Perry Rhodan-Paket 62: Mythos (Teil2). Perry Rhodan
Читать онлайн книгу.ab und drehten sich orientierungslos im Kreis.
Dies alles waren Eindrücke, die Tolot während der Flucht in sich aufnahm. Jede einzelne Information mochte ihm helfen und irgendwann ein Gesamtbild über den Zustand der VECU ergeben.
»Halt sie hin, ANANSI!«, sagte er über einen Funkkanal, der Servicespur, die einzig der direkten Kontaktaufnahme mit der Semitronik diente. »Du musst kämpfen.«
ANANSI antwortete nicht. Bloß ein Knacksen war in der Funkverbindung zu hören. Gleich darauf erschütterte eine Detonation den Boden. Tolot rutschte aus, fing sich gleich wieder und rannte weiter.
Der Kampf um die Herrschaft um die RAS TSCHUBAI wurde intensiver.
»Zeig mir ein Versteck!«, forderte Tolot von ANANSI. »Vergiss, dass ich im Schiff bin. Lösch mich aus deinen Wahrnehmungen. Wenn ich entkomme, kann ich dir womöglich helfen.«
Wiederum erhielt er keine Bestätigung. Es kam zu weiteren Ausfällen entlang seiner Fluchtroute, die ihn immer tiefer ins Schiff hineinführte. Tolot nutzte selten begangene Servicebereiche, die nur wenig überwacht waren.
»Hilf mir, damit ich dir helfen kann.«
Keine Reaktion. Nichts. Es blieb alles still.
Hinter einer Wand war ein verdächtiges Gluckern zu hören, dann ein rülpsendes Geräusch. Die Verteilung von Wasser, Kühlflüssigkeit oder einem Schmiermittel stockte. Der Kampf zwischen der VECU und ANANSI manifestierte sich nach außen in weiteren Fehlfunktionen des Schiffs.
»... achtzehn Sekunden ...«, hörte Tolot eine geisterhaft klingende Stimme, die kaum mehr Ähnlichkeit mit der ANANSIS hatte. »Du und alle anderen habt sechzehn Sekunden, um ein Versteck zu finden. Dann werde ich mich ergeben.«
Tolot hatte beschleunigt, als er die ersten Worte der Semitronik gehört hatte. Er raste im irrwitzigen Tempo durch die Gänge und Wege, überwand Decks über Nottreppen, fand mithilfe seines fotografischen Gedächtnisses den bestmöglichen Platz.
Als sein gedanklicher Countdown bei zwei Sekunden angelangt war, meldete sich ANANSIS wieder. »Sucht meinen Schatten. Den Vergessenen.«
Damit verstummte sie abrupt.
Tolot schlüpfte in sein Versteck; eine außer Dienst gestellte Expresskabine, deren technische Infrastruktur zwar weiterhin vorhanden, aber von den Sitzgelegenheiten befreit worden war. Der Innenraum war gerade so groß, dass er in Hockstellung mit dem Kopf die Decke des Zylinders streifte.
Die Kabine war eine von mehreren, die während der letzten Tage ausgetauscht worden und durch ein neueres Modell ersetzt worden waren. Die Servicehalle wurde fast ausschließlich von Spezialrobotern genutzt.
Es wurde still auf allen Funkkanälen. Von ANANSI war nichts mehr zu hören.
Nach einer Minute ertönte die Stimme Bru Shaupaards: »Ich danke allen Besatzungsmitgliedern für ihre Kooperation. Die VECU ist ab nun vollends für die RAS TSCHUBAI verantwortlich. Bleibt ruhig und gehorcht meinen Anweisungen, dann wird alles wieder gut.«
4.
Was geschah (3)
»Achtzehn Sekunden ...«, sagte eine Stimme, die kaum noch etwas mit der von ANANSI gemein hatte. »Du und alle anderen habt sechzehn Sekunden, um ein Versteck zu finden. Dann muss ich mich ergeben.«
Dou schaltete schnell. Er erkannte an Shaupaards Gesichtsausdruck, dass die VECU mit Problemen zu kämpfen hatte. Der Cairaner blickte ratlos um sich.
ANANSI bot Dou die Gelegenheit, im Schiff unterzutauchen.
»Krisenfall Philippi!«, rief er, schaltete den Deflektor seines Schutzanzugs ein und eilte davon. »Jetzt gleich!«
Matho Thoveno blieb stehen, ebenso die meisten anderen Techniker und Wissenschaftler, die er während der Untersuchung der Komponententräger hinzugezogen hatte. Sie verstanden nicht, was Dou meinte. Seine Leute hingegen, ausgebildete Spezialisten der Inneren Sicherheit, eilten davon.
Zwölf Sekunden.
Dou erreichte den Hauptgang Richtung Schiffsinneres, warf sich in eine Expresskapsel, hieb auf den Auslöser, ließ sich mit Höchstgeschwindigkeit beschleunigen. Er raste mit 500 Metern pro Sekunde dahin, drei Sekunden lang. Stieg aus, stürzte sich in einen Antigravschacht, gelangte zwei Decks darunter ins Freie, ging ein paar letzte weite Schritte – und erreichte sein Ziel. Hauptdeck 12-20. Eine Plattform, von der aus er in eine schier endlose Tiefe blickte.
Dou hielt inne und holte tief Luft. War er in der Ringhalle sicher, die einen Großteil der Hauptdecks Zwölf bis Drei ausfüllte? In einem Bereich, in dem einige wenige Techniker, Roboter und vor allem die Posbis das Sagen hatten?
Er maß keine Verfolger an. Auch von ANANSI war nichts zu hören.
Nach einem kurzen Moment des Zögerns schaltete er den Deflektor aus und desaktivierte so gut wie alle weiteren Funktionen seines Anzugs, die ihn verraten konnten. Dou wollte energetisch unsichtbar werden.
Die Ringhalle hatte eine zylindrische Grundform. Der äußere Durchmesser betrug 1400 Meter, die Höhe eintausend Meter.
Ich blicke einen Kilometer in die Tiefe, machte sich Dou bewusst.
Er sah die oberen Abdeckungen von fünf Hawk-V-Kompensationskonvertern und einen annähernd gleich großen Transitions-Strukturkonverter. Gemeinsam bildeten diese Zylinderelemente das technische Herzstück der RAS TSCHUBAI: die überaus wirksamen und technisch ausgereiften Überlichtantriebe.
Die Zylinder waren kreisförmig um einen zentralen Freiraum angeordnet. Überwachungs- und Nebenleitstellen klebten da und dort wie Schwalbennester an den Wänden. Dazu kamen Wartungsplattformen, mobile Arbeitsbühnen und feldenergetische Zugangsbrücken. Einige Arbeitsroboter gingen schwebend ihrer Arbeit nach.
Der freie Platz im Zentrum war im Lauf der Zeit von Zusatzbauten überwuchert worden. Zahlreiche technische Erneuerungen in der Geschichte der RAS TSCHUBAI hatten ein gewisses Maß an Improvisation erfordert. So kam es, dass stabilisierende Schrägträger kreuz und quer standen. Dazwischen befanden sich Modulblöcke, die wiederum durch komplexe Rohr- und Leitungssysteme miteinander verbunden waren. Man musste einmal dort gewesen und alles mit eigenen Augen gesehen haben, um zu begreifen, weshalb die Mechaniker diesen Teil der Ringhalle nur als Kathedrale bezeichneten.
Dou kniff die Augen zusammen. Immer wieder rissen Lichteffekte die Dunkelheit auf. Feldenergetische Isolationsfelder von unterschiedlicher Stärke sorgten für stroboskopartige Blitzerscheinungen, die sich in die Netzhaut brannten.
Onker Dou sah auf jenen Bereich hinab, der sein eigentliches Ziel darstellte. Zwischen zwei größeren Lichtinseln inmitten der Kathedrale waren stark ineinander verschachtelte Konstrukte zu erahnen. Röhren, Platten, Kabelstränge, Wege, Treppen und Plattformen bildeten ein nahezu undurchschaubares Wirrwarr. Dieser Komplex maß etwa sechzig Meter im Durchmesser. Seine Bewohner nannten ihn Nest.
Dou hörte über Funk die kurze Ansprache Bru Shaupaards und verfolgte sie wenig interessiert. »Bleibt ruhig und gehorcht meinen Anweisungen, dann wird alles wieder gut«, schloss der Cairaner.
ANANSI war demnach vorerst besiegt. So, wie Dou es befürchtet hatte. Die Semitronik hatte alles unternommen, um ihm und einigen anderen Leuten die Flucht zu ermöglichen. Dou konnte bloß hoffen, dass Tolot und Luetyens entkommen waren. Mit ein wenig Glück auch Cascard Holonder und andere Offiziere.
Die Entscheidungsträger an Bord der RAS TSCHUBAI wussten ganz genau, wie sie sich im Falle einer feindlichen Übernahme verhalten mussten. Sie waren über den Krisenfall Philippi informiert. ANANSI hingegen nicht – was durchaus nicht einfach zu bewerkstelligen gewesen war. Etwa fünfzig hochrangige Bordmitglieder kannten Verstecke und geheime Nebenzentralen, von denen aus sie den Widerstand gegen eine schadhaft funktionierende Semitronik organisieren konnten.
Die Ringhalle war eines der besten Verstecke. Dort war das energetische Aufkommen derart komplex, dass ANANSIS Einfluss geringer als sonst wo im Schiff war. Die Semitronik beobachtete und wirkte ausschließlich durch