Die schwarze Tulpe. Alexandre Dumas

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Die schwarze Tulpe - Alexandre Dumas


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      »Ihr kennt mich, guter Freund, ich bin Johann, von Witt, und so eben im Begriffe, meinen Bruder in die Verbannung zu führen, habt dennoch die Gefälligkeit und öffnet uns das Thor.«

      »O, mein guter, theurer Herr,« rief der Alte, die Hände ringend,« es ist mir unmöglich, mir wurde der Schlüssel abgenommen.«

      »Wann?«

      »Heut Morgen.«

      »Von wem?«

      »Von einem jungen, blassen und hagern Manne.«

      »Und warum ließt Ihr Euch denselben nehmen?«

      »Weil mir jener einen gesiegelten und gefertigten Befehl vorwies.«

      »Wer war unterschrieben?«

      »Die Herren vom Hoogstreet

      »Dann,« sagte Cornelius, der bisher einen stummen Beobachter abgegeben hatte, »sind wir, aller Wahrscheinlichkeit nach, verloren.«

      »Weißt Du nicht, ob diese Vorsicht an allen Thoren getroffen wurde?«

      »Das weiß ich wirklich nicht.«

      »Wohlan, denn,« sprach Johann, sich zu dem Kutscher wendend, »fahre fort, suche ein anderes Thor; in erreichen, Gott und unsere erhabene Religion gebieten uns, keinen Weg zur Rettung des Lebens unbenützt vorbeigehen zu lassen;« dann sich an dem Pförtner wendend, drückte er diesem herzlich die Hand:

      »Ich danke Dir für den guten Willen, mit den Du uns retten wolltest, ich nehme ihn für das Werk selbst und betrachte es von Deiner Seite als gelungen.«

      »Armer Herr,« rief der Angeredete, während diesen Worten unverwandt den Blick auf die vor ihm liegende Hauptstraße gerichtet, »da, da seht nur.«

      Er wies mit der ausgestreckten Hand aus einen entgegengesetzten Punkt der Gasse hin.

      Dieser Punkt bestand aus zehn bis zwölf Menschen, die in eine einzige, die ganze Breite der Straße sperrende Linie aufgelöst, den Bräuer an der Spitze, sich langsam und bedächtig dem Wagen näherten.

      »Fahre an dieser Gruppe im Galopp vorbei,« befahl Johann, »und lenke dann links in die breite Straße ein, das ist unsere einzig mögliche Rettung.«

      Die so eben beschriebenen Leute, hatten durch die Art ihres Vorrückens, und ihre nur flüchtige Bewaffnung mit Stöcken unbezweifelbar feindliche Absichten. In dem Augenblicke aber, wo sie die Pferde im vollen Galopp herankommen sahen, drängten sie sich mehr in der Mitte zusammen.

      »Aufhalten, aufhalten!« schrien Alle zugleich, ihre Stöcke hoch in der Luft schwingend.

      Der Kutscher hatte kaltblütig den Zeitpunkt abgewartet, wo er, in der Nähe der Angreifenden angelangt, sich mit der Peitsche vertheidigen konnte. Bald pfiff dieses in geübter Hand wohl zu fürchtende Instrument sausend über den Köpfen, und wenige Minuten nachher ertönten Angst- und Schmerzensrufe der Getroffenen, weithin durch die sonst ganz ruhige Gegend.

      Aber trotzdem versuchte es noch immer ein Theil, den Wagen aufzuhalten. Ein einzelner starker Mann griff nach dem Zügel des einen Pferdes.

      Die Brüder in den Wagen ganz eingeschlossen, hörten mehr, als sie sehen konnten. Einen Augenblick schien die dahinrollende Maschine zu wanken, dann hielt sie, gleichsam an irgend ein Hinderniß treffend, still, und bewegte sich endlich über einen erhabenen zähen Gegenstand weiter, der eben so gut der Leichnam eines Menschen, wie irgend eine im Wege liegende Pfütze sein konnte. Verwünschungen und Fluche folgten ihm.

      »Ich fürchte, daß wir ein Verbrechen begangen haben,« sprach Cornelius.

      »Im Galopp i« rief Johann dem Kutscher zu.

      Aber trotz dieses erhaltenen Befehles hielt der Wagen mit einem Male still.

      »Was gibt es wieder?i« fragte Johann.

      »Seht dahin,« antwortete der Kutscher, mit seiner Peitsche gerade vorwärts zeigend.

      Johann sah hinaus.

      Die ganze unübersehbare Volksmenge vom Buytenhoff erschien an der Einmündung zweier Hauptstraßen, Kopf an Kopf gereiht, mit wuth- und zornentbrannten Mienen.

      »Halt an, und, rette Dich,« rief Johann dem Kutscher zu, »es weite nutzlos, weiter zu fahren, wir sind verloren.«

      »Da, da, da sind Sie,« schrie der ganze wüthende unmenschliche Chor.

      »Ja, ja, das sind Sie, antwortete zu gleicher Zeit die dem Wagen nacheilende, nunmehr durch das Geschrei ihrer Kameraden bedeutend vergrößerte Menschenmenge, auf ihren Armen den blutenden Leichnam eines zerquetschten Mannes tragend.

      »Haltet Sie auf, die Verräther, die Mörder.«

      Der Leichnam gehörte dem an, der den Pferden in die Zügel gefallen, von ihnen niedergerissen, und durch den Wagen überfahren worden war.

      Der Kutscher hielt regungslos still, ohne den ihm zur eigenen Rettung gegebenen Wink seines Herrn zu benützen.

      In wenigen Secunden war der Wagen von allen Seiten umringt, von einer unabsehbaren, wogenden und vorwärtsdrängenden Menschenmenge.

      Wenn man dies Schauspiel von der ferne betrachtete, so glaubte man, in den aufgeregten Wellen eines breiten Flußes, irgend einen Nachen von unsicherer Hand geführt schaukeln zu sehen.

      Die jungen, kräftigen Pferde, durch das ungewohnte Geräusch scheu gemacht, versuchten es, sich mit einem Satze Bahn zu brechen. Aber plötzlich stürzte eines derselben nieder. Der Zentnerschwere eiserne Hammer eines Schmiedes, von starker Hand geschwungen, hatte ihm mit einem einzigen Hiebe den Kopf gespalten.

      Das andere Pferd gleichsam vorn Instincte getrieben, blieb ruhig sehen.

      Es war dies gleichsam das Vorspiel eines wohle durchdachten und meisterhaft ausgearbeiteten blutigen Dramas.

      In der Gasse, und gerade in dem Augenblicke, wo diese Scene vorfiel, öffnete sich in dem ersten Stocke eines dem Auftritte zunächst liegenden Hauses, ein bisher verschlossener Fensterladen, und hinter den zerbrochenen, schmutzigen Glasfenstern gewahrte man das bleifarbene Antlitz des jungen Mannes.

      Hinter ihm erschien der Kopf des Obristen eben so blaß, ernst und düster.

      Mein Gott, mein Gott, gnädigster Herr, was wird da noch geschehen.«

      Wahrscheinlich irgend etwas Unerhörtes, etwas Gräßliches.«

      »O, seht nur, seht nur, Hoheit, da ziehen sie eben den edlen Johann aus dem Wagen, sie ziehen, sie schlagen und treten ihn.«

      »Wahrlich, diese Leute müssen sich den größten haß des Pöbels zugezogen haben,« erwiderte der Blasse mit demselben gleichgültigen Tone, ohne die geringste Regung eines Mitleids oder Abscheues in seinen Mienen zu zeigen.

      »Da seht, seht, seht reißt die wüthende Menge Cornelius aus dem Wagen, den Mann, der durch Folter schon verstümmelt ist, o seht doch, seht nur!«

      »Ja, ich sehe, das ist Cornelius

      Der Oberst stieß einen schwachen Schrei aus, und wendete den Kopf ab.

      Er hatte ein furchtbares ein gräßliches Schauspiel gesehen, seine menschliche Natur sträubte sich dagegen, es weiter zu verfolgen.«

      Kaum hatte der Ruart de Pulten, noch mit dem einen Fuße den Boden berührt, als ein mit einer schweren eisernen Stange gegen seinen Kopf geführter Schlag, ihm die Hirnschale zerschmetterte.

      Er stürzte nieder.

      Aber gleichsam, als wolle die ihm inne wohnende unendliche, hohe, geistige Kraft noch ein einziges Mal sich in ihrer ganzen Macht und Größe zeigen, erhob sich der schon beinahe todte Körper, richtete sich stolz empor, sein vom Blute überströmtes Auge blickte kühn die vor diesem schauderhaften Bilde scheu zurückbebende Menge an, dann sank er zusammen, um nie wieder zu erstehen.

      Die


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