Perry Rhodan-Paket 61: Mythos (Teil1). Perry Rhodan
Читать онлайн книгу.Würmer darauf, ihre abgestorbenen Artgenossen zu ersetzen.
Während die Deckel der Sensorwannen rund um die Zentrale in die Höhe glitten, steuerte Ologbon seine Sitzschale auf der Führungsschiene um die Visualsäule, bis Onigboia in sein Blickfeld geriet. Sie wirkte frisch und ausgeruht, als hätte sie der Raumsprung nicht beeinträchtigt.
Eine der Segnungen, eine Frau zu sein. Zum Ausgleich dafür, dass sie zwei- bis dreimal im Leben tagelange Geburten ertragen mussten, hatte ihnen die Göttin Tonor ein geringeres Schmerzempfinden geschenkt.
Er beneidete sie darum – und erschrak über sich selbst. Nicht wegen seiner unangemessenen Missgunst, sondern weil er an die Elfgötter gedacht hatte. Nun gut, nur an eine, an Tonor. Aber das war schlimm genug. Seit dem Glaubenskrieg vor über hundert Jahren und der Befriedung durch die Cairaner war die Religionsausübung außerhalb der Götterhaine von Ollfa verboten.
Normalerweise hatte sich Ologbon, der dem Götterglauben zumindest im Geheimen durchaus anhing, besser im Griff. Was war nur los mit ihm?
Wahrscheinlich zählte der bloße Gedanke an Tonor nicht als Verstoß, aber wer konnte sich da bei den Cairanern sicher sein? Sie waren die Gönner der Olubfaner, gewiss, hatten ihnen die Raumfahrt und fortschrittliche Technik gebracht, hatten sie, wenn man so wollte, auf die nächste Stufe erhoben, und dafür gebührte ihnen Dank. Dennoch tat man besser daran, sie zugleich zu fürchten. Und niemals, absolut niemals, sollte man den Frieden brechen oder auch nur gefährden.
Was, wenn das Organoid seinen Gedanken bemerkt oder aufgezeichnet hatte? Was, wenn das ausreichte, Ologbon als potenziellen Unruheherd auszumachen?
Erzählte man sich nicht von Olubfanern, die in der Öffentlichkeit den Götterelter Olu angebetet hatten – und tags darauf verschwunden waren? Munkelte man nicht von einem geheimnisvollen Ort, von einer Ausweglosen Straße, wohin Friedensbrecher zur Strafe gebracht wurden? Oder waren das ebenfalls nur Gerüchte wie das Schicksal des Sprungkoordinators, dessen Organoid ausgefallen war?
»Was ist mit dir?«, fragte Onigboia. »Du wirkst unkonzentriert.«
Ologbon verscheuchte die für ihn ungewohnten Befürchtungen. »Die Transition hat mich wohl mehr mitgenommen als sonst.«
»Kein Wunder. Wir haben den bisher weitesten Sprung hinter uns gebracht.«
»Wie weit?«
»Drei Komma sieben sieben eins zwei Lichtjahre. Eine unvorstellbare Entfernung!«
»Das ist ...« Unglaublich, wollte er sagen, doch dann wurde ihm die wahre Bedeutung der zurückgelegten Distanz bewusst, und der Anflug von Begeisterung verpuffte. Fast vier Lichtjahre? »... zu weit. Was ist passiert, Boia?«
Kurz drehte er sich zu den Sensorwannen um, aus denen sich gerade die restlichen Besatzungsmitglieder erhoben. Mangels eines cairanischen Organoids im Gehirn hatten sie in den wuchtigen durchsichtigen Dämmbehältern Schutz vor den Aus- und Nachwirkungen der Transition gesucht.
Ologbon beschloss, dass mit diesem raschen Blick dem vierten Schritt – Prüfung der Unversehrtheit der Mannschaft – Genüge getan war und widmete sich dem fünften: Fehleranalyse.
»Eine unerwartete Energiespitze im Fusionsmeiler«, sagte Onigboia. »Und nenn mich nicht Boia.«
Illustration: Swen Papenbrock
»Erstens: Das hat man davon, wenn man mit einem unserer ältesten Schiffe fliegt. Zweitens: doch!«
»Probleme?«, erklang die Stimme von Kommandant Obamoro neben ihm. Er hatte die Sensorwanne überraschend schnell verlassen.
»Ich bin nicht sicher.« Ologbon betrachtete die Monitorsektion mit den Schiffsdaten und rief verschiedene Analyseprogramme auf. »Ah, da haben wir es. Unmittelbar vor dem Sprung fiel einer der Energieflussregulatoren aus. Der Fusionsmeiler überflutete die Systeme bis an die Belastungsgrenze, und die Transition ging ein knappes Lichtjahr übers angepeilte Ziel hinaus.«
»Konsequenz?«
»Die gute Nachricht ist, dass das Olubneasystem nur noch 19,56 Lichtjahre entfernt liegt.«
»Nur noch? Mir erscheint das unfassbar weit.«
»Ist es.«
»Und die schlechte Nachricht?«
Ologbon sah auffordernd zu Onigboia. Ihre Riechlappen zuckten empört darüber, dass sie diejenige sein sollte, die die unangenehme Wahrheit aussprach, doch dann beugte sie sich seinem Rang als Erster Sprungkoordinator und damit gleichzeitig Stellvertretendem Kommandanten.
»Die Reparatur des Regulators und die anschließenden Wartungsarbeiten«, sagte sie, »dauern mindestens einen Tag. Vorher können wir die nächste Transition nicht verantworten.«
Sekundenlang herrschte unangenehmes Schweigen in der Zentrale, das durch die Geräusche der Besatzung, die nach und nach ihre Plätze einnahm, eher verstärkt als gemildert wurde.
Gespannt wartete Ologbon, ob sich Kommandant Obamoro zu einem seiner gefürchteten Wutanfälle hinreißen ließ. Seine Zupflippe befand sich in ständiger Bewegung, als risse sie Blätter von einem Busch. Die Zähne mahlten, als kauten sie diese imaginären Blätter. Doch dann entspannten sich seine Züge.
»Sieht so aus, als hätten wir die geringere Entfernung zur Heimat teuer erkauft. Sag mir nur eines: Werden wir Ollfa rechtzeitig zum Aufbruchsfest erreichen?«
»Problemlos«, behauptete Ologbon, ganz der Verkünder guter Neuigkeiten. »Die Feierlichkeiten beginnen am ...«
Er stockte. Einmal mehr nahm er sich vor, künftig in Neuer Galaktischer Zeitrechnung zu denken und nicht mehr nach dem altertümlichen Elfgötter-Kalender, den die Cairaner nach der Befriedung des Glaubenskriegs verboten hatten. Dann konnte er sich fortan vielleicht die lästige und peinliche Umrechnung ersparen.
Dennoch, für ihn gab es kein Aufbruchsfest. Er sah es als das an, was es schon Tausende Jahre vor seiner Geburt gewesen war, das Olufest, eine tagelange Feierlichkeit zu Ehren des Götterelters.
Nur wegen der Bedeutsamkeit des Festes hatten die Olubfaner vor Generationen diesen Termin für den Aufbruch zu den Sternen gewählt. Damit wollten sie Olu ehren und gleichzeitig seine Gunst für das große Abenteuer gewinnen. Das war freilich vor der Glaubenskrise, dem Krieg und dem Einschreiten der Cairaner gewesen.
Für Ologbon gewann das diesjährige ... Aufbruchsfest nur deshalb eine besondere Bedeutung, weil sich der erste Weltraumflug zum 121. Mal jährte. Elf mal elf. Eine wahrhaft göttergefällige Zahl.
Außerdem fand während der Feierlichkeiten die Initialkopplung seines Sohns Ofilor mit einer Tolnotenkolonie statt. Hoffentlich. Sie war längst überfällig.
»... am 16. September«, brachte er den Satz nach einer Pause, die ihm viel zu lange erschien, zu Ende.
Wenn sie Obamoro aufgefallen war, ließ er es sich nicht anmerken.
»Acht Transitionen«, fuhr Ologbon fort. »Mit dem Tag Zwangspause und den dazwischen liegenden Regenerations- und Wartungsstunden bleibt uns ein Puffer von gut zwei Tagen.«
Ihm war bewusst, dass die Rechnung womöglich eine Spur zu zuversichtlich ausfiel, aber keinesfalls wollte er Ofilors Kopplung versäumen. Und so versprühte er die Zuversicht nicht nur um Obamoros willen, sondern vor allem für sich selbst.
Sein Optimismus erfuhr einen herben Dämpfer, als er bemerkte, wie auf dem Rundummonitor eines der Wartungslichter von Rot auf Blau umsprang.
»Ausfall des Hyperfunks«, kam es umgehend vom Kommunikationsposten.
Die Hyperfunktechnik gehörte noch immer zu den störanfälligsten Systemen der olubfanischen Raumfahrt. Vermutlich hatte die Energiespitze aus dem Meiler einige Module oder Verbindungen durchbrennen lassen.
»Ich kümmere mich darum«, sagte Ologbon.
Nicht, weil er dafür besser geeignet