Atlan-Paket 16: Im Auftrag der Kosmokraten (Teil 2). Hans Kneifel
Читать онлайн книгу.Er kapselte sich wieder von seiner unmittelbaren Umgebung ab und ließ seinen Sinnen draußen in Manam-Turu freien Lauf. Das seltsame Echo aus der Gegenwart, das sich mit dem seiner verschollenen Erinnerungen vermischte, war noch immer da. Es stand unverrückbar an einer Stelle. Es war gut getarnt. Ohne die teilweise Übereinstimmung mit den Träumen der Erinnerung hätte der Erleuchtete es nie entdeckt.
Er versuchte, das Bild des Echos zu erfassen, aber es kam nur ein verschwommener Begriff zu ihm herüber.
Ver-Gu-Ray?
Der Name ergab keinen besonderen Sinn, aber er löste dennoch eine weitere Hülle der verschollenen Erinnerungen.
Der Erleuchtete sah sich in der Vergangenheit, wie er als Vergalo die Galaxis Manam-Turu verlassen wollte. Die Bilder waren unklar, und sie schienen nicht dem exakten Zeitablauf zu entsprechen. Sie blieben Fragmente, Bruchstücke, verworrene Signale.
Sein Ziel war Alkordoom, eine Galaxis, die im Gegensatz zu Manam-Turu voller Leben und damit voller Psi-Potenziale war. Die Vorbereitungen für die lange Reise waren abgeschlossen. Sein Teilplan für die ersten Schritte zum Bau EVOLOS stand fest. Er würde sich Alkordoom aus dem sicheren Hort des Zentrums untertan machen. Er würde keine direkte Macht ausüben, aber seine bevollmächtigten Diener, die Facetten, dazu bringen, ihm regelmäßig Tribute – Psi-Potenziale – zu zollen.
Er wollte abreisen, aber etwas stellte sich ihm in den Weg. Die Mächte jenseits des Diesseits hatten von seinem Plan erfahren. Aber die fürchtete er nicht, denn EVOLO würde im späten Stadium seiner Reife auch vor den Übergängen ins Jenseits nicht haltmachen.
Nach seinen Erfahrungen waren die Kosmokraten, wie sich die Mächte des Jenseits gern nennen ließen, zu selbstgefällig, um wirklich nachhaltig wirken zu können. Sie heuerten sich Helfer, Diener, Beauftragte oder Bevollmächtigte an, die jedoch nicht aus ihrer Daseinsebene stammten. Und diese Vasallen brauchte ein Vergalo nicht zu fürchten.
Aber waren es wirklich diese Kosmokraten, die ihn an der Reise nach Alkordoom hindern wollten? Er war sich nicht sicher. Da existierten mehrere Faktoren, die ihn hemmten.
Der Erleuchtete kehrte kurz in seine gedankliche Gegenwart zurück. Die Bilder der verschollenen Vergangenheit und die des aktuellen Geschehens ähnelten sich auch in diesem Punkt. Mehrere Machtfaktoren behinderten ihn auch jetzt. Und einer davon war dieser Beauftragte der Kosmokraten, der sich Atlan nannte.
Ein anderes Erinnerungsfragment drang auf ihn ein. Es lag zeitlich vor seinem Wechsel in die Kugelgalaxis Alkordoom. Ein Ritter der Tiefe, ein Knecht der Kosmokraten, stellte sich Vergalo in den Weg. Den Ritter, Hartmann vom Silberstern, konnte er besiegen, aber seine Orbiterin, ein ehemals unscheinbares Wesen, widersetzte sich allen Angriffen. Eine neue Gefahr entstand – Anima!
Diese Anima existierte noch heute! Kam von ihr das seltsame Echo aus den Fernen Manam-Turus? Nein, sagte sich der Erleuchtete. Da gab es keine Ähnlichkeit.
Seine Träume wanderten wieder zeitlich zurück an jenen Punkt, an dem er Manam-Turu verlassen wollte, um in Alkordoom das Reich der Psi-Potenziale aufzubauen. Da war auch wieder das Echo der Gegenwart. Es war nahezu identisch mit dem der Vergangenheit, das ihn an diesem Ortswechsel hindern wollte.
Die Identifizierung in den Träumen der verschollenen Erinnerungen war fast unmöglich. Er erkannte nur, dass dieser lebende Reflex aus ihm selbst herauskam. Es konnte sich also schlecht um etwas handeln, das die Kosmokraten angeheuert hatten.
Der Erleuchtete konzentrierte sich ganz auf das verwaschene Echo aus den Tiefen Manam-Turus. Und er erkannte es ...
... Verga Ray ... Ver-Gu-Ray ... Guray ...
*
Er setzte zum Sprung über den kosmischen Abgrund zwischen Manam-Turu und Alkordoom an. Er kämpfte gegen das, was sich in ihm wehrte, was hier in der Heimatgalaxis verbleiben wollte. Er ließ den Widersacher zerren und ziehen, ächzen und kämpfen, aber er gab nicht nach. Schließlich drohte ihn der Absorbierte in einer Verzweiflungstat zu übermannen. Aber Vergalo war auf diesen Fall vorbereitet.
Er sammelte blitzschnell die verbliebenen Komponenten Verga-Rays oder Ver-Gu-Rays und stieß sie ab. Sie rasten den halben Weg zurück zu einem unbedeutenden Planeten Manam-Turus, wo sie erschöpft und demoralisiert zu Boden sanken.
Vergalo war den Quälgeist in seinem Innern, den Torso des ehemaligen Verga-Rays, endgültig los. Er schenkte ihm keine Beachtung mehr und setzte seinen Weg nach Alkordoom fort.
Der Erleuchtete kehrte in die gedankliche Gegenwart zurück. Die Signale der körpereigenen Kontaktzelle spielten noch immer verrückt, aber er weigerte sich noch jetzt, auf sie einzugehen.
Guray, der Abgespaltene, der aus dem Verga-Ray Hervorgegangene, existierte also noch immer. Er hatte es oft gespürt, aber dieser Tatsache keine Bedeutung beigemessen. Er hatte es nicht glauben wollen.
Guray war unwichtig gewesen, denn der Erleuchtete wusste, dass er für ihn keinen Gegner darstellte, sondern nur ein verträumtes irregeleitetes Restwesen. Diese Ansicht musste er nun zumindest teilweise ändern.
Das Fragmentwesen galt zwar immer noch als harmlos, aber aus seinem ursprünglichen Geist stammte die Idee zum Bau EVOLOS. Es mochte damals nur Gedankenspielerei gewesen sein, aber das war nicht entscheidend. Guray oder Verga-Ray hätte nie ein Geschöpf wie EVOLO wirklich gebaut. In Guray lebte aber noch heute dieser Gedanke. Und das war der entscheidende Faktor!
EVOLO würde in der Lage sein, diese geistige Verwandtschaft zwischen sich selbst und Guray zu erkennen! Der Erleuchtete musste daher ins Kalkül ziehen, dass EVOLO sich von Guray angezogen fühlte. Er würde, sobald ihn der Trieb zu seinem Herrn befiel, von Gurays Welt angezogen werden.
Er selbst hatte sich von dieser geistigen Bindung zunächst täuschen lassen und in Guray EVOLO vermutet. Er hatte den Irrtum frühzeitig genug erkannt. Die freigelegten Erinnerungen an die Vergangenheit hatten ihm sogar geholfen, dieses vage Ziel EVOLOS zu bestimmen.
Aber es gab noch andere Zielpunkte. Das galt vor allem für Vergatsynn. Der Erleuchtete beschloss daher, seinen Aufenthaltsort nicht zu wechseln.
Er schaltete eine Verbindung zu einem kleinen Stützpunkt und beauftragte die dortige Traykon-Zentralrobotik, Wachkommandos in Richtung von Gurays Welt auszusenden, um nähere Informationen zu bekommen.
Es dauerte nicht lange, bis die ersten Berichte eingingen. Sie enthielten fraglos nur Realitäten, aber diese deckten sich nicht in allen Punkten mit den verschwommenen Erinnerungen, die jüngst im Erleuchteten freigelegt worden waren. Der Mächtige erkannte, dass seine unterbewusste Komponente ihm ein paar Streiche gespielt hatte.
Gurays Welt wurde nun Barquass genannt. Und Barquass war nichts anderes als jener Planet Verga der Vergangenheit. Die kümmerlichen Reste seines ehemaligen Völkerpartners hatten sich also auf die Heimatwelt zurückgezogen und deren Bild fast vollkommen verändert. Barquass glich nun einem eher normalen Planeten als einem Einseitendreher.
Mit dieser Erkenntnis tastete sich der Erleuchtete noch einmal nach Gurays Welt. Er ließ deren Fluidum auf sich wirken und auf seine verschütteten Erinnerungen.
Wieder tauchten Bildfragmente auf, doch diesmal waren diese deutlicher. Er sah den Ritter Hartmann vom Silberstern. Er sah Anima. Er erlebte den Kampf mit Guray noch einmal, aber er konnte ihn nicht exakt zeitlich einordnen. Für ihn zählte auch nur das Resultat, der hilflose und geschundene und von endlosen Ängsten geplagte Guray.
Nein, eine Gefahr verkörperte dieses Wesen nicht. Aber es war ein Pol, der EVOLO anziehen konnte.
Der Erleuchtete zeigte sich geduldig. Er wusste nun, dass Guray ihn mehr als alles andere fürchtete. Und das gefiel ihm.
Sein Warten wurde belohnt.
Gurays verschwommene Echos veränderten sich plötzlich. Auf Barquass geschah etwas. Der Erleuchtete streckte seine körperlosen Fühler aus, um das Geschehen zu verstehen. Er spürte Impulse Animas und Gurays. Und die eines anderen mächtigen Wesens, das sich perfekt tarnte.
Er erkannte das suchende Drängen