Der Dreißigjährige Krieg (Teil 1-3). Ricarda Huch

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Der Dreißigjährige Krieg (Teil 1-3) - Ricarda Huch


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Pfalz kämen; aber während die pfälzischen Räte diesen Zuwachs viel wünschenswerter fanden als das entlegene Böhmen, verdroß Friedrich das Anerbieten, das doch nur eine Lockspeise sei, um ihn von dem weit wichtigeren Böhmen abzulenken. Er wollte, daß die Böhmen vor dem unzuverlässigen, falschen und aufschneiderischen Savoyer gewarnt und ihnen hingegen die Vorzüge der pfälzischen Wahl eindringlich vorgestellt würden.

      Er und Elisabeth ließen sich oft von Anhalt die Herrlichkeiten Prags schildern, namentlich was er von der berühmten Kunstkammer Kaiser Rudolfs, seinen Kleinodien und Juwelen gehört und gesehen hatte. Dazu drängen, sagten sie beide, wollten sie sich nicht; aber wenn die Wahl Friedrich träfe, wollten sie es als einen Fingerzeig Gottes ansehen und ihm folgen.

      Die verwandten und verbündeten Fürsten, bei denen unter der Hand angefragt wurde, rieten ab und warnten, sogar Moritz von Hessen, welcher als einziger für die Annahme der böhmischen Krone stimmte, sprach sich nachdrücklich dahin aus, es könne nur geschehen, bevor Ferdinand von Österreich Kaiser sei, Friedrich müsse also zunächst dazutun, daß die Kaiserwahl verschoben werde oder, falls dies nicht möglich sei, daß Ferdinand nicht gewählt werde. Der Augenblick, sich der Habsburger zu entledigen, sei jetzt da, nie würde er vielleicht wiederkehren, die ihn jetzt nicht benützten, würden die Folgen zu tragen haben.

      Unterdessen tat auch Ferdinand das Seinige, um zum Ziele zu kommen. Sowie Matthias im März, mitten aus den vergeblichen Versöhnungsversuchen mit den Böhmen heraus, gestorben war, schickte er einen seiner vertrautesten Diener, den Liechtenstein, nach Bayern und an die geistlichen Höfe, um für ihn zu werben. Der Gesandte führte eine Schrift mit, in der Ferdinands besondere Tauglichkeit zu einem römischen König und deutschen Kaiser auseinandergesetzt war, wie er nämlich vor allen anderen Fürsten mit den Tugenden der Sanftmütigkeit, Aufrichtigkeit, Holdseligkeit, Ehrbarkeit, Arbeitsamkeit, Erfahrenheit in Sprachen, Dexterität in Ratschlägen, Fazilität in Audienzen und vielen anderen ausgestattet sei. Dazu kamen mündliche Versprechungen, welche namentlich auf den Erzbischof von Trier, Lothar von Metternich, und seinen Familienanhang großen Eindruck machten, so daß dieser Fürst mit allem Nachdruck für die habsburgische Wahl eintrat. Viel schwieriger war es für Ferdinand, den Vetter von Bayern auf seine Seite zu bringen, der sogar, wenn er wollte, als ein Nebenbuhler und Mitbewerber auftreten konnte; denn diesem konnte er nicht, wie dem Metternich, ein halbes Hunderttausend Gulden oder ein Gütlein anbieten, sondern mußte um vieles tiefer in die Tasche greifen, die noch dazu leer war. Mit einem guten Einfall trug sich Ferdinand schon seit längerer Zeit: daß er nämlich das schöne, einträgliche Land Oberösterreich an Maximilian, der schon ein Auge darauf geworfen hatte, verpfänden könne, indem er sich damit zugleich, da es wegen der Religion in vollem Aufruhr war, einer Sorge und Arbeit entledigte. Wenn er dann später mit Maximilians Hilfe Kaiser geworden wäre und Böhmen wieder unterworfen hätte, würde es ihm nicht an Mitteln fehlen, das Pfand wieder einzulösen, indem die Konfiskationen der Rebellengüter seine Kasse reichlich füllen würden. Dies Projekt mußte allerdings in großer Heimlichkeit betrieben werden, denn die oberösterreichischen Stände, die nichts von der bayrischen Herrschaft wissen wollten, hätten es gegen ihn ausnützen können, wenn sie vor der Zeit davon erführen. Auf einen eigenhändigen Brief Ferdinands, in dem er Maximilian an ihre alte Freundschaft mahnte und ihn aufforderte, den Bund der Jugend neuerdings zu gegenseitigem Flor und Prosperieren zu bekräftigen, antwortete dieser, er wolle zunächst Oberösterreich als Pfand annehmen, sei auch bereit, Ferdinand in der böhmischen Sache zu helfen, wenn er sich dadurch auch Feinde im Reich machte, es müßten aber zuvor noch einige Punkte festgesetzt werden, über die er sich schriftlich nicht auslassen könne. Was die Kaiserwahl anbelange, so wolle er, Maximilian, sich ihm darin nicht in den Weg stellen.

      Den in Heilbronn tagenden Abgeordneten der Union redete Pfalz zu, daß die Kaiserwahl, wenn denn schon die Habsburger in diesem Turnier wieder siegen sollten, wenigstens verschoben werden sollte, damit das Vikariat länger dauerte und der böhmische Streit vorher zur Entscheidung käme. Indessen namentlich die Städte äußerten sich dahin, daß sie eine längere Vakanz nicht gern sähen und daß, wenn denn an einen evangelischen Freier für die Krone nicht zu denken wäre, das Haus Habsburg sich immerhin durch die lange Gewohnheit empföhle. Auch eine Unterstützung von Kurpfalz in der böhmischen Sache lehnten die Städte ab, weil sie sich in die Fürstenhändel nicht mischen wollten, bei denen sie doch nur um das Ihrige kämen. Bei diesem üblen Stande der Dinge wurde durch den Herzog von Zweibrücken, dessen Bruder im Dienste des schwedischen Königs stand, auf diesen als auf einen heroischen jungen Fürsten hingewiesen, der, wenn er in den Bund einträte, wohl in der Lage wäre, die evangelische Sache tüchtig zu sekundieren. Derselbe habe im Kampfe mit den Moskowitern und Polen ausnehmenden Kriegsverstand und Tapferkeit gezeigt, dabei auch jene Mäßigung an den Tag gelegt, die die Größe des wahren Staatsmannes ausmache. Er, der Herzog, habe kürzlich in einem Flugblatt gelesen, wie eine Weissagung des berühmten kaiserlichen Astronomen Tycho de Brahe, die derselbe beim Erscheinen des Kometen im Jahre 1572 von sich gegeben habe, auf den König Gustav Adolf bezogen werde, daß nämlich, um die in jenem Jahre verübten Greuel der Bartholomäusnacht zu rächen, ein Held im Norden erscheinen und nach zweimal dreißig Jahren untergehen werde.

      Des weiteren erzählte der Herzog von Zweibrücken, daß ihm soeben Bericht von einer wunderbaren Begebenheit aus Schweden gekommen sei: Der junge König habe sich mit seinem Kanzler, dem durch seine Weisheit und Gelehrsamkeit bekannten Grafen Oxenstierna, in einem königlichen Schlosse aufgehalten, als am späten Abend Feuer ausgebrochen sei und nach Art dieses höllischen Elementes rasch um sich gegriffen habe, so daß alsbald das ganze Gebäude lichterloh gebrannt habe. Die beiden Herren hätten miteinander bei der Arbeit gesessen und der König daneben auf der Laute geklimpert, sie hätten keinen unzeitigen Schrecken gespürt, sondern sich schnurstracks aus dem Fenster geschwungen, wobei der König seinem Kanzler noch hilfreich beigestanden hätte. Nachdem sie so dem Feuer entronnen wären, hätten sie noch durch den Burggraben waten müssen, der voll Schmutz und Wasser gewesen sei, so daß es ihnen fast an den Hals gestiegen wäre, und als sie drüben angekommen wären, hätte der König auf sich selbst gescholten, weil er die Laute, die er bei der Flucht unwillkürlich in der Hand behalten, über sich zu heben vergessen hätte und sie nun durch die Nässe verdorben sei. Der Kanzler hätte einen Schnupfen davongetragen, der König aber sei ganz unversehrt geblieben, worüber die Prediger in Schweden viel gepredigt hätten, und auch sein, des Herzogs von Zweibrücken, Hofprediger hätte sich fein auf der Kanzel ausgelassen, wie der protestantische Held nunmehr durch Feuer und Wasser gegangen sei, um erprobt und geläutert, gleichsam als ein Erzengel, den abgöttischen katholischen Drachen zu zertreten.

      Trotz des großen Eindrucks, den diese Berichte von dem jungen Schwedenkönig machten, fehlte es nicht an Bedenken gegen ein etwaiges Bündnis: so wollten die Städte gehört haben, daß der König statt mit gutem gemünztem Gelde mit Kupfer zu zahlen pflege, weil dies schlechte Metall in den schwedischen Bergen überflüssig zu finden sei; bemerkten auch, daß Bündnisse mit auswärtigen Potentaten nach der Goldenen Bulle verboten seien und also zwiespältig und skrupulös zu unternehmen wären. Die Fürsten wollten sich darauf weniger einlassen, deuteten aber an, daß der König von Schweden zur Zeit noch mit Moskowitern und Polen engagiert sei, auch mit dem König von Dänemark überquer stehen solle, mit dem man es, als mit einem schwerreichen, gewalttätigen Monarchen, der mit vielen Reichsfürsten verschwägert und selbst Reichsglied sei, nicht verderben dürfe. Inzwischen wollte man den jungen Herrn von Schweden nicht aus den Augen lassen und empfahl dem Herzog von Zweibrücken wie auch dem Landgrafen Moritz von Hessen, welche beide zu seiner Verwandtschaft gehörten, ein gutes Vernehmen mit ihm zu erhalten.

      Ungehindert wurde nun die Kaiserwahl ausgeschrieben, und Ferdinand begab sich, nachdem er mit vieler Mühe und nachdrücklichen Pressuren das nötige Geld zusammengeborgt hatte, prächtig ausgerüstet nach Frankfurt. Gleichzeitig schleppte sich über die nach Frankfurt führende Landstraße ein schwerer, mit vier Pferden bespannter und von vielen Bewaffneten geleiteter Wagen, in welchem sich nebst zwei Offizieren und zwei Ratspersonen eine auf 140 000 Gulden geschätzte Krone befand. Diesen bedeutungsvollen vergoldeten Wagen zu sehen, war überall ein großes Zusammenlaufen des Volkes, und in Rotenburg, wo die Kutsche bei einbrechender Dunkelheit einzog, fiel es müßigen Leuten ein, zu ihrer festlichen Begrüßung Raketen abzubrennen, welche gerade vor den Füßen der Pferde platzten und zischend in die Luft fuhren.


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