Zu Vermieten. John Galsworthy

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Zu Vermieten - John Galsworthy


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und ab gegangen und hatte sich mehrmals vom Kinderspielzimmer, wo er nun schlief, in das Zimmer seiner Mutter geschlichen, alles dort angesehen, ohne etwas anzufassen, und war dann weiter ins Ankleidezimmer gegangen, und auf einem Bein neben der Bade­wanne stehend, wie Slingsby, hatte er geheimnisvoll geflüstert: »Ho, ho, ho! Donnerwetter!« – das sollte Glück bringen. Dann hatte er sich zurückgeschlichen, den Kleiderschrank seiner Mutter geöffnet und tief eingeatmet und der Duft schien ihn näher an etwas zu bringen – an was, wusste er nicht.

      Er hatte ebendies gerade erst getan, als er in dem Sonnenstrahl stand und überlegte, auf welche der verschiedenen Arten er das Treppengeländer hinunterrutschen sollte. Sie schienen ihm alle dumm, und von einer plötzlichen Trägheit befallen, begann er eine Stufe nach der anderen hinunterzusteigen. Während diesem Abstieg, konnte er sich ganz deutlich an seinen Vater erinnern – an den kurzen grauen Bart, das Zwinkern in seinem tiefen Blick, die Falte zwischen seinen Augen, das lustige Lächeln, die dünne Gestalt, die dem kleinen Jon immer so groß vorkam, doch seine Mutter konnte er nicht sehen. Alles, was sie verkörperte, war etwas sanft Wiegendes mit zwei dunkeln Augen, die zu ihm zurückblickten, und der Duft ihrer Kleidung.

      Bella war in der Halle, sie zog die dicken Vorhänge zur Seite und öffnete die Haustür. Der kleine Jon sagte in bettelndem Tonfall:

      »Bella!«

      »Ja, Jon.«

      »Lass uns doch unter der Eiche Tee trinken, wenn sie kommen, ich weiß, das wäre ihnen am liebsten.«

      »Du meinst, das wäre dir am liebsten.«

      Der kleine Jon dachte nach.

      »Nein, ihnen, weil sie mir damit eine Freude machen.«

      Bella lächelte. »Gut, ich bringe den Tee nach draußen, wenn du still hier wartest und keinen Unfug anstellst, bevor sie kommen.«

      Der kleine Jon setzte sich auf die unterste Stufe und nickte.

      Bella kam zu ihm und sah ihn prüfend an.

      »Steh auf!«, sagte sie.

      Der kleine Jon stand auf. Sie musterte ihn von hinten, er war nicht grün und seine Knie schienen sauber zu sein.

      »In Ordnung!«, sagte sie. »Meine Güte, wie braun du bist! Gib mir einen Kuss!«

      Und der kleine Jon bekam einen Schmatz aufs Haar.

      »Welche Marmelade?«, fragte er. »Ich habe keine Lust mehr auf Warten.«

      »Stachelbeere und Erdbeere.«

      Mm! Die mochte er am liebsten!

      Nachdem sie gegangen war, saß er fast eine Minute lang still da. Es war ruhig in der großen Halle, die nach Osten hin offen war, sodass er einen seiner Bäume sehen konnte, eine Brigg, die sehr langsam über den oberen Rasen segelte. In der äußeren Halle warfen die Säulen schräge Schatten. Der kleine Jon stand auf, sprang auf einen davon und lief um die Gruppe von Schwertlilien, die das Bassin aus grau-weißem Marmor in der Mitte füllten. Die Blumen waren hübsch, aber sie dufteten nur ganz wenig. Er stand in der offenen Tür und sah nach draußen. Was, wenn – wenn sie nicht kommen würden! Er hatte so lange gewartet, dass er das Gefühl hatte, das nicht ertragen zu können, und mit einem Schlag wanderte seine Aufmerksamkeit von derartiger Endgültigkeit zu den Staubkörnchen in dem hereinfallenden bläulichen Sonnenlicht: Er streckte die Hand hoch und versuchte welche davon zu fangen. Bella hätte dieses Luftstück abstauben sollen! Aber vielleicht war es gar kein Staub – sondern das, woraus das Sonnenlicht gemacht war, und er ging nachsehen, ob das Sonnenlicht draußen genauso war. War es nicht. Er hatte gesagt, dass er still in der Halle bleiben würde, aber er konnte es einfach nicht mehr länger, und er ging über den Kies der Auffahrt und legte sich auf der anderen Seite ins Gras. Er pflückte sechs Gänseblümchen, wählte mit Bedacht verschiedene Namen für sie – Sir Lamorac, Sir Tristram, Sir Lancelot, Sir Palimedes, Sir Bors, Sir Gawain – und ließ immer zwei gegeneinander kämpfen, bis nur noch Sir Lamorac, den er wegen seines besonders dicken Stängels ausgewählt hatte, seinen Kopf hatte, und selbst der sah nach drei Auseinandersetzungen mitgenommen und wackelig aus. Ein Käfer krabbelte langsam im Gras, das bald wieder gemäht werden musste. Jeder Halm war ein kleiner Baum, um dessen Stamm der Käfer kriechen musste. Der kleine Jon streckte Sir Lamorac mit den Füßen voran aus und stupste das Tierchen damit. Es zappelte hektisch. Der kleine Jon lachte, verlor das Interesse und seufzte. Sein Herz fühlte sich leer an. Er rollte sich auf den Rücken. Die blühenden Linden strömten einen Honigduft aus und das Blau des Himmels war schön, mit ein paar weißen Wolken, die wie Zitroneneis aussahen, und vielleicht auch so schmeckten. Er konnte Bob Way down upon the Suwannee River auf seiner Ziehharmonika spielen hören, und es gefiel ihm und es machte ihn traurig. Er rollte sich wieder auf den Bauch und drückte sein Ohr an den Boden – Indianer konnten Dinge hören, die ganz weit weg waren – aber er konnte nichts hören – nur die Ziehharmonika! Und fast genau in diesem Moment hörte er ein Knirschen, ein schwaches Hupen. Ja! Es war ein Auto – sie kamen – sie kamen! Er sprang auf. Sollte er in der Vorhalle warten oder schnell nach oben rennen und dann, wenn sie hereinkamen, rufen: »Schaut mal!«, und langsam das Geländer hinunterrutschen, mit dem Kopf voran? Sollte er? Das Auto fuhr in die Auffahrt ein. Es war zu spät! Und er wartete einfach und sprang auf und ab vor Aufregung. Das Auto kam schnell, surrte und blieb stehen. Sein Vater stieg aus, ganz so, wie er in echt aussah. Er beugte sich hinunter und der kleine Jon hopste zu ihm hoch – sie stießen zusammen. Sein Vater sagte: »Hopsala! Na, du bist aber braun geworden, alter Mann!« – so, wie er immer redete. Und das Gefühl der Erwartung – dem Wunsch nach etwas – brannte weiter ungestillt in dem kleinen Jon. Dann sah er mit einem langen, schüchternen Blick seine Mutter, in einem blauen Kleid, einen blauen Schal über ihrer Kappe und ihrem Haar, lächelnd. Er hüpfte so hoch, wie er konnte, verschlang seine Beine hinter ihrem Rücken und umarmte sie. Er hörte sie nach Luft schnappen und fühlte, wie sie ihn ebenfalls an sich drückte. Erst dann blickten seine sehr dunkelblauen Augen in ihre sehr dunkelbraunen, bis ihre Lippen seine Augenbrauen küssten, und als er sie so fest er konnte drückte, hörte er sie ächzen und lachen und sagen: »Du bist stark, Jon!«

      Daraufhin ließ er sich hinuntergleiten, rannte in die Halle und zog sie an der Hand mit.

      Während er unter der Eiche seine Marmelade aß, fielen ihm an seiner Mutter Dinge auf, die er noch nie gesehen zu haben schien: zum Beispiel, dass ihre Wangen cremig aussahen, dass silbrige Strähnen in ihrem dunkelgoldenen Haar waren, dass ihr Hals keinen Knubbel wie der von Bella hatte, dass sie leise kam und ging. Ihm fielen auch ein paar feine Linien auf, die von ihren Augenwinkeln aus verliefen, und schöne Schatten unter ihren Augen.

      Sie war so wunderschön, schöner als Da oder Mademoiselle, oder als Tante June, oder sogar als Tante Holly, die ihm gefallen hatte, sogar schöner als Bella, die rosige Wangen hatte und immerzu plötzlich irgendwo auftauchte. Diese neue Schönheit seiner Mutter hatte eine Art besondere Bedeutung und er aß weniger als er gedacht hätte.

      Als sie mit dem Tee fertig waren, wollte sein Vater mit ihm ein wenig durch die Gärten gehen. Er hatte eine lange Unterhaltung mit seinem Vater über die Dinge im Allgemeinen, wobei er versuchte, sein Privatleben zu umgehen – Sir Lamorac, die Österreicher und die Leere, die er in jenen letzten drei Tagen empfunden hatte und die nun so plötzlich wieder gefüllt war. Sein Vater erzählte ihm von einem Ort namens Glensofantrim, wo er und seine Mutter gewesen waren, und von den kleinen Wesen, die dort aus dem Boden kamen, wenn es sehr still war. Der kleine Jon blieb stehen, die Spitze seiner Füße zueinander gedreht.

      »Glaubst du wirklich, dass sie das tun, Papa?« »Nein, Jon, aber ich dachte, du würdest das vielleicht.«

      »Warum?«

      »Du bist jünger als ich, und es sind Elfen.« Der kleine Jon verzog das Grübchen in seinem Kinn.

      »Ich glaube nicht an Elfen. Ich sehe nie welche.« »Hm!«, sagte sein Vater.

      »Sieht Mama welche?«

      Sein Vater lächelte sein lustiges Lächeln.

      »Nein, sie sieht nur Pan.«

      »Was ist Pan?«

      »Der


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