brachten jene Flüchtigen?

      bertrand: Gott helfe

      Dem König und erbarme sich des Landes!

      Geschlagen sind wir in zwei großen Schlachten,

      Mitten in Frankreich steht der Feind, verloren

      Sind alle Länder bis an die Loire –

      Jetzt hat er seine ganze Macht zusammen-

      Geführt, womit er Orleans belagert.

      thibaut:

      Gott schütze den König!

      bertrand: Unermeßliches

      Geschütz ist aufgebracht von allen Enden,

      Und wie der Bienen dunkelnde Geschwader

      Den Korb umschwärmen in des Sommers Tagen,

      Wie aus geschwärzter Luft die Heuschreckwolke

      Herunterfällt und meilenlang die Felder

      Bedeckt in unabsehbarem Gewimmel,

      So goß sich eine Kriegeswolke aus

      Von Völkern über Orleans’Gefilde,

      Und von der Sprachen unverständlichem

      Gemisch verworren dumpf erbraust das Lager.

      Denn auch der mächtige Burgund, der Länder-

      Gewaltige, hat seine Mannen alle

      Herbeigeführt, die Lütticher, Luxemburger,

      Die Hennegauer, die vom Lande Namur,

      Und die das glückliche Brabant bewohnen,

      Die üpp’gen Genter, die in Samt und Seide

      Stolzieren, die von Seeland, deren Städte

      Sich reinlich aus dem Meereswasser heben,

      Die herdenmelkenden Holländer, die

      Von Utrecht, ja vom äußersten Westfriesland,

      Die nach dem Eispol schaun – Sie folgen alle

      Dem Heerbann des gewaltig herrschenden

      Burgund und wollen Orleans bezwingen.

      thibaut:

      O des unselig jammervollen Zwists,

      Der Frankreichs Waffen wider Frankreich wendet!

      bertrand:

      Auch sie, die alte Königin, sieht man,

      Die stolze Isabeau, die Bayerfürstin,

      In Stahl gekleidet durch das Lager reiten,

      Mit gift’gen Stachelworten alle Völker

      Zur Wut aufregen wider ihren Sohn,

      Den sie in ihrem Mutterschoß getragen!

      thibaut:

      Fluch treffe sie! Und möge Gott sie einst

      Wie jene stolze Jesabel 5 verderben!

      bertrand:

      Der fürchterliche Salisbury, der Mauern-

      Zertrümmerer, führt die Belagrung an,

      Mit ihm des Löwen Bruder Lionel

      Und Talbot, der mit mörderischem Schwert

      Die Völker niedermähet in den Schlachten.

      In frechem Mute haben sie geschworen,

      Der Schmach zu weihen alle Jungfrauen

      Und, was das Schwert geführt, dem Schwert zu opfern.

      Vier hohe Warten haben sie erbaut,

      Die Stadt zu überragen; oben späht

      Graf Salisbury mit mordbegier’gem Blick

      Und zählt den schnellen Wandrer auf den Gassen.

      Viel tausend Kugeln schon von Zentners Last

      Sind in die Stadt geschleudert, Kirchen liegen

      Zertrümmert, und der königliche Turm

      Von Notre-Dame beugt sein erhabnes Haupt.

      Auch Pulvergänge haben sie gegraben,

      Und über einem Höllenreiche steht

      Die bange Stadt, gewärtig jede Stunde,

      Daß es mit Donners Krachen sich entzünde.

       Johanna horcht mit gespannter Aufmerksamkeit

       und setzt sich den Helm auf.

      thibaut:

      Wo aber waren denn die tapfern Degen


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