Alles, was Sie über Trading wissen müssen. Александр Элдер
Читать онлайн книгу.das und sie haben kein Interesse.
Chartmuster geben die Ausschläge der Massenpsychologie an den Finanzmärkten wieder. Jeder Handelstag ist eine Schlacht zwischen Bullen, die bei steigenden Preisen Geld verdienen, und Bären, die von sinkenden Preisen profitieren. Ziel eines ernsthaften Technischen Analysten ist es, das Machtgleichgewicht zwischen Bullen und Bären zu ermitteln und auf diejenige Gruppe zu setzen, die gewinnt. Wenn die Bullen viel stärker sind, sollte man kaufen und halten. Wenn die Bären viel stärker sind, sollte man verkaufen und shorten. Sind beide Lager etwa gleich stark, hält sich ein kluger Trader heraus. Er lässt die Bullen und die Bären gegeneinander kämpfen und steigt in einen Trade erst dann ein, wenn er ziemlich sicher zu wissen glaubt, welche Seite wahrscheinlich gewinnen wird.
Kurs und Volumen spiegeln zusammen mit den Indikatoren, die sie verfolgen, das Verhalten der Masse wider. Die Technische Analyse hat Ähnlichkeiten mit Meinungsumfragen. Beide verbinden Wissenschaft und Kunst miteinander: Zum Teil sind sie wissenschaftlich, denn sie verwenden statistische Methoden und Computer; zum Teil sind sie aber auch künstlerisch, denn bei der Interpretation der Ergebnisse setzt man persönliches Urteilsvermögen und persönliche Erfahrung ein.
Welche Wirklichkeit steht hinter Börsenkursen, Zahlen und Diagrammen? Wenn man in der Zeitung Kurse nachschaut, wenn man auf dem Bildschirm Ticks beobachtet oder wenn man einen Chart eines Indikators ausdruckt, was betrachtet man da eigentlich? Was ist der Markt, den man analysieren und an dem man handeln will?
Amateure tun so, als wäre der Markt ein gigantisches Happening, ein Mannschaftsspiel, bei dem sie sich den Profis anschließen und damit Geld verdienen können. Trader mit naturwissenschaftlichem oder technischem Hintergrund betrachten den Markt oft als physikalisches Ereignis und wenden darauf die Grundsätze der Signalverarbeitung, der Rauschunterdrückung und so weiter an. Im Gegensatz dazu wissen alle professionellen Trader sehr gut, dass der Markt eine riesige Menschenmasse ist.
Jeder Trader versucht, den anderen Geld abzunehmen, indem er besser als sie die wahrscheinliche Entwicklungsrichtung des Marktes errät. Die Masse der Marktteilnehmer lebt auf verschiedene Kontinente verteilt, aber die moderne Telekommunikation bringt sie in dem Gewinnstreben auf Kosten anderer zusammen. Der Markt ist eine riesige Menschenmasse. Jedes Mitglied dieser Masse versucht, den anderen Geld abzunehmen, indem es sie überlistet. Der Markt ist das raueste Umfeld, das man sich denken kann, denn jeder ist gegen einen und man selbst ist gegen alle anderen.
Aber der Markt ist nicht nur rau – man muss auch noch jedes Mal bezahlen, wenn man ihn betritt oder ihn verlässt. Bevor man auch nur einen Groschen einnimmt, muss man die Hürden der Gebühren und der Slippage überwinden. Sobald man eine Order aufgibt, schuldet man dem Broker eine Gebühr – man ist ab Spieleintritt im Rückstand. Die Marketmaker versuchen einem Slippage aufzuhalsen, wenn es an die Ausführung der Order geht. Und sie wollen einem noch einmal etwas abknöpfen, wenn man aussteigt. Beim Trading tritt man gegen einige der klügsten Köpfe der Welt an und muss gleichzeitig die Piranhas der Gebühren und der Slippage abwehren.
Weltweite Massen
In früheren Zeiten waren die Märkte klein und viele Marktteilnehmer kannten einander. Die New York Stock Exchange wurde 1792 von zwei Dutzend Brokern als Club gegründet. An sonnigen Tagen versammelten sie sich unter einer Amerikanischen Platane, bei schlechtem Wetter wichen sie in die „Fraunces Tavern“ aus. Sobald diese Broker die New York Stock Exchange gegründet hatten, halsten sie der Allgemeinheit fixe Gebühren auf, die 180 Jahre lang erhalten blieben.
Heutzutage sind die letzten noch verbliebenen Parketthändler bereits Auslaufmodelle. Die meisten Trader sind elektronisch mit der Börse verbunden. Da aber alle auf ihren Bildschirmen dieselben Kurse sehen und in den Finanzmedien dieselben Artikel lesen, sind sie Angehörige der Marktmasse – auch wenn sie Tausende Kilometer voneinander entfernt wohnen. Durch die moderne Telekommunikation wird die Welt immer kleiner, während die Märkte wachsen. Die Euphorie Londons schwappt nach New York hinüber und die gedrückte Stimmung in Tokio steckt Frankfurt an. Wenn man den Markt analysiert, betrachtet man Massenverhalten. Massen verhalten sich in verschiedenen Kulturen auf verschiedenen Kontinenten gleich. Sozialpsychologen haben mehrere Gesetze aufgedeckt, die für das Verhalten von Massen gelten, und als Trader muss man sie verstehen, damit man sieht, wie sich die Marktmasse auf einen auswirkt.
Gruppen, nicht Individuen
Die meisten Menschen verspüren einen starken Drang, sich der Masse anzuschließen und sich „zu verhalten wie alle anderen“. Dieser urtümliche Drang trübt das Urteilsvermögen, wenn man einen Trade platziert. Ein erfolgreicher Trader muss eigenständig denken. Er muss stark genug sein, um den Markt allein zu analysieren und seine eigenen Trading-Entscheidungen umzusetzen.
Massen sind mächtig genug, um Trends zu erzeugen. Die Masse mag nicht die hellste sein, sie ist aber stärker als jeder von uns. Widersetzen Sie sich niemals einem Trend! Zeigt der Trend nach oben, sollte man nur kaufen oder sich heraushalten. Verkaufen Sie niemals nur deshalb leer, weil „die Kurse zu hoch sind“ – streiten Sie nie mit der Menge. Man muss nicht mit den Wölfen heulen – aber man sollte sich ihnen auch nicht entgegenstellen.
Respektieren Sie die Stärke der Masse – aber fürchten Sie sie nicht. Menschenmassen sind mächtig, aber primitiv, ihr Verhalten ist simpel und wiederholt sich. Ein Trader, der eigenständig denkt, kann den Mitgliedern der Masse Geld abnehmen.
Wo das Geld herkommt
Fragen Sie sich manchmal, wo die Gewinne, die Sie erwarten, eigentlich herkommen? Befindet sich Geld im Markt, weil die Unternehmen höhere Gewinne erzielen, weil die Zinsen niedriger sind oder weil die Sojabohnenernte gut ausgefallen ist? Der einzige Grund, aus dem sich Geld im Markt befindet, ist, dass andere Trader es hineingesteckt haben. Das Geld, das Sie verdienen wollen, gehört anderen Menschen, die nicht die Absicht haben, es Ihnen zu schenken.
Traden bedeutet, dass man versucht, anderen Menschen Geld abzunehmen, während diese versuchen, es einem selbst abzunehmen – deshalb ist das solch ein hartes Geschäft. Besonders erschwert wird das Gewinnen dadurch, dass auch noch die Broker und die Parketthändler sowohl den Gewinnern als auch den Verlierern Geld abnehmen.
Tim Slater verglich das Trading mit einem mittelalterlichen Kampf. Damals ging ein Mann mit seinem Schwert auf den Kampfplatz und versuchte, seinen Gegner zu töten, der seinerseits versuchte, ihn zu töten. Der Sieger nahm die Waffen des Verlierers, seine Habe und seine Frau, und die Kinder verkaufte er als Sklaven. Heutzutage begibt man sich nicht mehr auf einen offenen Kampfplatz, sondern an eine Börse. Wenn man einem Menschen Geld abnimmt, dann ist das nicht sehr viel anders, als wenn man sein Blut vergießt. Er verliert womöglich sein Haus, seine Habe und seinen Partner und seine Kinder müssen leiden.
Ein optimistischer Freund von mir spottete einmal, auf diesem Schlachtfeld gebe es viele schlecht vorbereitete Menschen: „90 bis 95 Prozent der Broker haben nicht die geringste Ahnung von Research. Sie wissen nicht, was sie tun. Wir hingegen haben dieses Wissen und ein paar arme Leute, die es nicht haben, spenden einfach ihr Geld für einen guten Zweck.“ Diese Theorie klingt gut, aber mein Freund merkte bald, dass sie falsch ist – leicht verdientes Geld gibt es am Markt nicht.
Natürlich gibt es dort eine Menge einfältiger Schafe, die darauf warten, geschoren oder geschlachtet zu werden. Sie sind eine leichte Beute – aber wenn man ein Stückchen von ihrem Fleisch will, muss man gegen sehr gefährliche Konkurrenten ankämpfen. Es gibt fiese Profis: amerikanische Revolverhelden, englische Ritter, deutsche Landsknechte, japanische Samurai und andere Krieger, die alle hinter den gleichen unglücklichen Schafen her sind. Trading bedeutet, gegen feindselige Menschen zu kämpfen und dabei auch noch für das Vorrecht zu bezahlen, dass man in den Kampf eintreten und ihn wieder verlassen darf – egal, ob lebend, verwundet oder tot.