Perry Rhodan 420: Rätsel der Vergangenheit. Clark Darlton
Читать онлайн книгу.dass »irgendwo oder irgendwann« die Erde noch bestand. Keiner wagte, eine direkte Frage danach zu stellen.
Und Rhodan lebte, auch das stand fest.
Die TIBETA flog zu ihrem alten Standort zurück und ging erneut in Warteposition.
Sie wartete heute noch immer.
Cliff war müde und bald eingeschlafen. Er wurde erst wieder wach, als der Alarm durch das Schiff gellte. Die Summzeichen besagten einwandfrei, dass es sich nicht um Kampfalarm handelte, aber die Mannschaft war so diszipliniert, dass das keine Rolle spielte. Alarm blieb Alarm, auch wenn es sich nur um eine Übung handelte.
Es war jedoch keine Übung.
Über Interkom unterrichtete Oberst Pferlinger seine Leute: »Wir haben vor zehn Minuten einen Funkspruch erhalten, den ich Ihnen im Wortlaut vorlesen möchte. Hier der Text:
Flottenoberkommando Solares Imperium
an
Schweren Kreuzer TIBETA,
Kommandant Oberst Pferlinger.
Flaggschiff INTERSOLAR befindet sich im Anflug auf Ihre Position. Erwarten Sie den persönlichen Besuch des Großadministrators Rhodan und Atlans an Bord Ihres Schiffes,
gezeichnet:
Oberst Elas Korom-Khan
Kommandant INTERSOLAR.
Leute, ich erwarte, dass alle von Ihnen ...«
Was Pferlinger noch sagte, ging unter im plötzlich ausbrechenden Jubel der Besatzung. Cliff, der Dienst in der Funkzentrale tat, fühlte sich plötzlich von einem unbekannten Kadetten umarmt und kräftig auf die Schulter geklopft. Männer schüttelten sich die Hände, und selbst die unnahbare Hyperfunkerin Eri Phantas kassierte drei Freudenküsse, ehe sie etwas dagegen unternehmen konnte.
Rhodan lebte! Er kam an Bord der TIBETA!
Es war eine Nachricht, die von einer Sekunde zur anderen alle Zweifel beseitigte, die trotz der eingetroffenen Post noch heimlich unter der Mannschaft geschwelt hatten. Die Stunde der Offenbarung war gekommen. Bald würden alle Fragen beantwortet sein. Man würde endlich wissen, woran man war.
Nach dem Freudentaumel hatten Pferlingers Worte keine Bedeutung mehr. Er ermahnte Offiziere und Mannschaften zur Ruhe und empfahl, dass man dem Großadministrator gefasst und mit selbstverständlicher Disziplin gegenübertreten solle. Er drückte es etwa so aus: Meine Herren, zeigen Sie Rhodan Ihre Freude nur mit den Augen, nicht aber mit Armen und Beinen!
In Cliff ging eine Veränderung vor.
Er hatte Rhodan noch nie in seinem Leben persönlich gesehen, und er verspürte plötzlich ein wenig Angst, dem mächtigsten Mann des Solaren Imperiums gegenüberzutreten. Er hatte kein schlechtes Gewissen, im Gegenteil. Trotzdem hatte er Angst.
Er ahnte noch nicht, wie sehr sich seine unterbewusste Ahnung bestätigen sollte.
*
Die INTERSOLAR tauchte in das Einsteinuniversum zurück.
Neben Oberst Korom-Khan saßen Rhodan und Atlan. Sie sahen auf den Bildschirm, als die Sterne wieder sichtbar wurden und die TIBETA erschien. Der schwere Kreuzer stand bewegungslos zwischen zwei nahen Sonnen, die keine Planeten besaßen. Drei weiße Scheinwerfer zeigten an, dass alles für den angekündigten Besuch bereit war.
Vom Funkraum her kam Gucky herbeigewatschelt. Der Mausbiber trug seine Galauniform, die er bei derartigen Anlässen gern anlegte. Schulterstücke waren mit Goldrändern verziert, und auf der Brust baumelten ein paar Orden.
»Wenn du mich jetzt fragst, was die da drüben denken ...«, er deutete auf die TIBETA, »... so könnte ich dir keine Einzelheiten mitteilen, Perry. Sie freuen sich, alle ohne Ausnahme. Ich würde jeden anderen Gedankenimpuls sofort aussortieren können. Die Burschen sind also in Ordnung, darauf kannst du dich verlassen. Die Mädchen aber auch. Du wirst es also schwer haben, wenn du dir jemand aussuchen möchtest.«
Rhodan nickte, ohne den Blick vom Bildschirm zu nehmen.
»Es handelt sich mehr um einen symbolischen Akt, lieber Gucky. Ich will damit den Leuten zeigen, dass ich sie nicht vergessen habe. Wer auch immer zu uns kommen wird, die anderen wissen, dass sie noch benötigt werden. Darum geht es mir. Du wirst den richtigen Kandidaten schon finden.«
»Werden wir, werden wir«, versicherte der Mausbiber. »Wann gehen wir?«
»Es dauert nicht mehr lange«, versprach Rhodan.
Langsam näherte sich die INTERSOLAR dem viel kleineren Kugelraumer. Antigravfelder verankerten die beiden Schiffe miteinander, so dass jede Abdrift verhindert wurde. Die Kleintransmitter wurden aufeinander abgestimmt und eingeschaltet.
Rhodan hielt es für richtig, dass er nur von Atlan und Gucky begleitet wurde. Sie drei waren, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen, die Repräsentanten des Solaren Imperiums. Gucky schon allein deshalb, weil seine äußere Erscheinung zu keinerlei Missverständnissen führen konnte. Rhodan nahm ihn vor allen Dingen deshalb mit, weil er Telepath war.
Als sie im Empfangstransmitter der TIBETA erschienen, wurden sie dort von Oberst Pferlinger empfangen. Der Offizier stand steif da und grüßte, als handle es sich um eine tägliche Routinemeldung. Aber er konnte das Strahlen in den Augen nicht verbergen.
Rhodan streckte ihm die Hand entgegen.
»Ich freue mich, Oberst. Veranlassen Sie bitte, dass ich in zehn Minuten zur gesamten Mannschaft sprechen kann. Ich habe ihr wichtige Dinge mitzuteilen. Außerdem werden Sie mir gestatten, Oberst, einen Mann oder Offizier auszuwählen, der mich auf die INTERSOLAR begleitet. Wir benötigen Personal. Und zwar geschultes Personal.«
»Sir, wir haben ein Essen vorbereitet ...«
»Keine Einwände, Oberst. Ich werde das, was ich zu sagen habe, auch in der Messe von mir geben können.«
Sie lachten, und Gucky marschierte mit schnuppernder Nase voran, vorbei am Spalier der grinsenden Männer.
Dann, zehn Minuten später, erschien Rhodans Gesicht auf allen Bildschirmen der TIBETA. Er saß in der Messe, neben ihm Oberst Pferlinger und Atlan. Gucky war nirgends zu sehen.
»Ich bin glücklich, Ihr Gast zu sein«, begann Rhodan leger und ohne Formalitäten. »Ich weiß, dass Sie von einer Unzahl von Fragen bewegt werden, und ich möchte Ihnen gleich sagen, dass ich Ihnen nur auf wenige Antwort geben kann. Die Sicherheit des Sonnensystems und der Fortbestand der Menschheit erfordern gewisse Maßnahmen, von denen auch Sie nicht verschont blieben. Aber Ungewissheit ist besser als Vernichtung. Darum verschwand das Sonnensystem, und nur wenige Eingeweihte wissen, wo es geblieben ist. Aber seien Sie sicher: Es existiert weiter. Den Beweis haben Sie: Ihre Post.
Schön, hier möchte ich Ihnen eine notwendige Erklärung abgeben. Die Post wird auf der Erde von positronischen Robotern zensiert. Diese Zensur funktioniert ausgezeichnet und bewahrt alle persönlichen Geheimnisse. Lediglich Nachrichten, die nicht nach außen gelangen dürfen, werden gestrichen. Die Briefe gehen an die Absender zurück und dürfen neu geschrieben werden. Die gesamte Bevölkerung des Sonnensystems ist mit dieser positronischen Zensur einverstanden, denn Fehler können sich in jeden Brief einschleichen. Ich hoffe, auch Sie sind mit dieser notwendigen Vorsichtsmaßnahme einverstanden.
Der Postverkehr läuft über eine besonders eingerichtete Verbindungsbrücke, auf deren Erläuterung ich verzichten möchte. Selbstverständlich erfolgt für die Post, die zum Sonnensystem geht, keine Zensur. Ich kann Ihnen garantieren, dass in Zukunft die Verbindung zur Heimat nicht mehr unterbrochen wird. Aber ich habe dafür auch eine große Bitte an Sie:
Fragen Sie mich nicht, was mit dem Sonnensystem geschehen ist.
Sie wissen jetzt, dass es existiert und dass alle Ihre Angehörigen gesund sind und leben. Aber sie leben in einem Versteck, in dem sie auch die größten und mächtigsten Feinde nicht