Faust. Der Tragödie erster Teil. Johann Wolfgang von Goethe

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Faust. Der Tragödie erster Teil - Johann Wolfgang von Goethe


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kann er, wisst Ihr wohl, nicht eine Stunde leben.

      mephistopheles . Es ist ein guter Freund, dem es gedeihen soll;

      Ich gönn ihm gern das Beste deiner Küche.

      Zieh deinen Kreis, sprich deine Sprüche,

      Und gib ihm eine Tasse voll!

      die hexe

       mit seltsamen Gebärden, zieht einen Kreis und stellt wunderbare Sachen hinein; indessen fangen die Gläser an zu klingen, der Kessel zu tönen, und machen Musik. Zuletzt bringt sie ein groβes Buch, stellt die Meerkatzen in den Kreis, die ihr zum Pult dienen und die Fackel halten müssen. Sie winkt Fausten, zu ihr zu treten.

      faust zu Mephistopheles. Nein, sage mir: was soll das werden?

      Das tolle Zeug, die rasenden Gebärden,

      Der abgeschmackteste Betrug,

      Sind mir bekannt, verhasst genug.

      mephistopheles . Ei, Possen! Das ist nur zum Lachen;

      Sei nur nicht ein so strenger Mann!

      Sie muss als Arzt ein Hokuspokus machen,

      Damit der Saft dir wohl gedeihen kann.

       Er nötigt Fausten, in den Kreis zu treten

      die hexe

       mit groβer Emphase, fängt an, aus dem Buche zu deklamieren

      Du musst verstehn!

      Aus Eins mach Zehn,

      Und Zwei lass gehn,

      Und Drei mach gleich,

      So bist du reich.

      Verlier

      Die Vier!

      Aus Fünf und Sechs –

      So sagt die Hex –

      Mach Sieben und Acht,

      So ists vollbracht:

      Und Neun ist Eins,

      Und Zehn ist keins.

      Das ist das Hexen-Einmaleins!

      faust . Mich dünkt, die Alte spricht im Fieber.

      mephistopheles . Das ist noch lange nicht vorüber,

      Ich kenn es wohl, so klingt das ganze Buch!

      Ich habe manche Zeit damit verloren;

      Denn ein vollkommner Widerspruch

      Bleibt gleich geheimnisvoll für Kluge wie für Toren.

      Mein Freund, die Kunst ist alt und neu.

      Es war die Art zu allen Zeiten,

      Durch Drei und Eins und Eins und Drei

      Irrtum statt Wahrheit zu verbreiten.

      So schwätzt und lehrt man ungestört;

      Wer will sich mit den Narrn befassen?

      Gewöhnlich glaubt der Mensch, wenn er nur Worte hört,

      Es müsse sich dabei doch auch was denken lassen.

      die hexe fährt fort

      Die hohe Kraft

      Der Wissenschaft,

      Der ganzen Welt verborgen!

      Und wer nicht denkt,

      Dem wird sie geschenkt:

      Er hat sie ohne Sorgen:

      faust . Was sagt sie uns für Unsinn vor?

      Es wird mir gleich der Kopf zerbrechen.

      Mich dünkt, ich hör ein ganzes Chor

      Von hunderttausend Narren sprechen.

      mephistopheles . Genug, genug, o treffliche Sibylle!

      Gib deinen Trank herbei und fülle

      Die Schale rasch bis an den Rand hinan!

      Denn meinem Freund wird dieser Trunk nicht schaden:

      Er ist ein Mann von vielen Graden,

      Der manchen guten Schluck getan.

      die hexe ,

       mit vielen Zeremonien, schenkt den Trank in eine Schale; wie sie Faust an den Mund bringt, entsteht eine leichte Flamme

      mephistopheles . Nur frisch hinunter! immer zu!

      Es wird dir gleich das Herz erfreuen.

      Bist mit dem Teufel du und du

      Und willst dich vor der Flamme scheuen?

       Die Hexe löst den Kreis. Faust tritt heraus

      mephistopheles . Nun frisch hinaus! Du darfst nicht ruhn.

      die hexe . Mög Euch das Schlückchen wohl behagen!

      mephistopheles zur Hexe. Und kann ich dir was zu Gefallen tun,

      So darfst du mirs nur auf Walpurgis sagen.

      die hexe . Hier ist ein Lied! Wenn Ihrs zuweilen singt,

      So werdet Ihr besondre Wirkung spüren.

      mephistopheles zu Faust

      Komm nur geschwind und lass dich führen:

      Du musst notwendig transpirieren,

      Damit die Kraft durch Inn- und Äussres dringt.

      Den edlen Müssiggang lehr ich hernach dich schätzen,

      Und bald empfindest du mit innigem Ergetzen,

      Wie sich Cupido regt und hin- und widerspringt.

      faust . Lass mich nur schnell noch in den Spiegel schauen!

      Das Frauenbild war gar zu schön!

      mephistopheles . Nein! nein! Du sollst das Muster aller Frauen

      Nun bald leibhaftig vor dir sehn. Leise.

      Du siehst mit diesem Trank im Leibe

      Bald Helenen in jedem Weibe.

      Strasse

      Faust. Margarete vorübergehend

      faust . Mein schönes Fräulein, darf ich wagen,

      Meinen Arm und Geleit Ihr anzutragen?

      margarete . Bin weder Fräulein weder schön,

      Kann ungeleitet nach Hause gehn.

       Sie macht sich los und ab

      faust . Beim Himmel, dieses Kind ist schön!

      So etwas hab ich nie gesehn.

      Sie ist so sitt- und tugendreich

      Und etwas schnippisch doch zugleich.

      Der Lippe Rot, der Wange Licht,

      Die Tage der Welt vergess ichs nicht!

      Wie sie die Augen niederschlägt,

      Hat tief sich in mein Herz geprägt;

      Wie sie kurz angebunden war,

      Das ist nun zum Entzücken gar!

      mephistopheles tritt auf

      faust . Hör, du musst mir die Dirne schaffen!

      mephistopheles . Nun, welche?

      faust . Sie ging just vorbei.

      mephistopheles . Da die? Sie kam von ihrem Pfaffen,

      Der sprach sie aller Sünden frei;

      Ich schlich


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