Die wichtigen Werke von Arthur Schopenhauer. Arthur Schopenhauer

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Die wichtigen Werke von Arthur Schopenhauer - Arthur Schopenhauer


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ist entweder ein ruhender Zustand, auf den der Begriff der Kausalität, welcher nur bei Veränderungen Bedeutung hat, gar keine Anwendung findet, oder es ist eine abwechselnde Succession gleichnamiger, sich bedingender Zustände, zu deren Erklärung die einfache Kausalität vollkommen ausreicht. Ein Beispiel der erstem Art giebt die durch gleiche Gewichte in Ruhe gebrachte Waagschaale: hier ist gar kein Wirken, denn hier ist keine Veränderung: es ist ruhender Zustand: die Schwere strebt, gleichmäßig vertheilt, wie in jedem im Schwerpunkt unterstützten Körper, kann aber ihre Kraft durch keine Wirkung äußern. Daß die Wegnahme des einen Gewichtes einen zweiten Zustand giebt, der sogleich Ursache des dritten, des Sinkens der andern Schaale, wird, geschieht nach dem einfachen Gesetz der Ursache und Wirkung und bedarf keiner besondern Kategorie des Verstandes, auch nicht ein Mal einer besondern Benennung. Ein Beispiel der andern Art ist das Fortbrennen eines Feuers. Die Verbindung des Oxygens mit dem brennbaren Körper ist Ursache der Wärme, und diese ist wieder Ursache des erneuerten Eintritts jener chemischen Verbindung. Aber dieses ist nichts Anderes, als eine Kette von Ursachen und Wirkungen, deren Glieder jedoch abwechselnd gleichnamig sind: das Brennen A bewirkt freie Wärme B, diese ein neues Brennen C (d.h. eine neue Wirkung, die mit der Ursache A gleichnamig, nicht aber individuell die selbe ist), dies eine neue Wärme D (welche mit der Wirkung B nicht real identisch, sondern nur dem Begriffe nach die selbe, d.h. mit ihr gleichnamig ist) und so immer fort. Ein artiges Beispiel Dessen, was man im gemeinen Leben Wechselwirkung nennt, liefert eine von Humboldt (Ansichten der Natur, zweite Auflage, Bd. 2, S. 79) gegebene Theorie der Wüsten. Nämlich in Sandwüsten regnet es nicht, wohl aber auf den sie begrenzenden waldigen Bergen. Nicht die Anziehung der Berge auf die Wolken ist die Ursache; sondern die von der Sandebene aufsteigende Säule erhitzter Luft hindert die Dunstbläschen sich zu zersetzen und treibt die Wolken in die Höhe. Auf dem Gebirge ist der senkrecht steigende Luftstrohm schwächer, die Wolken senken sich und der Niederschlag erfolgt in der kühlem Luft. So stehn Mangel an Regen und Pflanzenlosigkeit der Wüste in Wechselwirkung: es regnet nicht, weil die erhitzte Sandfläche mehr Wärme ausstrahlt; die Wüste wird nicht zur Steppe oder Grasflur, weil es nicht regnet. Aber offenbar haben wir hier wieder nur, wie im obigen Beispiel, eine Succession gleichnamiger Ursachen und Wirkungen, und durchaus nichts von der einfachen Kausalität wesentlich Verschiedenes. Eben so verhält es sich mit dem Schwingen des Pendels, ja, auch mit der Selbsterhaltung des organischen Körpers, bei welcher ebenfalls jeder Zustand einen neuen herbeiführt, der mit dem, von welchem er selbst bewirkt wurde, der Art nach der selbe, individuell aber ein neuer ist: nur ist hier die Sache komplicirter, indem die Kette nicht mehr aus Gliedern von zwei, sondern aus Gliedern von vielen Arten besteht, so daß ein gleichnamiges Glied, erst nachdem mehrere andere dazwischengetreten, wiederkehrt. Aber immer sehn wir nur eine Anwendung des einzigen und einfachen Gesetzes der Kausalität vor uns, welches der Folge der Zustände die Regel giebt, nicht aber irgend etwas, das durch eine neue und besondere Funktion des Verstandes gefaßt werden müßte.

      Oder wollte man etwan gar als Beleg des Begriffs der Wechselwirkung anführen, daß Wirkung und Gegenwirkung sich gleich sind? Dies liegt aber eben in Dem, was ich so sehr urgire und in der Abhandlung über den Satz vom Grunde ausführlich dargethan habe, daß die Ursache und die Wirkung nicht zwei Körper, sondern zwei sich succedirende Zustände von Körpern sind, folglich jeder der beiden Zustände auch alle betheiligten Körper implicirt, die Wirkung also, d. i. der neu eintretende Zustand, z.B. beim Stoß, sich auf beide Körper in gleichem Verhältniß erstreckt: so sehr daher der gestoßene Körper verändert wird, eben so sehr wird es der stoßende (jeder im Verhältniß seiner Masse und Geschwindigkeit). Beliebt es, dieses Wechselwirkung zu nennen; so ist eben durchaus jede Wirkung Wechselwirkung, und es tritt deswegen kein neuer Begriff und noch weniger eine neue Funktion des Verstandes dafür ein, sondern wir haben nur ein überflüssiges Synonym der Kausalität. Diese Ansicht aber spricht Kant unbedachtsamerweise geradezu aus, in den »Metaphysischen Anfangsgründen der Naturwissenschaft«, wo der Beweis des vierten Lehrsatzes der Mechanik anhebt: »Alle äußere Wirkung in der Welt ist Wechselwirkung«. Wie sollen dann für einfache Kausalität und für Wechselwirkung verschiedene Funktionen a priori im Verstande liegen, ja, sogar die reale Succession der Dinge nur mittelst der erstem, und das Zugleichseyn derselben nur mittelst der letzteren möglich und erkennbar seyn? Danach wäre, wenn alle Wirkung Wechselwirkung ist, auch Succession und Simultaneität das Selbe, mithin Alles in der Welt zugleich. – Gäbe es wahre Wechselwirkung, dann wäre auch das perpetuum mobile möglich und sogar a priori gewiß: vielmehr aber liegt der Behauptung, daß es unmöglich sei, die Ueberzeugung a priori zum Grunde, daß es keine wahre Wechselwirkung und keine Verstandesform für eine solche giebt.

      Auch Aristoteles leugnet die Wechselwirkung im eigentlichen Sinn: denn er bemerkt, daß zwar zwei Dinge wechselseitig Ursache von einander seyn können, aber nur so, daß man es von jedem in einem andern Sinne versteht, z.B. das eine auf das andere als Motiv, dieses auf jenes aber als Ursache seiner Bewegung wirkt. Nämlich wir finden an zwei Stellen die selben Worte: Physic., Lib. II, c. 3, und Metaph., Lib. V, c. 2. Esti de tina kai allêlôn aitia; hoion to ponein aition tês euexias, kai hautê tou ponein; all' ou ton auton tropon, alla to men hôs telos, to de hôs archê kinêseôs. (Sunt praeterea quae sibi sunt mutuo causae, ut exercitium bonae habitudinis, et haec exercitii: at non eodem modo, sed haec ut finis, illud ut principium motus.) Nähme er noch außerdem eine eigentliche Wechselwirkung an, so würde er sie hier aufführen, da er an beiden Stellen beschäftigt ist, sämmtliche mögliche Arten von Ursachen aufzuzählen. In den Analyt. post., Lib. II, c. 11, spricht er von einem Kreislauf der Ursachen und Wirkungen, aber nicht von einer Wechselwirkung.

      4) Die Kategorien der Modalität haben vor allen übrigen den Vorzug, daß Das, was durch jede derselben ausgedrückt wird, der Urtheilsform, von der es abgeleitet ist, doch wirklich entspricht; was bei den andern Kategorien fast gar nicht der Fall ist, indem sie meistens mit dem willkürlichsten Zwange aus den Urtheilsformen herausdeducirt sind.

      Daß also die Begriffe des Möglichen, Wirklichen und Nothwendigen es sind, welche die problematische, assertorische und apodiktische Form des Urtheils veranlassen, ist vollkommen wahr. Daß aber jene Begriffe besondere, ursprüngliche und nicht weiter abzuleitende Erkenntnißformen des Verstandes wären, ist nicht wahr. Vielmehr stammen sie aus der einzigen ursprünglichen und daher a priori uns bewußten Form alles Erkennens her, aus dem Satze vom Grunde, und zwar unmittelbar aus diesem die Erkenntniß der Nothwendigkeit; hingegen erst indem auf diese die Reflexion angewandt wird, entstehn die Begriffe von Zufälligkeit, Möglichkeit, Unmöglichkeit, Wirklichkeit. Alle diese urständen daher keineswegs aus einer Geisteskraft, dem Verstande, sondern entstehn durch den Konflikt des abstrakten Erkennens mit dem intuitiven, wie man sogleich sehn wird.

      Ich behaupte, daß Nothwendigseyn und Folge aus einem gegebenen Grunde seyn, durchaus Wechselbegriffe und völlig identisch sind. Als nothwendig können wir nimmermehr etwas erkennen, ja nur denken, als sofern wir es als Folge eines gegebenen Grundes ansehn: und weiter als diese Abhängigkeit, dieses Ge setztseyn durch ein Anderes und dieses unausbleibliche Folgen aus ihm, enthält der Begriff der Nothwendigkeit schlechthin nichts. Er entsteht und besteht also einzig und allein durch Anwendung des Satzes vom Grunde. Daher giebt es, gemäß den verschiedenen Gestaltungen dieses Satzes, ein physisch Nothwendiges (der Wirkung aus der Ursache), ein logisch (durch den Erkenntnißgrund, in analytischen Urtheilen, Schlüssen u.s.w.), ein mathematisch (nach dem Seynsgrunde in Raum und Zeit), und endlich ein praktisch Nothwendiges, womit wir nicht etwan das Bestimmtseyn durch einen angeblichen kategorischen Imperativ, sondern die, bei gegebenem empirischen Charakter, nach vorliegenden Motiven nothwendig eintretende Handlung bezeichnen wollen. – Alles Nothwendige ist es aber nur relativ, nämlich unter der Voraussetzung des Grundes, aus dem es folgt: daher ist absolute Nothwendigkeit ein Widerspruch. – Im Uebrigen verweise ich auf § 49 der Abhandlung über den Satz vom Grunde.

      Das kontradiktorische Gegentheil, d.h. die Verneinung der Nothwendigkeit ist die Zufälligkeit. Der Inhalt dieses Begriffs ist daher negativ, nämlich weiter nichts als dieses: Mangel der durch den Satz vom Grunde ausgedrückten Verbindung. Folglich ist auch das Zufällige immer nur relativ: nämlich in Beziehung auf etwas, das nicht sein Grund ist, ist es ein solches. Jedes Objekt, von welcher Art es auch sei, z.B. jede Begebenheit in der wirklichen Welt, ist allemal nothwendig


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