Sammelband 7 Schicksalsromane: Von ihren Tränen wusste niemand und andere Romane. A. F. Morland
Читать онлайн книгу.ja, die Befunde sehen bestechend aus“, gab der Bankier zu.
,,Nun kannst du doch nicht länger dagegen sein, dass ich mit Claus ein Kind habe. Es wird nichts passieren.“
„Eine hundertprozentige Sicherheit kann man nie haben“, entgegnete Horst Bachmann. „Auch Dr. Seeberg und seine Kollegen, vor denen ich größte Hochachtung und Respekt habe, können nicht garantieren, dass bei dir Schwangerschaft und Geburt völlig komplikationslos verlaufen werden. Sie können es annehmen, auf Grund der erstellten Befunde hoffen, aber ...“
Petra sah ihren Vater entsetzt an. Ihr Herz raste. „Aber?“
„Hast du dir schon mal klargemacht, dass Ärzte auch nur Menschen sind?“
„Was willst du damit sagen?“, fragte Petra spröde.
„Menschen machen Fehler, irren sich hin und wieder. Aus diesem Grund kann ich das Untersuchungsergebnis nicht anerkennen, tut mir Leid. Ich bleibe dabei, dass eine Schwangerschaft zu riskant für dich ist, und ich kann meinen Appell an deinen Mann, vernünftig zu sein, also den Intellekt und nicht das Herz sprechen zu lassen, nur mit Nachdruck erneuern.“
Petra konnte nicht glauben, was sie hörte. „Das – das ist nicht wahr, das kann nicht sein, das kann sich doch nur um einen furchtbaren Alptraum handeln!“ Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Sie starrte ihren Mann an. „Warum sagst du nichts, Claus? So sag doch was! Auf wessen Seite stehst du? Das will ich endlich wissen!“
Claus hasste es, zwischen den Fronten zu stehen, er wollte nicht Partei ergreifen. „Wie mir scheint, reicht dieser eine Abend zur Klärung der unterschiedlichen Standpunkte nicht.“ Mit dieser dünnen Bemerkung versuchte er sich aus der Affäre zu ziehen.
„Du möchtest Kinder – genau wie ich!“, stieß Petra leidenschaftlich hervor. „Das hast du selbst gesagt.“
„Niemand hat etwas dagegen, dass ihr Kinder habt“, sagte Horst Bachmann mit fester Stimme. „Aber müssen es denn unbedingt eigene Kinder sein? Ihr könnte doch jederzeit welche adoptieren. Dabei würde ich euch sogar gern helfen.“
„Ich brauche keine Kinder zu adoptieren, wenn ich jederzeit eigene Kinder haben kann, Papa!“, schrie Petra außer sich vor Wut und Enttäuschung. „Ich habe Dr. Kayser gefragt – ich war in der Seeberg-Klinik! Alle Ärzte sind der einhelligen Meinung, dass ich geradezu dafür geschaffen bin, Mutter zu werden. Ich habe das gebärfreudigste Becken von der Welt. Wie kannst du dich dieser von fähigen Medizinern bestätigten Tatsache so störrisch verschließen? So viele Ärzte können sich unmöglich irren. Begreifst du das denn nicht? Was soll ich denn noch beibringen? Ein Mutterschaftszertifikat vom Papst?“
„Werde nicht unsachlich, Petra!“, wies der Bankier seine Tochter scharf zurecht. Sein Blick richtete sich auf Claus. Er sagte nichts, aber seine Augen sprachen Bände.
Sie sagten: Ich verlasse mich wie bisher auf dich, mein Junge. Wenn du weiterhin nicht nur mein Schwiegersohn, sondern auch mein Freund und meine rechte Hand in der Bank bleiben willst, erfüllst du deiner Frau ihren gefährlichen Wunsch nicht. Es wäre nicht klug von dir, dich meinem Willen zu widersetzen. Du kennst meine Einstellung: Wer nicht für mich ist, ist gegen mich, und wer gegen mich ist, muss aus einem verdammt harten Holz geschnitzt sein, um beruflich zu überleben. Du kennst meine Methoden, weißt, wie ich meine Feinde fertigmache. Erlaube dir ja nicht, dich gegen mich zu stellen, denn du bist nicht hart genug, um das zu überstehen. Kein Kind für Petra! Hast du mich verstanden? Kein Kind für Petra!
Claus verstand ihn. Er schlug die Augen nieder und wusste, dass er den Mut nicht aufbringen würde, sich dem Willen des Schwiegervaters zu widersetzen.
Ein Kind mit Petra wäre etwas Wunderschönes gewesen, aber Claus Praetorius hatte auch noch andere Interessen, die er nicht außer Acht lassen durfte.
Ein Kind mit Petra war nicht alles. Ein Mann hat auch noch einen Beruf und eine Karriere, an die er denken muss. Horst Bachmann hatte ihn in der Hand.
Er konnte nicht einfach tun, was Petra wollte, wenn ihr Vater dagegen war. Sie hätte das einsehen sollen, aber sie war genauso uneinsichtig wie ihr Vater. Da prallten zwei harte Dickschädel aufeinander, und zwar so kräftig, dass die Funken sprühten. Jetzt brauchte nur noch ein Pulverfass in der Nähe zu sein, dann war die Katastrophe perfekt.
„Kind!“, sagte der Bankier eindringlich, um einen versöhnlichen Ton bemüht. „Deine Urgroßmutter, deine Großmutter und deine Mutter ...“
„Ach, fang doch nicht wieder damit an!“, stieß Petra unbeherrscht hervor.
„Sie sind tot.“
„Wer weiß, woran sie gestorben sind!“
„Ich will nicht, dass du dich schuldig fühlst, Petra, aber – ihre Kinder haben sie umgebracht. Warum bist du so versessen darauf, zu sterben?“
„Ich werde nicht sterben. Jedenfalls nicht an einem Kind.“
Eine unangenehme Situation für Claus Praetorius. Er stand zwischen den Fronten. Wie auch immer er sich entschied, es war eine Entscheidung entweder gegen seine Frau oder gegen seinen Schwiegervater.
Er wollte das eine so wenig wie das andere, aber eine andere praktikable Alternative gab es nicht. Claus fühlte sich innerlich zerrissen.
Sein Herz wollte sich für Petra entscheiden, sein Verstand für ihren Vater. Sein Innerstes war in Aufruhr. Er hätte am Liebsten die Augen geschlossen, sich an einen anderen Ort gedacht und all die schwierigen Probleme vergessen.
Petra forderte ihn aggressiv auf, keine Memme zu sein, sondern sich offen zu ihr zu bekennen und sich über den unsinnigen Willen ihres Vaters hinwegzusetzen.
Er sah sie hilflos und verzweifelt an. Bitte, lass mich aus dem Spiel, flehten seine Blicke. Petra liebte ihn, aber in diesem furchtbaren Moment war sie nahe daran, ihn zu verachten.
„Ich habe alles, wirklich alles getan, um dich zu überzeugen, Papa“, wandte sie sich noch einmal an ihren Vater. „Nie im Leben hätte ich gedacht, dass du so verbohrt bist.“
„Wir sollten dieses Thema heute ein für allemal beenden“, erwiderte der Bankier kühl.
Petra starrte ihn zornig an. „Du kannst Claus verbieten, mir ein Kind zu machen, Papa, aber du kannst mir nicht verbieten, ein Kind zu haben!“, fauchte sie trotzig.
Horst Bachmann zog die Augenbrauen zusammen. „Was soll das heißen? Was willst du damit sagen, Petra?“
Sie blieb ihm die Antwort schuldig, wirbelte auf den Absätzen herum und rannte aus dem Zimmer.
An diesem Abend sperrte Petra ihren Ehemann aus dem gemeinsamen Schlafgemach aus. Er musste die Nacht in einem der Gästezimmer verbringen, und die Luft war am darauffolgenden Morgen noch immer nicht rein. Es herrschte eine ungute Atmosphäre, die prall gefüllt war mit mühsam unterdrücktem Zorn, grimmigem Trotz, aggressiver Gereiztheit und kaum verdeckter Feindseligkeit.
15
Kaum wusste Dr. Yvonne Wismath, dass ein dienstfreies Wochenende vor ihr lag, da war es von ihrem Freund Walter Schmidt auch schon verplant.
„Wir machen eine Fahrt ins Blaue“, sagte er. „Einverstanden?“
„Was