Sammelband 7 Schicksalsromane: Von ihren Tränen wusste niemand und andere Romane. A. F. Morland

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Sammelband 7 Schicksalsromane: Von ihren Tränen wusste niemand und andere Romane - A. F. Morland


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warten“, gab Gabriel ernst zurück.

      „Warum muss das warten?“, fragte Jochen verständnislos. Er mochte Marina Albrecht sehr, hatte sie in sein Herz geschlossen. Wenn Gabriel nicht sein Bruder gewesen wäre, hätte er nicht gezögert, sich um sie ganz intensiv zu bemühen. Aber so war sie - leider - tabu für ihn.

      „Ich möchte Marina etwas bieten, wenn wir verheiratet sind“, sagte Gabriel. „Dazu fehlt mir im Moment aber noch das Geld. Unser Geschäft geht zwar recht gut, aber es wirft noch nicht so viel ab, dass ich eine größere Wohnung kaufen könnte. Oder vielleicht gar ein kleines Häuschen.“

      „Hast du keine Angst, dass ein anderer sie dir wegschnappt?“, fragte Jochen. unbedingt ihre Dienste in Anspruch

      „Marina liebt mich genauso sehr wie ich sie“, sagte Gabriel felsenfest überzeugt. „Andere Männer interessieren sie nicht.“

      „Sie wird sich eines Tages fragen: Warum macht er mir keinen Heiratsantrag? Liebt er mich vielleicht doch nicht genug, um diesen entscheidenden Schritt zu wagen?“

      Gabriel schüttelte unwillig den Kopf. „Du redest Unsinn.“

      „Bist du sicher?“

      ”He was hast du vor?“, fragte Gabriel ein wenig ärgerlich. „Willst du mich in eine Ehe drängen, für die ich die erforderlichen Voraussetzungen noch nicht geschaffen habe? Lass den Dingen Zeit zum Reifen, okay? Ich werde Marina zur gegebenen Zeit schon fragen, ob sie meine Frau werden will, und ich bin sicher, dass sie mir keinen Korb geben wird.“

      Er drehte sich um und ging ins Lager, und Jochen hörte ihn dort drinnen seinen neuen Text zum alten Drafi-Deutscher-Song singen: „Hörst du, wie Herz heut’ schlägt? - Bumbum. Bumbum. Liebe ist’s, die es bewegt. Bumbum. Bumbum ...“

      5

      Marina Albrecht nahm ihren Termin wahr. Der dicke Fernseh-Tycoon zeigte ihr die Villa, die sie für ihn ausstatten sollte. Er hatte nur einige wenige Wünsche, die sie berücksichtigen sollte. Ansonsten durfte sie nach eigenem Gutdünken schalten und walten. Sie hatte das Haus eines seiner Freunde eingerichtet, und das hatte ihm so gut gefallen, dass er sie umgehend angerufen und ihr gesagt hatte, dass er unbedingt ihre Dienste in Anspruch nehmen wolle.

      Sie hielt seine Wünsche auf einem Notizblock fest, machte ihm diverse Vorschläge, und jene, mit denen er einverstanden war, schrieb sie ebenfalls auf.

      „Sie haben drei Monate Zeit“, sagte er, als sie sich vor der Villa verabschiedeten. „Machen Sie aus diesem Kasten ein schmuckes, behagliches Heim. Die Leute, die bei mir zu Gast sein werden, wohnen alle in Prachthäusern, und ich möchte, dass sie von hier beeindruckt nach Hause gehen.“

      „Ich hoffe, ich kann Sie zufriedenstellen“, sagte Marina.

      „Ich bin sicher, das wird Ihnen gelingen“, sagte der dicke Mann absolut zuversichtlich. „Ich habe gesehen, was Sie zu leisten imstande sind. Was immer Sie sich einfallen lassen, es wird mir gefallen.“ Er holte die Wagenschlüssel aus seiner Hosentasche und drückte auf einen Knopf des Schlüsselanhängers, worauf sich die Zentralverriegelung des Fahrzeugs öffnete. „Wie geht es Ihrer Schwester?“

      „Sie ist in Paris“, gab Marina zur Antwort.

      „Das weiß ich. Fühlt sie sich wohl in der Stadt an der Seine?“

      „Ich denke schon. Sie lässt in letzter Zeit nicht allzu viel von sich hören. Das kann man als gutes Zeichen werten.“ Marina und Margot waren im Wesen sehr unterschiedlich, deshalb hatten sie sich auch nicht allzu gut verstanden, bevor Margot nach Frankreich gegangen war, und Marina wünschte sich, dass ihre Schwester recht lange in Paris blieb.

      „Wird sie in Frankreich ihren Beruf ausüben?“, erkundigte sich der Fernsehzar.

      Marina nickte. „Das hat sie vor.“

      „Wie kommt sie mit der Sprache klar?“

      „Sie spricht sie schon fast fließend.“

      Der dicke Mann lachte. „Vielleicht wird sie eine zweite Romy Schneider.“

      „Ja, vielleicht“, sagte Marina. Sie wussten beide, dass Margot in Wahrheit nicht das Talent dazu hatte.

      Der Dicke stieg in seinen Wagen. Marina begab sich zu ihrem BMW. Sie fuhren gleichzeitig los, aber nach einigen hundert Metern trennten sich ihre Wege.

      Als sie zu Hause ankam, stand ein Taxi vor dem Nachbarhaus, und Ingolf Stumph stieg gerade aus. Groß, schlank, unwahrscheinlich braun. Er war drei Wochen in Kenia gewesen. Der Taxifahrer trug ihm sein Gepäck vor die Haustür, bedankte sich für das Trinkgeld, das Ingolf ihm gab, kehrte zu seinem Fahrzeug zurück und fuhr davon.

      Marina stoppte ihren mitternachtsblauen Wagen vor dem weißen Garagentor. Als sie ausstieg, winkte der Nachbar ihr. Er war zehn Jahre älter als sie - ein begehrter Junggeselle.

      Marina fand ihn attraktiv, aber ein schöner Mann war er nicht, dafür waren seine Nase zu groß und sein Mund zu breit. Sie winkte zurück.

      „Wie war’s in Kenia?“, fragte Marina.

      „Super“, gab Ingolf Stumph zurück. Er entstammte einer reichen Familie, hatte ein Vermögen geerbt und dieses mit klugen Investmentgeschäften nahezu verdoppelt.

      „Hast du dich gut erholt?“, erkundigte sich Marina.

      Er breitete die Arme aus. „Sieht man das nicht?“

      „Du bist unverschämt braun“, stellte Marina fest.

      „Wenn ich wieder verreise, frage ich dich, ob du mitkommen möchtest.“ Marina hob die Hand.

      „Wir sehen uns.“

      „Augenblick noch!“, rief Ingolf Stumph.

      „Ja?“

      „Ich hab dir etwas mitgebracht!“

      „Du? Mir? Warum? Wozu?“

      Er antwortete nicht, bückte sich, öffnete seine Reisetasche, kramte kurz darin herum, fand, was ersuchte, richtete sich auf und kam zu der niedrigen Ligusterhecke, die die Grundstücke optisch trennte.

      Er hielt etwas in seiner Hand, das in kenianisches Zeitungspapier gewickelt war. Jetzt schälte er den Gegenstand aus dem unansehnlichen Papier, und ein hübscher handgeschnitzter Elefant aus Ebenholz kam zum Vorschein. Marina sammelte Elefanten - jede Größe, jede Form, jedes Material. Sie mussten nur ein Kriterium erfüllen: ihre Rüssel mussten erhoben sein, denn nur dann (wie abergläubisch) brachten sie Glück.

      „Für deine Sammlung“, sagte der sympathische Nachbar lächelnd. „Ich habe dabei zugesehen, wie er angefertigt wurde.“

      „Danke.“ Marina nahm das pechschwarz glänzende Holztier in Empfang.

      „Ich hoffe, er gefällt dir.“

      „Er ist wunderschön.“

      „Sein Rüssel zeigt nach oben.“

      „Ja.“

      „Sonst hätte ich ihn nicht gekauft“, sagte Ingolf Stumph.

      „Er bekommt in meinem Zimmer einen Ehrenplatz.“


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