GABALs großer Methodenkoffer. Walter Simon
Читать онлайн книгу.den Trichter durchgezogen wird, ist eine denkbare, theoretisch mögliche Zukunftssituation. Dabei kommt man auf hundert oder tausend verschiedene Szenarien. Soll man sie alle berücksichtigen?
Kriterien für Szenarien
Normalerweise reicht der Entwurf von zwei Szenarien für die Unternehmensplanung völlig aus. Diese Szenarien müssen dabei folgende Kriterien erfüllen:
Die einzelnen Entwicklungen dürfen sich innerhalb eines Szenarios nicht aufheben.
Jedes Szenario sollte möglichst stabil sein, also nicht bei kleineren Veränderungen zusammenbrechen.
Zwischen den beiden letztlich ausgewählten Szenarien sollte ein möglichst großer Unterschied sein. Sie sollten sich entlang der Ränder des Trichters entwickeln.
Drei Typen von Szenarien
Einige Experten entwickeln dagegen drei Typen von Szenarien:
1. ein positives Extremszenario: Es bezeichnet die günstigstmögliche Zukunftsentwicklung (Best Case).
2. ein negatives Extremszenario: Es bezeichnet den schlechtestmöglichen Entwicklungsverlauf (Worst Case).
3. ein Trend-Szenario: Es beinhaltet die Fortschreibung der heutigen Situation in die Zukunft.
Trend-Szenario
Unter Fachleuten ist es umstritten, ob das letztgenannte TrendSzenario tatsächlich erstellt werden soll. Einige Szenariotechniker empfehlen, dies zu unterlassen. Sie meinen, dass die reale Entwicklung nicht zwangsläufig in Richtung des Trend-Szenarios verläuft. Zwar wird bei Abweichungen meist schnell ein Sündenbock gefunden, zum Beispiel die Politik, der Wettbewerb oder die letzte interne Umorganisation, aber das eigentliche Problem wird nicht gelöst. Darum sollte man sich auf zwei Szenarien konzentrieren, die stabil sind und sich voneinander deutlich unterscheiden.
Störereignisse einbeziehen
Die Szenariotechnik versucht, plötzlich auftretende Ereignisse, auch Störereignisse genannt, in die Entwicklung einzubeziehen. Eine wichtige Rolle spielen hierbei die Präventivmaßnahmen. Mit diesen Maßnahmen kann man einerseits versuchen, das Störereignis zu verhindern. Ist dies nicht möglich oder sinnvoll, kann sich das Unternehmen andererseits auch mittels entsprechender Vorkehrungen auf das Eintreten des Störereignisses vorbereiten.
2.3 Anwendung der Szenariotechnik
Strukturiertes Vorgehen
Die Szenariotechnik erfordert ein strukturiertes Vorgehen. Planung und Durchführung erfolgen im Team. Der Prozess besteht aus mehreren Schritten. Im nachfolgenden Modell sind es acht. Es gibt zwar begriffliche Unterschiede von Autor zu Autor hinsichtlich der Benennung der Szenariophasen, aber inhaltlich sind sie zum größten Teil identisch. Die Darstellung orientiert sich hier an der Publikation von Ute von Reibnitz.
Die acht Schritte der Szenario-Technik
Phase 1: Aufgaben- und Problemanalyse
Probleme bestimmen
Ziel dieser Phase ist es, den Untersuchungsgegenstand oder ein strategisches Geschäftsfeld zu analysieren. Dabei werden Leitbilder, Ziele und Strategien nach ihrer Wichtigkeit bewertet. Anschließend erfolgt eine Stärken-Schwächen-Analyse. Mit ihr will man erkennen, welche Probleme vorliegen und kurz-, mittel- und langfristig zu lösen sind.
Zeithorizonte festlegen
Als Problem gilt ein unbefriedigender Sachverhalt, der als dringend lösungsbedürftig angesehen wird. Darauf folgend werden unterschiedliche Lösungsansätze diskutiert. Als Nächstes werden die Zeithorizonte für die Szenarien festgelegt. Meistens ist das der Zeitraum, den man benötigt, um eine Innovation zu entwickeln und zu vermarkten. Entsprechend sind zum Teil mehrjährige Zeitpuffer hinzuzurechnen.
Phase 2: Einflussanalyse
Einflussbereiche identifizieren
Nunmehr sind jene Bereiche zu identifizieren, die auf das Untersuchungsfeld einwirken. In der Regel sind dies Wirtschaft, Technologie, Absatzmärkte, Umwelt, Gesetzgebung und Gesellschaft. Der Einflussbereich Gesellschaft kann sich untergliedern in diese oder andere Bereiche: Arbeitslosigkeit, Einkommensverteilung und Einstellung zum Umweltschutz.
Nachdem die Einflussbereiche durch die entsprechenden Einflussfaktoren beschrieben sind, kann man bewerten, wie stark jeder Bereich die anderen Bereiche beeinflusst bzw. von ihnen beeinflusst wird.
Phase 3: Deskriptorenanalyse
Deskriptoren auswählen
Um die Entwicklungsdynamik der Einflussfaktoren beschreiben zu können, sind so genannte Deskriptoren bzw. „Kenngrößen“ zu bestimmen. Es sind quantitative und qualitative Deskriptoren zu unterscheiden:
Quantitative Deskriptoren sind direkt messbar und damit meist einfacher zu erheben. Beispiel: Ständige Wohnbevölkerung
Qualitative Deskriptoren müssen erst quantifiziert werden (wodurch sie nicht zu quantitativen werden!) und sind eherschwierig messbar. Beispiel: Einstellung der Bevölkerung zum Thema „Windenergie“ (positiv, neutral, negativ).
Für jeden einzelnen Faktor werden nun anhand der Deskriptoren Trendprojektionen nach den Zeithorizonten kurz-, mittelund langfristig vorgenommen.
Phase 4: Alternativenbündelung
Alternativen gegenüberstellen
Diese Phase befasst sich mit der Entwicklung verschiedener Alternativen bzw. Szenarien. Die Alternativen werden gebündelt, indem jeweils für alle Faktoren ein positiver und ein negativer Entwicklungstrend gefunden wird. Sie werden einander gegenübergestellt und es wird dabei überprüft, ob sich die Alternativen vertragen oder nicht.
Stabile Szenarien auswählen
Danach werden solche Szenarien ausgewählt, die eine größtmögliche Konsistenz und interne Stabilität aufweisen. Zuletzt erfolgt die Auswahl von zwei Szenarien, die möglichst unterschiedlich sind.
Phase 5: Szenario-Interpretationen
Szenarien bezeichnen
Den Interpretationen der Szenarien kommt eine große Bedeutung zu. Die Extremszenarien werden zur besseren Charakterisierung mit Titeln versehen, zum Beispiel:
progressives und konservatives Szenario
Haben- und Sein-Szenario
Ökologie- und Ökonomie-Szenario
Harmonie- und Disharmonie-Szenario
optimistisches und pessimistisches Szenario
Kontinuitäts- und Diskontinuitäts-Szenario
Phase 6: Konsequenzanalyse
Chancen und Risiken ableiten
Auf