Die berühmtesten Dramen von Henrik Ibsen. Henrik Ibsen

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Die berühmtesten Dramen von Henrik Ibsen - Henrik Ibsen


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Und berechnete nicht sein Publikum.

       (Er grüßt und geht. Es fällt ein unsicheres Schweigen über die Menge.)

      (Pfingstabend. Im Hochwald.)

      (In einiger Entfernung, auf einem Stück Rodeland, eine Hütte mit Rentiergehörn über der Tür.) (Peer Gynt kriecht im Gehölz umher und sammelt wilde Zwiebeln.)

      Peer Gynt.

       Dies hier ist ein Standpunkt.Wie wohl gestaltet

       Sich’s weiter? – Prüft alles, und das Beste behaltet! –

       So hab’ ich’s gemacht, – hoch droben von Cäsar

       Bis herunter zum Grasfresser Nebukadnezar.

       So sollt’ ich nun doch durch die Bibel, zum Trutz! –

       Der Graukopf sucht wieder an Mutters Brust Schutz. –

       Von Erde, so heißt’s ja auch, bist du kommen. –

       Nur immer die Wampe recht voll genommen, –

       Das ist’s. Von Zwiebeln! Das wär’ kein Segen; –

       Ich will lieber schlau sein und Schlingen legen.

       Hier ist Wasser im Bach; ich werd’ nicht verschmachten;

       Als Tier bin ich immer noch fürstlich zu achten.

       Soll ich sterben einst, – und dem entrinn’ ich wohl kaum, –

       So kriech’ ich unter ‘nen windbrochnen Baum,

       Und deck’ mich zu, wie ein Bär, mit Blättern

       Und ritz’ in die Rinde mit riesigen Lettern:

       Hier ruht Peer Gynt, des Landes Zier,

       Kaiser von all dem andern Getier. –

       Kaiser?

       (Lacht innerlich.)

       Noch immer das alte Geliebel!

       Du bist kein Kaiser; du bist eine Zwiebel.

       Jetzt will ich dich einmal schälen, mein Peer!

       Es hilft dir nichts, stöhnst du auch noch so sehr.

       (Nimmt eine Zwiebel und pflückt Haut um Haut ab.)

       Da liegt die äußre, zerfetzte Schicht; –

       Der Gescheiterte, der um sein Leben ficht.

       Die Passagierhaut hier, dünn wie ein Sieb, –

       Hat doch im Geschmack von Peer Gynt einen Hieb.

       Hier ist das Goldgräber-Ich; – fahr hin!

       Der Saft ist weg, – war je einer drin.

       Dies Dickfell hier, mit dem Zipfel für zwei, –

       Ist der Pelzjäger an der Hudsonsbai.

       Dies gleicht einer Krone hier; – hat sich was –!

       Dem geben wir ohne weitres den Paß.

       Hier der Altertumsforscher, kurz aber kräftig,

       Und hier der Prophete, frisch und vollsäftig.

       Er stinkt von Lügen, wie’s in der Schrift heißt;

       Ein Duft, der ein ehrlich Mannsaug’ wie Gift beißt.

       Dies Blatt hier, das weichlich am Finger klebt,

       Ist der Herr, der herrlich und in Freuden gelebt.

       Das nächste scheint krank. Es hat schwarze Schwielen; –

       Schwarz kann auf Neger wie Pfaffen zielen.

       (Pflückt mehrere auf einmal ab.)

       Das hört ja nicht auf! Immer Schicht noch um Schicht!

       Kommt denn der Kern nun nicht endlich ans Licht?!

       (Zerpflückt die ganze Zwiebel.)

       Bis zum innersten Innern, – da schau’ mir einer! –

       Bloß Häute, – nur immer kleiner und kleiner. –

       Die Natur ist witzig!

       (Wirft den Rest fort.)

       Verdammtes Gegrübel!

       Geht eins in Gedanken, gerät’s ihm oft übel.

       Na,ich kann ja nichts an Haltung verlieren;

       Dennich lieg’ ja grundfest auf allen Vieren

       (Kraut sich im Nacken.)

       Wunderlich kommt mir dies Welttreiben vor!

       Das Leben, wie’s heißt, hat ‘nen Fuchs hinterm Ohr.

       Doch greift einer zu, verzieht sich der Schuft,

       Und man fängt etwas andres – oder leere Luft.

       (Er ist in die Nähe der Hütte gekommen, bemerkt sie und stutzt.)

       Diese Hütte? Im Kiefernwald –! Hm!

       (Reibt sich die Augen.)

       Mir ist just,

       Als hätt’ ich einmal um dies Bauwerk gewußt. –

       Der Rentierkopf, der von der Tür herab glänzt – –!

       Ein Meerweib, vom Nabel an fischgeschwänzt –!

       Lüge! Kein Meerweib! – Nägel, – Planken, –

       Schloß wider tückische Koboldgedanken –!

      Solvejg (singt in der Hütte.)

       Nun ist hier zur Pfingstfeier alles bereit.

       Lieber Junge mein, in der Ferne, –

       Bist Du noch weit?

       Dein Werk, das harte,

       Schaff’s nur gemach; –

       Ich warte, ich warte,

       Wie ich Dir’s versprach.

      Peer Gynt (erhebt sich still und totenbleich.)

       Eine, die Treue hielt, – und einer, der vergaß.

       Einer, der ein Leben verspielt, – und eine, die wartend saß.

       O, Ernst! – Und nimmer kehrt sich das um!

       O, Angst! –Hier war mein Kaisertum!

       (In den Wald hinein ab.)

      (Nacht. Kiefernwald.)

      (Ein Waldbrand hat gewütet. Verkohlte Baumstämme meilenweit. Weiße Nebel hier und dort über dem Waldboden.) (Peer Gynt kommt durch den Wald gehastet.)

      Peer Gynt.

       Asche, Nebel, Wolken Staubes, –

       Bauherr, schwing den Zauberstab!

       Über Pesthauch faulen Laubes

       Wölb’ ein übertünchtes Grab!

       Dunst, Traum, totgeboren Wissen –

       Damit sei der Grund umrissen,

       Drüber sich der Turm der Lüge

       Stein um Stein zusammenfüge.

       Flucht vor Ernst und Scheu vor Buße

       Prahl’ von ihm mit frechem Gruße

       Allen Richtungen der Rose:

       Dies schuf Peter Gynt, der Große!

       (Lauscht.)

       Welch ein Weinen – wie von Kindern –?

       Welch ein neuer Spuk und Greuel –?

       Und am Boden rollen Knäuel –!

       (Stößt mit dem Fuß danach.)

       Wollt Ihr mich am Gehen hindern?

      Die Knäuel.

       Wir sind Gedanken;

       Hast Du gedacht uns,

       Tanzen auf schlanken

       Füßen gemacht uns?

      Peer Gynt


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