Gesammelte Werke (Über 150 Titel in einem Band). Rosa Luxemburg

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Gesammelte Werke (Über 150 Titel in einem Band) - Rosa Luxemburg


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besteht das Entwicklungsgesetz des Kapitals darin, daß das konstante Kapital schneller wächst als das variable, d.h., ein immer größerer Teil der sich neu bildenden Kapitalien wendet sich der Produktionsmittel erzeugenden Abteilung der gesellschaftlichen Produktion zu. Folglich wächst diese Abteilung notwendigerweise schneller als die Konsumtionsmittel erzeugende Abteilung, d.h., es tritt gerade das ein, was Sismondi als 'unmöglich', 'gefährlich' usw. hinstellte. Folglich nehmen die Produkte der individuellen Konsumtion in der Gesamtmasse der kapitalistischen Produktion einen immer geringeren Platz ein. Und das entspricht völlig der historischen 'Mission' des Kapitalismus und seiner spezifischen sozialen Struktur: die erste besteht gerade in der Entwicklung der Produktivkräfte der Gesellschaft (Produktion für die Produktion); die zweite schließt ihre Utilisation durch die Masse der Bevölkerung aus." 180

      Was das Tugansche "Grundgesetz" betrifft, so erklärt es Kautsky für bloßen Schein, der sich deshalb ergäbe, weil Tugan-Baranowski nur die Gestaltung der Produktion in den alten Ländern der kapitalistischen Großindustrie ins Auge fasse: "Es ist richtig", sagt Kautsky, "daß die Zahl der Produktionsstätten, in denen die Produkte direkt für den persönlichen Konsum fertiggemacht werden, mit fortschreitender Arbeitsteilung verhältnismäßig immer mehr sinkt gegenüber den anderen Produktionsstätten, die jenen und einander Werkzeuge, Maschinen, Rohmaterialien, Transportmittel usw. liefern. Während in der ursprünglichen Bauernwirtschaft der Flachs von dem Betrieb, der ihn gewann, auch mit eigenen Werkzeugen verarbeitet und für den menschlichen Verbrauch fertiggemacht wurde, sind jetzt vielleicht Hunderte von Betrieben an der Herstellung eines Hemds beteiligt, an der Herstellung der Rohbaumwolle, der Produktion der Eisenschienen, Lokomotiven und Waggons, die sie nach dem Hafen bringen" usw. "Bei der internationalen Arbeitsteilung kommt es dahin, daß einzelne Länder - die alten Industrieländer - ihre Produktion zum persönlichen Konsum nur noch langsam ausdehnen können, während die Produktion von Produktionsmitteln bei ihnen noch rasche Fortschritte macht und für den Pulsgang ihres ökonomischen Lebens viel bestimmender wird als die der Produktion von Konsumtionsmitteln. Wer die Sache nur vom Standpunkt der betreffenden Nation ansieht, kommt dann leicht zur Ansicht, die Produktion von Produktionsmitteln könne dauernd rascher wachsen als die von Konsumtionsmitteln, sie sei an diese nicht gebunden."

      Letzteres, d.h. die Ansicht, als sei die Produktion von Produktionsmitteln von der Konsumtion unabhängig, ist natürlich eine vulgärökonomische Luftspiegelung Tugan-Baranowskis. Nicht so die Tatsache, mit der er diesen Trugschluß begründen will: das raschere Wachstum der Abteilung der Produktionsmittel im Vergleich zu derjenigen der Konsumtionsmittel. Diese Tatsache läßt sich gar nicht bestreiten, und zwar nicht bloß für alte Industrieländer, sondern überall, wo technischer Fortschritt die Produktion beherrscht. Auf ihr beruht auch das Marxsche Fundamentalgesetz vom tendenziellen Fall der Profitrate. Aber trotzdem oder gerade deshalb ist es ein großer Irrtum, wenn Bulgakow, Iljin und Tugan-Baranowski wähnen, in diesem Gesetz das spezifische Wesen der kapitalistischen Wirtschaft als einer, für die Produktion Selbstzweck, menschliche Konsumtion bloß Nebensache sei, entschleiert zu haben.

      Ausgedrückt in der Zusammensetzung des gesellschaftlichen Produkts, kann dieser technische Umschwung nur bedeuten, daß die Produktion von Produktionsmitteln in der sozialistischen Gesellschaft - an Arbeitszeit gemessen - noch unvergleichlich rascher anwachsen muß im Vergleich zur Produktion von Konsummitteln als heute. Und so stellt sich das Verhältnis der beiden Abteilungen der gesellschaftlichen Produktion, in dem die russischen Marxisten einen spezifischen Ausdruck der kapitalistischen Verworrenheit, der Mißachtung für die menschlichen Konsumtionsbedürfnisse gepackt zu haben wähnten, vielmehr als der genaue Ausdruck der fortschreitenden Beherrschung der Natur durch die gesellschaftliche Arbeit heraus, ein Ausdruck, der am ausgeprägtesten just dann hervortreten müßte, wenn die


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