Perry Rhodan Neo 243: Drei Tropfen Unendlichkeit. Rainer Schorm

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Perry Rhodan Neo 243: Drei Tropfen Unendlichkeit - Rainer Schorm


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gern ein wenig zu überschwänglich waren, aber er genoss es.

      Er trat zurück und betrachtete sie. Die Wolke um Sophie Bull-Legacys Kopf erlosch und sie stand auf. Ihre Umarmung war kein bisschen weniger stürmisch.

      Bull ächzte. »Nicht so fest! Vergesst nicht, dass ihr optimiert seid. Ich bin nur ein armer, alter Mann ...«

      Die beiden kicherten.

      »Ihr seht blendend aus!«, sagte Bull. »Autum wäre neidisch.«

      Die beiden NATHAN-Interpreterinnen würden bald 35 Jahre alt werden. Sie wirkten jedoch deutlich jünger. Beide trugen seltsame, blaugraue Monturen, die einen starken Kontrast zu ihren roten Haaren bildeten.

      »Sorry, Dad!«, sagte Sophie scheinbar zerknirscht. »Wenn du langsam alt und schwach wirst, nehmen wir darauf Rücksicht. Versprochen.«

      »Scherzkeks!«

      Laura kniff die Augen leicht zusammen. »Mom wäre stolz, sagst du? Redet ihr wieder miteinander? Ich meine: dauerhaft?«

      Nachdem Bull seinen Zellaktivator erhalten hatte, war es zwischen ihm und Autum Legacy zum Bruch gekommen. Es war nicht so sehr ein katastrophaler Streit gewesen als eher eine zunehmende Entfremdung. Er würde nicht altern ... und sie tat genau das. Sie hatte das Angebot, ebenfalls einen Aktivator anzulegen, abgelehnt. Bull verstand sie sehr gut. Zellaktivatoren waren zweischneidige Geschenke, und sie brachten Entwicklungen in Gang, die den Träger veränderten. Der Horizont weitete sich, wie ein höheres Alter und zunehmende Erfahrung das stets mit sich brachten. Ein Aktivator tat das im Turbomodus.

      Timeo Danaos et dona ferentes!, dachte Bull. Ich fürchte die Danaer, auch wenn sie Geschenke bringen. Dieses Geschenk hat es in sich ... und wie damals vor Troja bemerkt man es erst, wenn es zu spät ist. So viel hat sich nicht geändert.

      Bull erinnerte sich an Diskussionen mit Atlan oder Mirona Thetin. Auf gewisse Weise ließ man die anderen Menschen hinter sich – auch wenn sie noch lebten. Autum hatte das nicht gewollt und ihre Entscheidung getroffen. Für Bull indes war die Entscheidung lebenswichtig gewesen. Die Wirkung der Zelldusche, die er erhalten hatte, lief aus. Ein schneller Verfall drohte, und Bull hatte weiterleben wollen. Danach allerdings hatte ihn ein intensives Schuldgefühl ergriffen. Mit dem Partner nicht altern zu wollen, war eine Art Herabsetzung, die er selbstverständlich nicht gewollt hatte. Autum Legacy hatte ihm nie etwas vorgeworfen, aber das war nicht nötig gewesen.

      Selbstvorwürfe kriege ich auch allein hin!, dachte Bull bitter.

      In letzter Zeit normalisierte sich ihr Verhältnis wieder. Für die Zwillinge war das eine große Erleichterung. Beide waren längst erwachsen, und Bull wusste, dass jede der beiden intelligenter war als er und Autum zusammen, aber es war keine Frage der Intelligenz.

      »Tun wir«, sagte er auf Lauras Frage. »Wir reden sogar sehr viel und so häufig, wie das unsere Terminpläne zulassen.«

      »Protektor!«, neckte ihn Sophie ironisch. »Perry freut sich ein Loch in den Bauch, dass er das politische Brimborium hinter sich hat, wetten?«

      Bull grinste. »Da hast du zweifellos recht, Sophie! Und ich habe mittlerweile auch begriffen, warum.«

      In gespielter Überraschung hob Laura die Augenbrauen. »So schnell? Sagenhaft!«

      »Sei nicht so frech zu deinem Alten!« Bull hob drohend den Zeigefinger. »Sonst setzt's was.«

      »Sag Mom einen schönen Gruß«, bat Sophie.

      »Tu ich.« Bull verzog den Mund. »Allerdings könnte man sie ja auch mal direkt anrufen. Ich nehme an, NATHAN kann ein Ferngespräch vermitteln.«

      »Selbstverständlich«, meldete sich die sonore Stimme. »Aber man müsste mich natürlich darauf ansprechen.«

      Laura tat empört. »Ein bisschen mehr Loyalität mit dem eigenen Personal, ja?«

      Die Tür, die sich hinter Bull geschlossen hatte, glitt erneut auf. Ein MINSTREL schwebte in den Raum, ein etwa eineinhalb Meter durchmessender Ableger NATHANS. Die Kugel, die sich aus unzähligen bläulichen Kuben zusammensetzte, die ständig durcheinanderwirbelten, war Bull ähnlich unheimlich wie NATHAN selbst.

      Sofort richtete sich die Aufmerksamkeit seiner Töchter auf den MINSTREL. Ihr Blick schien mit einem Mal ins Unendliche zu gehen.

      Bull wusste, dass für die Kommunikation mit einem solchen NATHAN-Ableger eine gewaltige geistige Kapazität nötig war. Er war stolz auf seine Zwillinge. Angeblich klang die Stimme eines MINSTRELS wie Musik – daher der Name: Sänger. Aber Bull hatte nicht die blasseste Ahnung, wie es sich anfühlte.

      Nicht angenehm, wenn man damit konfrontiert wird, unzureichend zu sein, dachte er müde. ES, NATHAN, ANDROS ... oder eben ein MINSTREL. Es ist immer dasselbe.

      Etwas anderes bemerkte er allerdings sehr wohl: Egal was die drei gerade besprachen, es beunruhigte seine Töchter.

      »Was ist?«, fragte er. Die Nervosität, die ihn seit dem Anflug begleitet hatte, machte sich erneut bemerkbar.

      Laura löste sich aus der Verbindung. »Komm mit, Dad!«, sagte sie nur.

      Reginald Bull folgte den beiden und dem MINSTREL mit einem zunehmend mulmigen Gefühl in der Magengegend.

      2.

      Deneb: Die Wüstung

      Sofgart reckte sich. Er genoss die Wärme dieses Planeten. Die Sonne des Arkonsystems war erheblich kleiner und nicht ganz so heiß wie der Stern, der gegenwärtig über ihm am Himmel kochte. Er legte den Kopf in den Nacken. Die Hitze brannte auf seinen Wangen. Er öffnete die Augen selbstverständlich nicht. Deneb – was für ein Gigant! Mit seinem rund zweihundertfachen Durchmesser der terranischen Heimatsonne tauchte der heiße Überriese alles in grelles, blauweißes Licht. Er glaubte beinahe, es durch die geschlossenen Lider sehen zu können.

      Sofgart hatte sich auf dem Weg in die sogenannte Lokale Blase ein wenig mit dem astrometrischen Material über diese Raumregion beschäftigt. Perry Rhodan und seine Leute waren großzügig gewesen, was das anging. Sofgart hatte die Aufzeichnungen studiert, allerdings nicht übermäßig genau.

      Nun war er vor Ort und wusste nicht mal richtig, warum. Jedenfalls, wer in einem solchen System siedelte, besaß Mut, Selbstvertrauen ... oder war dumm. Sofgart war lange mit Krom geflogen, einem Planeteningenieur, der Kolonien errichtete. Ob Krom ein solches Projekt in einer derartigen Umgebung befürwortet hätte? Sofgart hatte Zweifel, seit er den Fuß auf den Boden dieser Welt gesetzt hatte. Denn seiner Erfahrung nach waren Menschen eigentlich nicht dumm.

      Die Menschen. Er hatte sie jüngst in Thantur-Lok getroffen und sie unterstützt. Bereits zu diesem Zeitpunkt war die Erde, Larsaf III, sein eigentliches Ziel gewesen. Darüber hatte er allerdings kein Wort verloren. Es war eine Familienangelegenheit, so merkwürdig das für eine Waise auch klang.

      Sofgart schob die Schutzbrille an ihren Platz zurück.

      Hinter ihm stand die LORK und warf kaum einen Schatten. Vor ihm lag etwas, das vor Kurzem noch eine Stadt gewesen war. Sehr viel hatten die terranischen Unterlagen darüber nicht verraten. Mit einiger Verwunderung hatte Sofgart aber zur Kenntnis genommen, dass es auf der Erde offenbar nach wie vor unterschiedliche Staatenzusammenschlüsse gab, die eigene Ziele verfolgten – auch im interstellaren Raum.

      »Kaum zu glauben, dass sie sich im freien Universum derart gut halten konnten«, raunte er. »Was das wohl bedeutet: Chinesischer Block? Ist das eine geografische Festlegung?«

      Er ging langsam auf die Siedlungsruine zu. Egal was die verschiedenen Bauten einmal gewesen sein mochten, nun war alles eine Wüstung. Er hatte schon diverse Areale ähnlicher Art gesehen, und immer blieb ein bitteres Gefühl zurück. Etwas war gestorben, einschließlich all der Träume und Pläne, die jeder einzelne Siedler einmal gehabt hatte. Was blieb, war Vergänglichkeit in all ihrer Tristesse.

      Staub fegte über die planierte Fläche und stob in irren Wirbeln nach oben, sobald die Bö auf Felsen oder die ersten Erhebungen traf. In einiger Entfernung


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