Perry Rhodan 2986: Sonnenmord. Leo Lukas

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Perry Rhodan 2986: Sonnenmord - Leo Lukas


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ihrem bis zu dreißig Zentimeter hoch ausfahrbaren Hals saß ein dreimäuliger Kugelschädel, dessen Dreifachkinn wiederum zahlreiche Tentakelbärte entsprangen, die sich zu komplizierten Botschaften einer Knotenschrift verhedderten. Rhodan erinnerte sich vage, schon einmal mit einem Vertreter dieses Volkes zu tun gehabt zu haben. Aber er hätte nicht mehr einordnen können, wann, wo und unter welchen Umständen.

      Beneidete er deswegen seine uralten Freunde und Mitstreiter Atlan und Homer G. Adams um ein fotografisches Gedächtnis?

      Ja. Und gleich drauf wieder: nein. Perry war sehr dankbar dafür, sich nicht an alles erinnern zu können oder zu müssen, was ihm jemals widerfahren war.

      »Gibt's inzwischen Neues bezüglich dieser seltsamen Halbraum-Fahne, die allen vier Raumgefährten anhaftet?«, fragte er den onryonischen Kommandanten.

      *

      »Meine Bordwissenschaftler«, antwortete Tropar Lendellec, »sind gerade hektisch dabei, ihre früheren Theorien zu verfeinern beziehungsweise vorschnelle Annahmen zu korrigieren.«

      »In welche Richtung?«

      »Eventuell – ich betone, dass dies eine Spekulation ist, die von der bisherigen Faktenlage nur mangelhaft unterfüttert wird – könnte der Schleuder- oder peitschenschlagartige Beschleunigungs-Effekt, mittels dessen die so unterschiedlichen Wracks gleichzeitig an diesen Ort versetzt wurden, zu einem gewissen Teil auf der Opferung von Vitalenergie, ergo auch ÜBSEF-Konstanten beruht haben.«

      »Was zumindest erklären würde, weshalb keine biologischen Überreste mehr auffindbar sind. Außer ...«

      »... im Schiff der Zikkurer-Drills, ja.«

      »Erlaube mir, das bisher Bekannte zusammenzufassen. Wir haben eine terranische Space-Jet, die im Sternenozean von Jamondi irgendwie verlustig gegangen ist. Zwei Schiffe unbekannter Bauart, auf denen sich ebenso wenig Hinweise auf eine organische Besatzung finden lassen. Aber einen Notruf, ausgehend vom Ringraumer einer Zivilisation, die sich bisher nicht gerade mit intergalaktischem Ruhm bekleckert hat.«

      Mittlerweile war Perry Rhodan von den Historikern der GALBRAITH DEIGHTON darüber in Kenntnis gesetzt worden, dass die Zikkurer-Drills sich schon vor geraumer Zeit dazu entschlossen hatten, strikt jegliche Zuwanderung auf die wenigen von ihnen besiedelten Planeten zu verbieten. Außerdem schotteten sie sich gegen den Handel mit kybernetischen Technologien ab.

      Generell verabscheuten sie Roboter und künstliche Implantate jeder Art. Mehr hatte man schon viele Jahrhunderte lang nicht von ihnen gehört.

      »Wir konstatieren also«, setzte Perry Rhodan fort, »ein scheinbar zufälliges Zusammentreffen von Schiffen dreier Völker, über die wir nichts oder nur sehr wenig wissen, mit einem ähnlich ominösen, über zweihundert Jahre alten, terranischen Beiboot. An einem Ort im intergalaktischen Leerraum, den keines dieser Vehikel auch nur annähernd aus eigener Kraft hätte erreichen können.«

      »So stellt sich die Lage dar«, bekräftigte Tropar Lendellec. »Hinzu kommt ...« Er zögerte kurz.

      »Ja?«

      Ein Warnsignal ertönte. In der Zentrale der SOOZORD brach hektische Betriebsamkeit aus.

      »Sofortiger Rückzug!«, rief der onryonische Kommandant.

      »Notsprung-Kurzetappe eingeleitet«, kam es vom Pilotenpult zurück. Wenige Sekunden später verschwammen die Bilder der Außenbordkameras zu konturlosem Grau, das von flackernden Blinklichtern überstrahlt wurde.

      »Was ist passiert?«, fragte Perry Rhodan, nachdem sie etwa auf halbem Weg zwischen dem Schiffsfriedhof und der GALBRAITH DEIGHTON in den Normalraum zurückgefallen waren.

      Die Warnlichter erloschen, die Sirene verstummte. »Das war knapp«, sagte Tropar Lendellec.

      »Eine Falle?«

      Im auf ihn einprasselnden, holografischen Datenstrom fand Rhodan nur unverständliche Fachausdrücke.

      »Keine, die absichtlich auf uns zugeschnitten wäre, meinen unsere Wissenschaftler. Aber sie haben entdeckt, gerade noch rechtzeitig, dass das hyperphysikalische Phänomen, das die Schiffswracks umgibt, als Neben- oder sogar Haupteffekt eine lokale Zeit-Anomalie generiert.«

      »Welcher Art?«

      »In einer Raumkugel von einigen Tausend Kilometern Durchmesser läuft die Zeit langsamer ab. Und zwar um einen Faktor, der sich mit der Verringerung der Distanz zum Mittelpunkt erhöht.«

      »Je näher man den vier Schiffen kommt ...?«

      »Desto stärker wird die Verzögerung.«

      »Wir haben uns im Unterlichtanflug befunden«, Rhodan blickte auf die Holos, »und waren bereits innerhalb dieser Sphäre. Für knapp eine Minute. Das meiste davon an der Peripherie, aber ... Wie viel Realzeit haben wir bereits eingebüßt?«

      »Rund acht Standardstunden«, antwortete Tropar Lendellec.

      *

      Insgesamt waren sie einem kumulativen Dilatationsfaktor von etwa 1 zu 480 unterlegen!

      Es verstand sich von selbst, dass sie unter diesen Umständen die Erkundung der seltsamen Wracks bleiben lassen mussten. Space-Jet hin, Notruf her – sie durften nicht riskieren, noch bedeutend länger aufgehalten zu werden.

      »Weiterhin keinerlei Indizien, dass diese Sache doch in Zusammenhang mit der Invasion der Thoogondu stehen könnte?«, vergewisserte sich Rhodan, bevor er wieder auf die GALBRAITH DEIGHTON übersetzte.

      Nichts dergleichen, mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit, versicherten die onryonischen Fachleute. Auch die akribische Analyse der gesammelten Ortungsdaten ergab keine Verbindung zwischen den Geisterschiffen und dem Goldenen Reich oder der Galaxis Sevcooris.

      Gleichwohl beschloss Perry Rhodan, das Rätsel nicht auf sich beruhen zu lassen.

      Nach kurzer Absprache mit Admiralin Patoman schleuste die GALBRAITH DEIGHTON einen Leichten Kreuzer aus. Als Ultraschlacht- und Omniträgerschiff der JUPITER-Klasse führte sie 59 weitere Beiboote der 60 Meter durchmessenden Baureihen MERKUR und DIANA mit sich. Der Verlust an Geschwader-Kampfstärke hielt sich daher in verkraftbaren Grenzen.

      Tropar Lendellec steuerte für diese wissenschaftliche Expedition ein halbes Dutzend onryonischer Wissenschaftler bei, die sich freiwillig dafür gemeldet hatten, bei der Erforschung der faszinierenden Halbraumzeit-Anomalie mitzuwirken. Mitsamt zahlreichen Spezialgeräten setzten sie auf den terranischen Kreuzer über, der nach einem verdienten Raumoffizier der Frühzeit, KARL PASCHER, benannt war.

      Nachdem sie eingetroffen waren, beendeten die SOOZORD und die GALBRAITH DEIGHTON den unverhofft in die Länge gezogenen Orientierungsstopp. Fast einen halben Tag später als geplant setzten sie ihre Reise zur Hundertsonnenwelt fort.

      4.

      Die Wahl

      Im selben Moment, in dem er, wiewohl nur ansatzweise, verspürte, was das Exoplantat ihm geben konnte, war 1jung den Rohren verfallen; von da an auf immer.

      38alt sollte recht behalten haben. Ja, er lag völlig richtig! Manche Sprösslinge ihrer Zivilisation waren nicht dafür geeignet, die Segnungen der Hüllen, der kybernetischen Verstärkungen und Verschlankungen zu empfangen.

      1jung aber gehörte nicht zu denen. 2jung lernte, mit den Nebeneffekten zurande zu kommen.

      3jung wiederentdeckte ältere Affinitäten. 4jung ...

      Und so weiter, und so fort.

      Als 16jung wurde er, bereits eine Legende unter Orts- und Zeitgenossen, zu einem Trainings-Einsatz fernab seiner Batazeé einberufen. Dieser Schritt, so einfach er im temporalen Zusammenhang anmutete, verlangte ihm fast alles an Willenskraft ab. Weil er sich zum ersten Male auch körperlich von jenem Faden lösen musste, der alles zusammenhielt.

      Es war ... die Hölle. Und zugleich die Verheißung einer himmlischen Befreiung.

      *


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