Gesammelte Werke. Ricarda Huch

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Gesammelte Werke - Ricarda Huch


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er sich dabei der Vermittlung der Juden. Juden saßen in allen Trierschen Städten, in Trier selbst, in Wittlich, Koblenz, Boppard, Wesel; aber auch mit den Juden von Straßburg und Mainz stand Baldewin in geschäftlichen Beziehungen. Die Grafen von Saarbrücken, die einigen Trierschen Juden stark verschuldet waren, trugen ihnen zu ihrer Sicherheit Schloß Staufen und Stadt und Burg Zabern auf; als Schutzherr über die Juden setzte Baldewin einen Amtmann hinein, der gemeinsam mit einem gräflichen Beamten die Gefälle einnahm und die Juden auszahlte. Als Baldewins Großneffe Karl auf sein Betreiben zum König gewählt wurde, überwies ihm Karl zur Vergütung seiner Auslagen Judenabgaben im Reich und empfahl Samuel, einen Diener des Erzbischofs, seinen Beamten und Untertanen; da er ihm ernstliche Botschaften, Geschäfte und Gewerbe zu seinem und des Reiches Nutz befohlen habe, solle ihm und seiner Gesellschaft, wo sie auch reiten oder fahren, Fordernis, Hilfe und Geleit gegeben werden, so daß sie durch niemandes Gewalt und Dräuen aufgehalten werden. Als im Jahre 1337 durch einen Bauer, namens Armleder, im Nassauischen Judenverfolgungen entstanden, die sich auf Triersches Gebiet fortpflanzten, bestrafte Baldewin die Schuldigen. Den Judenschutz, ursprünglich ein Regal, suchten die Fürsten, wenn auch nur als Pfand, in ihre Hand zu bringen.

      Ähnliche Bestrebungen wie Baldewin von Trier verfolgten die meisten Fürsten seiner Zeit, doch nicht immer mit so viel Klugheit und Geschick. Man kann in ihm einen Vorläufer des späteren aufgeklärten Despotismus sehen.

       Inhaltsverzeichnis

      Die Marken, die wegen ihrer Aufgabe, die Grenzen zu schützen, straffer organisiert sein mußten als die übrigen Teile des Reiches, hatten sich früher im Sinne des Territorialfürstentums entwickelt, ganz besonders die Ostmark, Österreich. Dazu hatten auch die außerordentlichen Vorrechte beigetragen, die Friedrich I. den Babenbergern gewährt hatte, ferner die Regierung Ottokars von Böhmen sowie die Rudolfs von Habsburg, obwohl dieser anfänglich sich auf den Adel stützen mußte, der der Zentralisierung Ottokars entgegen war. Seitdem hatte die Verselbständigung Österreichs stetig zugenommen.

      Dem Kaiser Albrecht, der im Jahre 1308 von seinem Neffen ermordet wurde, hatte seine Frau Elisabeth von Görz sechs Söhne geboren; als diese alle bis auf einen, Albrecht, der kinderlos war, gestorben waren, gab es in der folgenden Generation nur zwei Söhne des einen der Verstorbenen, Friedrich und Leopold. Da geschah es im Jahre 1339, daß Albrecht, der an Händen und Füßen gelähmt war, nach 24-jähriger Ehe einen Sohn bekam; er wurde im Andenken an seinen kaiserlichen Urgroßvater Rudolf genannt. Da die beiden Neffen Albrechts einige Jahre später starben, war Rudolf der einzige Erbe. Als er neun Jahre alt war, verlobte ihn sein Vater mit Karls IV. sechsjähriger Tochter Katharina, und schon nach fünf Jahren fand die Vermählung der beiden Kinder statt; Albrecht besorgte wohl, die Kaisertochter könne seinem Sohne noch entgehen, wenn er nicht zugriffe. Dem Achtzehnjährigen übergab sein Vater die Regierung der österreichischen Länder in Schwaben und am Rhein und gestattete dem jungen Paare eigene Hofhaltung in Rheinfelden. Es glückte Rudolf, in der Schweiz gute Beziehungen herzustellen; mit Zürich wurden Frieden und Bündnis geschlossen, Luzern erkannte die österreichische Herrschaft an. Er baute bei Rapperswyl eine lange Brücke über den Züricher See.

      Als Herzog Albrecht starb, war Rudolf erst neunzehn Jahre alt; aber das Ziel der Regierung stand ihm fest, ein doppeltes Ziel, das dem abwägenden Verstande unerreichbar sein mußte. Österreich zu einem großen, unabhängigen, mächtigen Reiche zu machen war das eine, Kaiser zu werden, das andere. Sein Urgroßvater und sein Großvater waren Kaiser gewesen, dessen Sohn Friedrich hatte der Bayer verdrängt; er fühlte sich berufen, die seinem Geschlecht entrissene Krone zurückzubringen. Seine Frau, Katharina, die schöne, schlanke, mit den Falkenaugen, war dem Plane nicht abgeneigt, unterstützte ihn vielmehr und getraute sich, ihren Vater dafür zu gewinnen. Rudolf entwarf kühne Pläne und handelte kühn, allerdings hatte seine Methode etwas Kindliches. Er freute sich an einem glänzenden Hof, am pompösen Klange vieler Titel, nannte sich Glied des kaiserlichen Hauptes, von dem alle weltlichen Rechte, Freiheiten, Gnaden und guten Gewohnheiten fließen, und Österreich den Schild und das Herz des Reiches. Er umgab sich mit hochstehenden Personen, zu seinem Landesjägermeister ernannte er den alten Friedrich von Krensbach, einen weitberühmten Ritter, der in allen Kriegen mitgekämpft und alle Länder bereist hatte, der dreimal in Jerusalem gewesen war. Was ihn anging, mußte das Äußerste seiner Art sein. Daß das farbige Entfalten fürstlicher Macht nicht nur ein Spiel war, zeigte sich, als Rudolf nach Prag reiste und seinem Schwiegervater fünf Privilegien vorlegte und um deren Bestätigung bat. Das erste derselben war von Heinrich IV. im Jahre 1058 für den Markgrafen Ernst von Österreich ausgestellt, bestätigte zwei wörtlich angeführte Privilegien der Kaiser Julius Cäsar und Nero und fügte neue Begnadigungen hinzu, das zweite war das bekannte, durch welches Friedrich I. die Markgrafschaft Österreich mit der von Bayern abgetrennten Mark ob der Enns zu einem Herzogtum mit weitgehenden Rechten erhob, das dritte war von Heinrich VII. 1228 dem Herzog ausgestellt, das vierte und fünfte bestätigten ältere von Friedrich II. und Rudolf I. Im ersten Privilegium bestimmte Nero, ein Freund der Götter und Verbreiter ihres Glaubens, daß Österreich für immer ein freies, von allen Abgaben entbundenes Land sein solle. Es sollte, nach dem Privileg Friedrichs I., dem Reiche zu keinerlei Dienstleistung verpflichtet sein, auch nicht zum Besuch der Reichstage; gefalle es dem Herzog aber, sie zu besuchen, so solle er als Pfalzerzherzog den ersten Rang nach den Kurfürsten einnehmen. Den Gerichtsstand des Reiches braucht er nicht anzuerkennen, das Reich aber, dem Österreich zu nichts verpflichtet ist, soll den Herzog gegen alle Beeinträchtigungen schützen und ohne seinen Willen keine wichtige Angelegenheit entscheiden. Innerhalb Österreichs darf das Reich keine Lehen haben, niemand darf vom herzoglichen Gericht an ein kaiserliches appellieren dürfen, überhaupt soll der Herzog innerhalb Österreichs ganz souverän sein; was er auch verordne, weder der Kaiser noch eine andere Macht soll etwas daran ändern dürfen. Im Fall der Herzog keine Leibeserben hätte, dürfe er seine Länder schenken, wem er wolle. Österreich soll unteilbar sein, wie es nach der Goldenen Bulle die Kurfürstentümer sind.

      Offenbar hatte das neue Wahlgesetz Karls IV., die Goldene Bulle, am Entstehen der unerhörten Ansprüche mitgewirkt. Das Wahlgesetz schuf insofern nichts Neues, als schon hundert Jahre vorher der Sachsenspiegel sieben als die eigentlich wahlberechtigten Fürsten angeführt hatte, während das Recht früher allen, ursprünglich Fürsten und Volk zugestanden hatte; doch wurde der Unsicherheit ein Ende gemacht, die daraus gefolgt war, daß in Bayern und Sachsen verschiedene Linien Anspruch auf die Kur erhoben. Sowie in betreff der Regelung des Wahlaktes nur zum Gesetz gemacht wurde, was schon Gebrauch war, so hatte wohl auch die Verteilung der Macht, wie die Bulle sie festsetzte, schon bestanden oder sich vorbereitet; immerhin war es verhängnisvoll, daß die Übermacht der Fürsten und die Ohnmacht des Kaisers gesetzlich anerkannt war. Das Reich war nunmehr ein Fürstenbund unter dem Vorsitz eines gewählten Kaisers geworden. Namentlich das Ansehen und die Macht der Kurfürsten war verstärkt, so daß sie sich fast als souverän betrachten konnten, was besonders in bezug auf die geistlichen Kurfürsten unheilvolle Folgen hatte. Allein auch die verräterische Hinneigung derselben zu Frankreich war nicht neu: schon 1306 hatte ein Erzbischof von Köln dem König von Frankreich den Treueid geleistet.

      Man kann verstehen, daß Rudolf als Herzog von Österreich hinter den Kurfürsten nicht zurückstehen wollte; aber unleugbar hatte er seine Ansprüche sehr dick aufgetragen.

      Karl IV. betrachtete die Privilegien, die sein Schwiegersohn ihm unterbreitete, mit Erstaunen. Als ein gebildeter Mann hielt er es für unwahrscheinlich, daß Julius Cäsar und Nero die Terra orientalis mit Freiheiten begabt haben sollten; um seine Zweifel durch das Urteil eines Kundigen zu stützen, wandte er sich an Petrarca, mit dem er als mit einem berühmten Dichter und Gelehrten in Briefwechsel stand. Den Inhalt der Urkunde fand er zum Teil unvereinbar mit dem Ansehen des Reiches, wie sehr dasselbe auch gemindert war. Mit Bezug auf die Befreiung des Herzogs von der Gerichtsgewalt des Reiches vermerkte er, selbst das oberste Kaisertum der Welt, der Papst und die Kurie, ließen dem Recht seinen Lauf und fänden es nicht unter ihrer Würde, von Rechts wegen sich zu verantworten; so dürfe auch ein Herzog von Österreich, der tiefer als jene Weltherrscher stehe, von der Pflicht, sich dem Recht zu stellen, nicht entbunden werden. Er verwarf,


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