Mit Fahrrad durch Corona-Europa. Mattis Lühmann
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18:05 Uhr: Skyline von Frankfurt
19:53 Uhr
Es ist dunkel und mein schön trockenes Zelt steht. Genau 80 Kilometer habe ich geschafft. Ich habe viele Leute unterwegs gesehen, die Drachen steigen lassen haben, einen Golfplatz und singende betrunkene Männer auf Bänken. Die Stadt Bad Nauheim oder so war echt schön, da standen so merkwürdige, aber schöne Bauten aus Holz rum, so hohe Wände, die voller Gestrüpp waren, an denen Wasser runterlief. Das muss ich mal googeln morgen, was das war. Danach habe ich noch einen schönen Turm in Friedberg, glaube ich, gesehen. Und dann habe ich für bestimmt 20 Kilometer die Skyline von Frankfurt vor mir gehabt. Als Frankfurt dann anfing, saßen da die singenden Männer und ich musste grinsen, als ich sie sah. Dann bin ich durch Frankfurt gefahren und habe von der Brücke aus, die über den Main geht, ein Foto von den Hochhäusern dort gemacht. Jetzt bin ich aber schon wieder raus aus Frankfurt, in so einem kleinen Landschaftsschutzgebiet nahe der Straße.
Mein Arsch tut so weh! Zum Glück hat meine Mama mir eine Zinksalbe mitgegeben, und ich wollte die erst nicht mitnehmen, damit habe ich mich jetzt erst mal eingecremt.
Tote Tiere an der Straße: 1 (Ich zähle übrigens nur Tiere mit, die größer sind als eine Maus, zum Beispiel Vögel, Igel, Rehe, Waschbären, Wiesel und so. Diese sind dann vermutlich immer angefahren oder überfahren worden.)
05.10.2020
07:27 Uhr: Hier bin ich aufgewacht
15:10 Uhr
Ich schreibe gerade wieder beim Fahren. Heute habe ich zum ersten Mal in meinem Leben eine Fahrrad-Schnellstraße gesehen, ein paar Kilometer vor Darmstadt. In Darmstadt habe ich eingekauft und bin dann schnell wieder aus der Stadt rausgefahren.
Heute Morgen habe ich in einem Fahrradladen nach einer Lademöglichkeit durch Windkraft oder so gefragt, gab’s nicht, darum musste ich mein Handy draußen bei einer Seniorenresidenz laden. Auch in dem Supermarkt in Darmstadt oder bei einem XXL-Euronics, wo ich eben war, gab es so etwas nicht. Mist. Das Warten auf die Akkuladung nervt.
Na ja, vor einer Stunde ungefähr habe ich die erste Weinplantage gesehen und jetzt sind hier ganze Weinberge in Heppenheim.
16:19 Uhr: Auf dem Weg
18:34 Uhr: Beschreibung zur Europalinde, unter der ich geschlafen habe, leider war mein Akku leer und ich konnte kein besseres Foto mehr machen
18:34 Uhr: Die Europalinde
18:48 Uhr
Mein Tagesminimum habe ich erreicht. Ich bin jetzt in Oftersheim neben einem Friedhof auf einer Bank und koche mir Nudeln mit Spinat. Neben mir steht die Europalinde, unter der ich schlafen werde. Heute war ich ein bisschen genervt, denn ich fahre immer gegen den Wind, es zogen ständig Schauer über mich hinweg, ich habe die ganze Zeit schon was im Auge und mein Rahmspinat, den ich in Darmstadt gekauft hatte, lag unten im Fahrradkorb, ist aufgetaut und wurde von den anderen Sachen zerquetscht, sodass er aus dem Korb auf mein Fahrrad tropfte.
Die Landschaft sieht schon ganz anders aus, die Häuser sehen anders aus und die Menschen sprechen schon kein hochdeutsch mehr, aber egal wo man in Deutschland ist, die deutschen bleiben Weltmeister im doof gucken.
Tote Tiere an der Straße: 2
06.10.2020
09:37 Uhr
Ich bin den ganzen Morgen durch die Gegend geirrt, um Strom zu finden, jetzt bin ich in Walldorf und habe eine Steckdose gefunden. Ich muss gleich erst mal schauen, ob ich überhaupt noch richtig bin.
In der Nacht hatte es die ganze Zeit geregnet, da konnte mir die Europalinde auch nicht mehr genug Schutz bieten. Alles ist wieder nass und ich fühle mich total matschig. Ich muss später wieder alles trocknen und ordnen.
11:59 Uhr
Beim Fahren. Eben kam mir zum ersten Mal so einer wie ich entgegen, nur nicht mit ganz soviel Zeug und professioneller ausgerüstet. Ich hab ja alles nur so zusammengewürfelte Sachen dabei. Wir haben uns angelächelt und gewunken.
Vorhin beim Handy laden kam ein Mann an, der einen anderen aus dem Gebäude, in dessen Steckdose mein Ladekabel steckte, herausrief. Sie unterhielten sich fünf Meter von meinem Handy entfernt, ohne es zu sehen und gerade als sie sich verabschiedeten klingelte es. Sie so: „Hö Handy?!“ und ich rief: „Das ist meins.“ Zum Glück sagten sie nichts weiter dazu. Jedenfalls war es mein Stiefvater, der mir sagen wollte, dass die Beerdigung meines Opas am 22. Oktober ist. Das heißt, dass ich jetzt ein bisschen planen muss.
15:14 Uhr: Trocknungspause
16:49 Uhr: Ankunft in Karlsruhe
20:15 Uhr
Nachdem ich heute für ungefähr 20 Kilometer nur geradeaus durch einen riesigen Wald gefahren bin, bin ich in der wirklich schönen Stadt Karlsruhe angekommen. Schöne Gebäude und Menschen. Einmal standen drei Männer auf der anderen Straßenseite mit einer Kamera auf Stativ. Ich glaube ich wurde fotografiert und der eine hat sich gefreut und eine so kopfnickende Geste gemacht, um mich anzufeuern.
Jetzt bin ich in der ebenfalls schönen Stadt Gaggenau. Ich wollte über eine Fußgängerbrücke auf die andere Seite des Flusses hier fahren, aber die ist gerade gesperrt und über die Schnellstraßenbrücke für Autos wollte ich nicht, da mein Licht irgendwie nicht funktioniert. Darum liege ich jetzt hier an meinem bisher schönsten Zeltstellplatz mit Blick auf den Fluss, die Sterne, die Autobrücke und ein paar Häuser. Im Hintergrund höre ich Menschen Fußball spielen. Nur dass meine Waden wehtun und ziemlich verkrampft sind und ich heute nur 76 Kilometer geschafft habe.
07.10.2020
07:28 Uhr
Es hat wieder in der Nacht auf mein Zelt geprasselt und jetzt immer noch, alles ist wieder nass und ich will nicht raus ins Nasse.
07:47 Uhr: Morgens an der Murg in Gaggenau
10:39 Uhr: Irgendwo an der Murg, in dem Ort wo ich mein Handy aufladen konnte
12:18 Uhr
Es regnet die ganze Zeit. Meine Füße und Klamotten sind durchnässt. Ich steh hier im Regen an einer E-Bike-Ladestation und lade mein Handy. Ich will weiter!
15:41 Uhr: Endlich ein bisschen Sonne
15:42 Uhr
Ich