Perry Rhodan-Paket 61: Mythos (Teil1). Perry Rhodan
Читать онлайн книгу.»Mach schon!«, rief Gucky Willka zu. »Er hat große Angst!«
Willka schaltete den Deflektor ab. Ich konnte im Visier beobachten, wie ihr Herzschlag anstieg. Sie schien ebenso nervös wie der Posbis zu sein.
»Kirt!«, rief Willka. »Ich bin es!«
»Invasion!«, brüllte Kirt. Er fuhr noch wilder von links nach rechts. Auf der Achse in seiner Mitte glühten rote Lichter auf. »Invasion! Eindringlinge! Ladhonische Scharen! Alarm!«
»Kirt!« Willka hob beschwörend beide Arme. »Ich bin's, Marli! Marli Willka!«
Die Situation drohte außer Kontrolle zu geraten. Offensichtlich suchte Kirt nach einer Möglichkeit, den Sicherheitsdienst zu alarmieren.
»Bedroh ihn mit dem Strahler!«, riet ich.
Willka schüttelte den Kopf. »Nein! Er ist mein Freund!«
»Gucky!«
Der Ilt reagierte sofort. Er hielt Kirt telekinetisch fest.
»Aurelia, kann er Funkimpulse raussenden?«
»Nein! Ich habe ein Störfeld geschaltet!«
Wenigstens auf Gucky und Aurelia war Verlass.
»Was ist das?«, rief Kirt. »Was machst du mit mir?«
»Ich mache gar nichts!« Willka kam näher, kniete sich vor dem Posbi hin und hob die Hand. »Erinnerst du dich nicht? Marli! Marli Willka! Wir haben uns schon einmal getroffen! Du kennst doch Sebastion!«
»Sebastion?« Kirt starrte auf ihre Hand. »Ich ... ich weiß nicht. Wo ist Prexxel?«
»Er kommt gleich«, sagte Willka.
Als wäre das ein unheilvolles Stichwort, glitt die Tür auf. Ein zwei Meter großes, alabasterfarbenes Plasmawesen mit einer Vielzahl ausgebildeter Tentakel kam herein. Einer der Tentakel trug an seiner Spitze ein großes Auge, das sich ruckartig Willka zuwandte. »Was ist hier los?«
Ich zielte auf Prexxel, um ihn paralysieren zu können, falls es nötig wurde.
Der Matten-Willy stürzte sich ohne weiteres Wort auf Willka, wollte sie packen und zur Seite schleudern, doch dank der Kraftverstärker blieb Willka einfach stehen.
Prexxel ächzte. Er drehte sich im Kreis, rotierte und grub dabei die Teleskopfüße in den Boden. Das eine Auge blinzelte panisch.
Ich schaltete den Deflektor ab. »Prexxel! Kennst du mich?«
Die Panik wich Verwunderung – das Auge vergrößerte sich. »Bist du ... Atlan? Atlan da Gonozal?«
Auch Gucky schaltete den Deflektor ab. Nun blieb als einziger Trumpf Aurelia übrig.
»Hallo!«, sagte Gucky. »Mich kennst du doch auch, oder? Charmanter Universenretter? Überall-zugleich-Töter? Liebling terranischer Kinder?«
Das Pseudopodienauge wippte nach unten und oben, was wohl eine Zustimmung war. »Ich kenne euch. Oder besser – Geschichten über auch. Warum seid ihr heimlich hier eingedrungen?«
»Stahmon«, sagte ich. »Er mag keine Gäste.«
Prexxel schloss das eine Auge. Weitere Pseudopodien bildeten sich aus, die er abwehrend vor sich hielt. »Stahmon. Nein. Er ... sie ... mag niemanden.«
»Sie?«, hakte ich nach, doch Prexxel achtete nicht mehr auf mich. Er ging zu Kirt, dessen Halbkugel wild nach oben und unten rutschte. Das eine Auge war verschwunden.
»Die Ladhonischen Scharen ...«, stieß Kirt hervor.
»Sie sind nicht hier«, sagte Prexxel. »Du bist in Sicherheit.«
»Nein, nein, nein ...«, wimmerte Kirt.
Willka zog den Handschuh ab. »Wir haben früher ein Spiel gespielt, erinnerst du dich?« Sie hielt die Hand hoch, spreizte die Finger.
Kirt hörte auf zu wimmern. Seine Bewegungen wurden langsamer, die Räder kamen zum Stillstand. Er kam näher, berührte mit einem der Reifen Willkas Hand. Die roten Leuchtpunkte auf seiner Achse wechselten die Farbe in Orange, schließlich zu Gelb. »Marli ...«
»Ja, ich bin's. Erinnerst du dich?«
»Es war wärmer, damals. Wärmer. Mein Plasma war frei ...«
»Und genau das ist es jetzt nicht mehr«, stellte ich fest. »Wegen Stahmon.«
Ein Schauer aus roten Lichtern pulste über Kirts Körper. »Stahmon ... Er ist überall ...«
»Er?« Nun war ich irritiert. »Oder meinst du sie? Was genau ist Stahmon? Die Stationspositronik?«
Kirt und Prexxel sahen sich an. Sie schienen unsicher, ob sie sich uns anvertrauen sollten.
Gucky verschränkte die Arme vor der Brust. »Wir verstehen euer Misstrauen, okay? Wir dringen hier einfach so ein und überfallen euch. Aber das liegt daran, dass wir Stahmon nicht auf uns aufmerksam machen möchten.«
»Niemand will das«, sagte Prexxel. Er schaute erst mich an, dann Willka und schließlich Kirt. »Kennst du sie von früher?«
Obwohl Kirt weder antwortete, noch eine Geste machte, die ich wahrgenommen hätte, schien er mit Prexxel zu kommunizieren. Vielleicht über die Anzahl der Lichter, die nun über seine Achse huschten.
»Gut«, sagte Prexxel. Das Augententakel glitt Willka entgegen. »Ich denke, dass du ihm helfen könntest – und wir können möglicherweise euch helfen.«
Er bildete eine weitere Augenpseudopodie aus, die sich auf mich richtete. »Stahmon ist ein Posbi. Manche sehen ihn als weiblich, andere als männlich oder geschlechtslos. Er gibt sich aber jedenfalls gerne das Aussehen einer Terranerin.
Früher waren die Terraner unsere Freunde, und Stahmon will uns beschützen. Er mag das alte Terra, den Mythos, doch misstraut allem und jedem. Etwas hat ihn wahnsinnig gemacht. Vielleicht die Datensintflut. Was genau geschehen ist, weiß niemand. Er kann nur noch in eine Richtung denken.«
»Sicherheit geht vor«, sagte Gucky.
»Ganz genau«, bestätigte Prexxel. »Deshalb kann sich Stahmon überall auf der Station bewegen. Er benutzt Holos, tritt jedoch auch selbst auf. Ich war dabei, als er einmal persönlich das Plasma eines Posbis entnommen hat. Wollt ihr die Form sehen, die er sich meistens gibt?«
»Ja«, sagte ich knapp.
Prexxel berührte seinen Bauch. Ein technisches Gerät wurde sichtbar, kaum größer als ein Taubenei. Daraus strahlte ein Holo auf. Es zeigte eine zierliche Frau mit schwarzen Haaren und schmalen braunen Augen. »Das ist Stahmon. So zeigt er sich bei öffentlichen Reden. Seinen Skelettkörper habe ich noch nie gesehen.«
Ich beugte mich vor. »Und? Wie gerecht ist er?«
»Gerecht? Seine Herrschaft ist grausam, das ist sie.«
Gucky kniff die Augen zusammen. »Wieso lasst ihr ihn gewähren? Er ist nur ein Posbi, ihr seid viele!«
Prexxel schrumpfte in sich zusammen. Seine Konturen wurden schwammig. »Wir sind ängstlich. Zu kämpfen liegt uns nicht. Wir gehen Konflikten aus dem Weg, und Stahmon will uns beschützen. Die Welt da draußen ist gefährlicher denn je.«
»Wie alt bist du?«, fragte ich. Ich hoffte, von Prexxel Informationen zu erhalten, die aus der Zeit vor dieser ominösen Datensintflut stammten, als Terra mehr als ein Mythos war.
»Zweihundertelf«, antwortete Prexxel.
Das war zu jung.
Willka mischte sich ein. »Kennst du einen Posbi namens Sebastion?«
Prexxel schrumpfte weiter in sich zusammen, als wollte er sich in sich selbst verkriechen. »Kirt hat ihn einmal erwähnt. Er ist von hier fortgegangen. Ich glaube nicht, dass er noch lebt. Da draußen ist es gefährlich.«
»Oh.« Willkas Herzschlag stieg erneut an. Sie schien mit der Fassung zu ringen.