Die Jungfrau von Orleans. Friedrich Schiller

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Die Jungfrau von Orleans - Friedrich Schiller


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heldenmüt’ge Bastard 6 , daß der Feind

      So allgewaltig reißend vorwärts drang?

      Wo ist der König selbst, und sieht er müßig

      Des Reiches Not und seiner Städte Fall?

      bertrand:

      Zu Chinon hält der König seinen Hof,

      Es fehlt an Volk, er kann das Feld nicht halten.

      Was nützt der Führer Mut, der Helden Arm,

      Wenn bleiche Furcht die Heere lähmt?

      Ein Schrecken, wie von Gott herabgesandt,

      Hat auch die Brust der Tapfersten ergriffen.

      Umsonst erschallt der Fürsten Aufgebot.

      Wie sich die Schafe bang zusammendrängen,

      Wenn sich des Wolfes Heulen hören läßt,

      So sucht der Franke, seines alten Ruhms

      Vergessend, nur die Sicherheit der Burgen.

      Ein einz’ger Ritter nur, hört ich erzählen,

      Hab eine schwache Mannschaft aufgebracht

      Und zieh dem König zu mit sechzehn Fahnen.

      johanna schnell:

      Wie heißt der Ritter?

      bertrand: Baudricour. Doch schwerlich

      Möcht er des Feindes Kundschaft hintergehn,

      Der mit zwei Heeren seinen Fersen folgt.

      johanna:

      Wo hält der Ritter? Sagt mir’s, wenn Ihr’s wisset.

      bertrand:

      Er steht kaum eine Tagereise weit

      Von Vaucouleurs.

      thibaut zu Johanna: Was kümmert’s dich! Du fragst

      Nach Dingen, Mädchen, die dir nicht geziemen.

      bertrand:

      Weil nun der Feind so mächtig und kein Schutz

      Vom König mehr zu hoffen, haben sie

      Zu Vaucouleurs einmütig den Beschluß

      Gefaßt, sich dem Burgund zu übergeben.

      So tragen wir nicht fremdes Joch und bleiben

      Beim alten Königsstamme – ja vielleicht

      Zur alten Krone fallen wir zurück,

      Wenn einst Burgund und Frankreich sich versöhnen.

      johanna in Begeisterung:

      Nichts von Verträgen! Nichts von Übergabe!

      Der Retter naht, er rüstet sich zum Kampf.

      Vor Orleans soll das Glück des Feindes scheitern,

      Sein Maß ist voll, er ist zur Ernte reif.

      Mit ihrer Sichel wird die Jungfrau kommen

      Und seines Stolzes Saaten niedermähn;

      Herab vom Himmel reißt sie seinen Ruhm,

      Den er hoch an den Sternen aufgehangen.

      Verzagt nicht! Fliehet nicht! Denn eh der Roggen

      Gelb wird, eh sich die Mondesscheibe füllt,

      Wird kein engländisch Roß mehr aus den Wellen

      Der prächtig strömenden Loire trinken.

      bertrand:

      Ach! Es geschehen keine Wunder mehr!

      johanna:

      Es geschehn noch Wunder – Eine weiße Taube

      Wird fliegen und mit Adlerskühnheit diese Geier

      Anfallen, die das Vaterland zerreißen.

      Darniederkämpfen wird sie diesen stolzen

      Burgund, den Reichsverräter, diesen Talbot,

      Den himmelstürmend hunderthändigen,

      Und diesen Salisbury, den Tempelschänder,

      Und diese frechen Inselwohner alle

      Wie eine Herde Lämmer vor sich jagen.

      Der Herr wird mit ihr sein, der Schlachten Gott.

      Sein zitterndes Geschöpf wird er erwählen,

      Durch eine zarte Jungfrau wird er sich

      Verherrlichen, denn er ist der Allmächt’ge!

      thibaut:

      Was für ein Geist ergreift die Dirn?

      raimond: Es ist

      Der Helm, der sie so kriegerisch beseelt.

      Seht Eure Tochter an. Ihr Auge blitzt,

      Und glühend Feuer sprühen ihre Wangen!

      johanna:

      Dies Reich soll fallen? Dieses Land des Ruhms,

      Das schönste, das die ew’ge Sonne sieht

      In ihrem Lauf, das Paradies der Länder,

      Das Gott liebt wie den Apfel seines Auges,

      Die Fesseln tragen eines fremden Volks!

      – Hier scheiterte der Heiden Macht. Hier war

      Das erste Kreuz, das Gnadenbild erhöht,

      Hier ruht der Staub des heil’gen Ludewig,

      Von hier aus ward Jerusalem erobert.

      bertrand erstaunt:

      Hört ihre Rede! Woher schöpfte sie

      Die hohe Offenbarung – Vater Arc!

      Euch gab Gott eine wundervolle Tochter!

      johanna:

      Wir sollen keine eigne Könige

      Mehr haben, keinen eingebornen Herrn –

      Der König, der nie stirbt, soll aus der Welt

      Verschwinden – der den heil’gen Pflug beschützt,

      Der die Trift beschützt und fruchtbar macht die Erde,

      Der die Leibeignen in die Freiheit führt,

      Der die Städte freudig stellt um seinen Thron,

      Der dem Schwachen beisteht und den Bösen schreckt,

      Der den Neid nicht kennet – denn er ist der Größte –

      Der ein Mensch ist und ein Engel der Erbarmung

      Auf der feindsel’gen Erde. – Denn der Thron

      Der Könige, der von Golde schimmert, ist

      Das Obdach der Verlassenen – hier steht

      Die Macht und die Barmherzigkeit – es zittert

      Der Schuldige, vertrauend naht sich der Gerechte

      Und scherzet mit den Löwen um den Thron!

      Der fremde König, der von außen kommt,

      Dem keines Ahnherrn heilige Gebeine

      In diesem Lande ruhn, kann er es lieben?

      Der nicht jung war mit unsern Jünglingen,


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