Perry Rhodan 152: Die Raum-Zeit-Ingenieure (Silberband). Detlev G. Winter
Читать онлайн книгу.überlegte ich laut. »Doch warum ausgerechnet du?«
Jen erwiderte etwas. Ich achtete nur nicht darauf, weil plötzlich die Funktionskontrollen meines Anzugs flackerten. »Ich muss den Helm öffnen«, war das Nächste, was ich von Jen hörte.
»Dann warte nicht damit!«, sagte ich. »Wahrscheinlich werde ich deinem Beispiel gleich folgen. Wenn wir uns wenigstens sehen könnten.«
Er lachte leise. Ich hörte über Funk, dass er den Helm manuell zurückklappte. In der nächsten Sekunde schrie er entsetzt auf – und dann war es totenstill.
»Jen?«, rief ich besorgt. Er antwortete nicht, und ich hörte nicht einmal mehr sein Atmen. Freilich konnte das daran liegen, dass sein Helmfunk ausgefallen war. Ich fürchtete jedoch, dass die Erklärung schlimmer war.
Jäh wurde es finster. Ich hatte das Gefühl, einen Schlag mit einer Stahlstange auf den Schädel zu bekommen, und sackte in mich zusammen. Allerdings behielt ich das Bewusstsein; ich nahm alles, was ringsum vorging, sogar mit nie erlebter Klarheit wahr.
Ich lag auf einer Art Bahre aus schimmerndem Metall, die auf einem Podest in einer leeren Kuppelhalle stand. Leer war die Halle nur für meine Augen. In mentaler Hinsicht wimmelte sie von allen möglichen Lebewesen. Sie erschienen mir fremdartig und vertraut zugleich – und keines war wie das andere. Sie hatten nur eines gemeinsam: Sie strahlten eine fast unglaubliche Friedfertigkeit, Nächstenliebe und Zuversicht aus.
Wie lange dieser Zustand andauerte, würde ich wohl niemals erfahren. Irgendwann zerriss ein heftiger Windstoß alle meine Wahrnehmungen. Ich wollte die Arme nach ihnen ausstrecken, hatte aber keine Kontrolle über meinen Körper.
Nach einer Weile spürte ich eine Hand auf der Stirn, und ein ovales Gesicht mit bernsteingelben Augen blickte auf mich herab. Es ist alles in Ordnung, Atlan!, empfing ich die geistige Botschaft von Lethos-Terakdschan. Auch mit Jen.
Ich atmete auf – und in dem Moment griff die Ohnmacht nach mir ...
Ebenso unvermittelt kam ich wieder zu mir.
Ich setzte mich auf. Mir gegenüber kauerte der Hathor. Seine silbrige Haarmähne wehte im Wind. Er kümmerte sich um Jen Salik, den er in leicht aufrecht sitzender Haltung stützte, und dem es offenbar recht gut ging. Ich atmete auf und sah mich nach Clio um.
»Sie wurde vom Haluter abgeholt«, sagte Lethos-Terakdschan. »Ich fürchte, dass sie am schlimmsten unter dem Zugriff gelitten hat. Domo Sokrat behauptete sogar, sie hätte ihre Immunität gegen den Graueinfluss verloren. Klar, er hält das für einen Vorteil, doch das ist es nicht.«
»Ganz bestimmt nicht«, pflichtete ich Lethos bei. »Aber was meinst du mit ›Zugriff‹?«
»Das ist einfach«, antwortete Jen, als hätte er nur darauf gewartet. »Jemand hat versucht, mein Bewusstsein anzuzapfen. Wohl auch bei dir, und bei Clio ebenso.«
»So einfach ist es leider nicht«, berichtigte der Hathor. »Es stimmt grundsätzlich, was Jen sagte, aber es kompliziert möglicherweise unsere Mission. Er wurde gezielt als Opfer ausgewählt und in eine Falle mit offenbar sechsdimensionaler Komponente gelockt. Ich frage mich, nach welchen Kriterien der Fallensteller ihn auswählte.«
»Immerhin ist er ein Ritter der Tiefe«, sagte ich.
»Nicht der einzige hier«, wandte Tengri ein. »Du bist ebenfalls ein Ritter der Tiefe – und ich bin es in gewissem Sinne auch.«
»Ich bin es nur auf Zeit. Und du bist eigentlich als der Hüter des Domes Kesdschan und des Ordens der Ritter eine Ausnahme in unserer Runde«, überlegte ich. »Jen unterscheidet sich von uns dadurch, dass er seinen Status schon besaß, bevor er im Dom Kesdschan den psionischen Ritterschlag erhielt.«
In ihm hat sich die ÜBSEF-Konstante eines früheren Ritters der Tiefe reinkarniert!, ergänzte mein Extrasinn.
Der Hathor sah mich eigentümlich an. Ich erkannte sofort, dass er ähnliche Gedankengänge wie ich verfolgte.
»Jen hat mit dem Ritterwissen Harden Coonors etwas an sich, das ihn von uns beiden unterscheidet«, sagte Tengri. »Gravierender erscheint mir die Tatsache, dass sich der Fallensteller einer Methode bediente, die in ferner Vergangenheit von den Kontaktsuchern meines Volkes entwickelt wurde: das Krysoptera. Es ist eine Art dimensional übergeordneter Molekülwäsche, obwohl auch diese Erklärung eher verwirrt als klärt.«
»Krysoptera«, wiederholte ich. »Nie gehört. Besteht die Möglichkeit, dass du dich irrst?«
»Nein«, antwortete der Hathor. »Theoretisch wäre das möglich, aber ich konnte die Verwendung des Krysoptera bereits nachweisen. Nur die mit seiner Hilfe hergestellte einseitige Verbindung lässt sich mit dem geistigen Schwert des Diddor-Sanskari durchtrennen – und genau das habe ich getan.«
Ich horchte überrascht auf. Mir wurden einige Aspekte klar, die sich zwangsläufig aus dieser Erklärung ergaben. »Könnten sich außer dir andere Angehörige deines Volkes im Tiefenland aufhalten, Tengri?«, fragte ich.
»Ich habe selbst schon darüber nachgedacht«, antwortete er. »Es ist nicht sehr wahrscheinlich. Wäre es so, hätte Carfesch mich darüber informiert, als er mir den Auftrag gab, in die Tiefe zu gehen.«
Ich gab mich damit zufrieden.
»Wie fühlst du dich?«, wandte ich mich an Jen.
»Kräftig genug, um aufzubrechen. Tengri hat ein wahres Wunder an mir vollbracht.«
Er richtete sich allmählich ganz auf – und da sah ich, dass der Hathor seine Kombination oben geöffnet und teilweise über Jens Oberkörper gezogen hatte. Tengri bemerkte meinen fragenden Blick und erklärte: »Unser Freund hat einen starken Schock erlitten und war schon sekundenlang klinisch tot. Erst der Kontakt mit der Kombination hat ihn zurückgeholt und wiederhergestellt.«
Ich wusste, dass Tengris bernsteingelbe Kombination oder vielmehr das Gewebe silbrig schimmernder Fäden, das sie durchzog, aus semi-organischer Substanz bestand, die in gewisser Weise lebte und auf den Träger ähnlich wie ein Zellaktivator wirkte. Sogar noch vollkommener. Es erschien mir logisch, dass dadurch sogar Reanimationen und Regenerationen ermöglicht wurden.
»Du hättest dir meinen Aktivator ausleihen dürfen«, sagte ich. »Er hätte zusammen mit Jens Aktivator vermutlich dasselbe bewirkt.«
»Dann wärst du jetzt tot«, erwiderte Tengri ernst. »Auch du warst vollständig weggetreten. Seltsamerweise hast du in diesem Zustand gelächelt, obwohl deine Gehirnfunktionen nicht mehr messbar gewesen waren.«
»Gelächelt?« Da war auch diese Erinnerung wieder. Ich sah mich auf der Bahre aus schimmerndem Metall in der Kuppelhalle – und ich glaubte immer noch, die zahllosen fremdartigen Wesen zu spüren, die Friedfertigkeit, Nächstenliebe und Zuversicht ausstrahlten.
»Wenn es ein Jenseits gibt, in das die Gedanken und Gefühle der Verstorbenen fliehen, dann war ich dort«, flüsterte ich unter dem überwältigenden Eindruck dieser Erinnerung.
Tengri Lethos-Terakdschans Gesicht verschloss sich förmlich. Ich musste daran denken, dass die beiden Bewusstseine, die den Projektionskörper Tengris bewohnten, mehr Erfahrungen gesammelt hatten, als ich mir im Entferntesten vorstellen konnte. Wahrscheinlich kannten sie Geheimnisse, nach deren Erforschung zahllose Generationen intelligenter Wesen vergebens gestrebt hatten. Wenn sie diese niemandem offenbaren wollten, mussten sie triftige Gründe dafür haben. Vielleicht vertrugen die entwicklungsgeschichtlich relativ jungen Gehirne von Arkoniden und Terranern keine absoluten Wahrheiten.
Jen Salik deutete auf etwas hinter mir und rief: »Wir müssen fliehen! Der Speicher leuchtet nicht mehr. Er wird grau, und alle anderen ebenso.«
Ich wandte mich hastig um. Der ehedem leuchtende Vitalenergiespeicher, in dessen Nähe das Wrack unserer Gondel lag, war verblasst – und die anderen Speicher, die ich sehen konnte, verfärbten sich bereits grau.
Jenseits der Speicher, wo die Grauen Armeen sich gesammelt hatten, war Bewegung aufgekommen. Auch ohne Einzelheiten zu erkennen, sah ich, dass das graue Wogen und Wallen näher rückte. Die