Die berühmtesten Dramen von Henrik Ibsen. Henrik Ibsen

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Die berühmtesten Dramen von Henrik Ibsen - Henrik Ibsen


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Welt keins von den Ausrufungszeichen! Setzen Sie lieber noch ein paar Stück hinzu! Schön, schön; adieu so lange, adieu, adieu!

      Gegenseitige Verabschiedung auf dem Wege zur Tür; ab.

      Hovstadt. Er kann uns ein unbezahlbarer, nützlicher Mann werden.

      Aslaksen. Ja, solange er sich nur an die Geschichte mit der Badeanstalt halten wollte. Wenn er aber weiter geht, so ist es nicht ratsam, mit ihm gemeinsame Sache zu machen.

      Hovstadt. Hm, das kommt doch drauf an –

      Billing. Sie sind aber auch verflucht ängstlich, Aslaksen.

      Aslaksen. Ängstlich? Ja, wenn es sich um die lokalen Machthaber handelt, dann bin ich ängstlich, Herr Billing. Ich will Ihnen was sagen, – das habe ich in der Schule der Erfahrung gelernt. Aber stellen Sie mich mal vor die hohe Politik, ja selbst vor die Opposition gegen die Regierung, und dann sehen Sie zu, ob ich ängstlich bin.

      Billing. Nein, dann gewiß nicht. Aber das ist ja gerade der Widerspruch in Ihnen.

      Aslaksen. Ich bin ein Mann von Gewissen – das ist die Geschichte. Fährt man gegen die Regierung los, so tut man wenigstens der Gesellschaft keinen Schaden; denn die Leute kümmern sich darum nicht, sehen Sie, – die stehen doch fest. Aber die lokalen Behörden, die können gestürzt werden, und dann kommt vielleicht die Ignoranz ans Ruder zum unersetzlichen Schaden der Hausbesitzer und andrer Leute.

      Hovstadt. Aber die Erziehung des Bürgers durch die Selbstverwaltung, – an die denken Sie wohl nicht?

      Aslaksen. Wenn man ein bißchen was vor sich gebracht hat, das erhalten sein will, so kann man nicht an alles denken, Herr Hovstad.

      Hovstadt. Dann möchte ich nie was vor mich bringen!

      Billing. Hört – Hört!

      Aslaksen lächelt. Hm. Zeigt auf das Pult. Auf dem Redakteursstuhl da hat vor Ihnen der Stiftsamtmann Stensgård gesessen.

      Billing spuckt aus. Pfui! So ein Überläufer!

      Hovstadt. Ich bin keine Wetterfahne – und werde es auch niemals sein.

      Aslaksen. Ein Politiker soll sich nie zum Schwur vermessen –, Herr Hovstad. Und Sie, Herr Billing, sollten, meine ich, zur Stunde auch Ihre Segel ein bißchen streichen; denn Sie haben sich ja um den Sekretärposten beim Magistrat beworben.

      Billing. Ich –!

      Hovstadt. Sie, Billing?!

      Billing. Na ja doch, – aber zum Teufel, Sie können sich doch wohl denken, daß es nur geschieht, um die wohlweisen Herren zu ärgern.

      Aslaksen. Das kann mir ja ganz egal sein. Wenn man mich aber der Feigheit beschuldigt und des Widerspruchs in meinem Verhalten, so möchte ich doch dies eine betonen: des Buchdruckers Aslaksen politische Vergangenheit liegt offen vor aller Welt da. Ich habe keine andere Wandlung durchgemacht, als daß ich gemäßigter geworden bin, sehen Sie. Mein Herz ist nach wie vor bei dem Volke; aber ich leugne nicht, daß mein Verstand etwas zu den Machthabern hinüberneigt, – wohlgemerkt: zu den lokalen. Ab in die Druckerei.

      Billing. Wollen wir nicht zusehen, ihn loszuwerden, Hovstad?

      Hovstadt. Wissen Sie sonst wen, der uns Satz, Druck und Papier kreditiert?

      Billing. Verdammte Geschichte, daß wir nicht das nötige Betriebskapital haben.

      Hovstadt setzt sich an das Pult. Ja, hätten wir das nur, so –

      Billing. Wenn Sie sich mal an Doktor Stockmann wendeten?

      Hovstadt blättert in den Papieren. Ach, was sollte das für einen Zweck haben? Der hat ja selber nichts.

      Billing. Nein; aber er hat einen guten Hintermann, den alten Morten Kiil, – den »Dachs«, wie sie ihn nennen.

      Hovstadt schreibt. Wissen Sie denn so sicher, daß der etwas hat?

      Billing. Gott verdamm' mich, das wird er doch!? Und ein Teil davon muß doch wohl an die Familie Stockmann fallen. Er muß doch wohl an eine Aussteuer – wenigstens für die Kinder denken.

      Hovstadt dreht sich halb um. Rechnen Sie darauf?

      Billing. Rechnen? Ich rechne selbstverständlich auf nichts.

      Hovstadt. Da tun Sie recht dran. Und auf den Posten beim Magistrat sollten Sie schon gar nicht rechnen; denn ich kann Ihnen versichern, – Sie bekommen ihn nicht.

      Billing. Glauben Sie denn, daß ich das nicht sehr gut weiß? Und es ist mir gerade recht, daß ich ihn nicht bekomme! Solch eine Zurücksetzung feuert den Kampfesmut an; – man erhält sozusagen eine Zufuhr von frischer Galle, und das tut einem wirklich not in solch einem Krähwinkel wie hier, wo so selten etwas wirklich Aufregendes passiert.

      Hovstadt schreibt. O ja, – o ja.

      Billing. Na, – die sollen bald von mir hören! – Ich gehe jetzt hinein und schreibe den Aufruf an die Hausbesitzer. Ab in das Zimmer rechts.

      Hovstadt sitzt am Pult, kaut am Federhalter und sagt langsam: Hm – ja, so wird es gehen. – Es klopft. Herein!

      Petra kommt durch die Tür im Hintergrunde links.

      Hovstadt steht auf. Sie sind es? Sie geben uns die Ehre?

      Petra. Ja, Sie müssen entschuldigen –

      Hovstadt rückt einen Lehnstuhl vor. Wollen Sie nicht Platz nehmen?

      Petra. Nein, danke sehr; ich gehe gleich wieder.

      Hovstadt. Kommen Sie vielleicht in Ihres Herrn Vaters Sache –?

      Petra. Nein, in eigener Sache. Nimmt ein Buch aus der Manteltasche. Hier ist die englische Erzählung.

      Hovstadt. Warum geben Sie sie zurück?

      Petra. Weil ich sie nicht übersetzen will.

      Hovstadt. Aber Sie haben mir doch so fest versprochen –

      Petra. Ja, damals hatte ich sie noch nicht gelesen. Und Sie haben sie wohl auch nicht gelesen?

      Hovstadt. Nein; Sie wissen ja; ich verstehe kein englisch; aber –

      Petra. Nun wohl; und deshalb möchte ich Ihnen sagen, daß Sie sich nach etwas anderem umsehen müssen. Legt das Buch auf den Tisch. Das da paßt durchaus nicht für den »Volksboten«.

      Hovstadt. Weshalb nicht?

      Petra. Weil die Erzählung durchaus im Widerspruch mit Ihren eigenen Ansichten steht.

      Hovstadt. Na, wenn es weiter nichts ist –

      Petra. Sie verstehen mich wohl nicht. Sie handelt davon, wie eine überirdische Macht die Wege der sogenannten guten Menschen hier auf Erden leitet und schließlich alles zu ihrem Besten lenkt, – und daß die sogenannten schlechten Menschen ihre Strafe kriegen.

      Hovstadt. Ja, aber das ist doch wunderhübsch. So etwas wollen die Leute ja gerade haben.

      Petra. Wollen Sie denn der Mann sein, der den Leuten so etwas gibt? Selber glauben Sie doch kein Wort davon. Sie wissen ja sehr gut, daß es in der Wirklichkeit nicht so zugeht.

      Hovstadt. Da haben Sie vollkommen recht; aber ein Redakteur kann nicht immer handeln, wie er am liebsten möchte. In minder wichtigen Dingen muß er sich oft den Anschauungen der Leute fügen. Die Politik ist ja doch die Hauptsache im Leben – oder wenigstens für eine Zeitung; und sollen die Leute mir folgen zur Freiheit und zum Fortschritt, so darf ich sie nicht abschrecken. Wenn sie so eine moralische Erzählung unten im Erdgeschoß der Zeitung finden, so gehen sie williger auf das ein, was wir über dem Strich drucken; – sie werden dadurch gewissermaßen sicherer.

      Petra. Pfui; so heimtückisch gehen Sie also hin und legen Ihren Lesern Schlingen; Sie sind doch keine Spinne.

      Hovstadt lächelt. Ich danke Ihnen für Ihre gute Meinung. Nein, es ist allerdings auch nur Billings Gedankengang, und nicht der meine.

      Petra.


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