Perry Rhodan-Paket 61: Mythos (Teil1). Perry Rhodan

Читать онлайн книгу.

Perry Rhodan-Paket 61: Mythos (Teil1) - Perry Rhodan


Скачать книгу

      Er konnte sich nicht entscheiden. Und so war es Boia, die ihm das abnahm, indem sie sagte: »Die komplette Besatzung hält sich in der Zentrale auf.«

      Was nicht einmal gelogen war, schließlich zählte die Funkkaverne ebenfalls dazu. Ob sich die Ladhonen auf solche Feinheiten einlassen würden, falls sie die Wahrheit herausfänden, war eine andere Frage.

      »Sehr gut. Kommen wir also zum Geschäftlichen.«

      »Zum Geschäftlichen?«, brüllte plötzlich Kommandant Obamoro. »Was für ein Geschäft soll das wohl sein?«

      »Ein Tausch«, antwortete Bodh Aputhar. »Ihr überlasst uns, was immer an Bord wir gebrauchen können. Wir überlassen euch im Gegenzug euer Leben.«

      »Das ist absurd! Ihr seid Piraten, schäbige Wegelagerer! Das und nichts anderes! Ich werde nicht zulassen, dass ...«

      Schnelle, wuchtige Schritte erklangen. Dann Onigboias Schrei: »Obamoro! Nein! Steck die Waffe weg!«

      Ologbon sah, wie der Kommandant auf jemanden außerhalb seines Blickfelds zustampfte. Unvermittelt verharrte er. Ein neuerlicher, diesmal mehrstimmiger Schrei hallte auf.

      Dann kippte Obamoro um. Mit dem Kopf vor der Gitterluke blieb er liegen. In seiner Stirn prangte ein Loch, aus dem schwarzer Qualm aufstieg. Der widerliche Geruch nach verbranntem Fleisch zog in die Kaverne und ließ Ologbon würgen.

      »Noch jemand, der mit unseren Geschäftsbedingungen nicht einverstanden ist?«, fragte Bodh Aputhar. »Nein? Gut, dann lasst uns beginnen.«

      Ologbon zog sich in die Dunkelheit hinter der Hyperfunkanlage zurück.

      *

      Zweiundzwanzig Minuten vergingen, in denen Ologbon ständig fürchtete, die Ladhonen könnten sein Versteck finden.

      Zweiundzwanzig Minuten, in denen sie das Schiff plünderten und ihrem Anführer in der Zentrale in einer hektisch klingenden fremden Sprache Meldung erstatteten.

      Zweiundzwanzig Minuten, in denen sich Ologbon für seine Feigheit schämte. Obamoro war tot. Das machte automatisch ihn zum Kommandanten der GLUTOBAT III. Doch war sein Verhalten dem eines Kommandanten würdig?

      Zweiundzwanzig Minuten. Zweimal elf. Eine göttergefällige Zeitspanne. Doch die Götter halfen nicht. Vielleicht hatten sie sich von den Olubfanern abgewandt, aus Gram darüber, dass ihnen die Cairaner den Rang abgelaufen hatten.

      Zweiundzwanzig Minuten, in denen die Raumpiraten die Frachträume und Ersatzteillager leerten. Doch das war längst nicht alles, was sie mitnahmen. Oh nein, sie verschleppten auch noch zehn Olubfaner auf ihr Schiff, unter ihnen Onigboia. Die arme, tapfere Onigboia, die es nicht mochte, wenn er sie Boia nannte; die er noch vor Kurzem um ihre Schmerzunempfindlichkeit beneidet hatte; der er es aufgebürdet hatte, Obamoro die schlechten Nachrichten zu überbringen, und die er nun vermutlich nie mehr wiedersehen würde.

      Zweiundzwanzig Minuten der Angst und Verzweiflung.

      Dann war alles vorüber.

      *

      Der Rundummonitor der Visualsäule zeigte ein Raumschiff der PODHUM-Klasse. Doppelkeilförmig, 1300 Meter lang, 900 Meter breit und 250 Meter hoch. Die Farbe war schwer zu erkennen. Ein dunkles Grau oder Grün vielleicht, womöglich Blau.

      Sein Schutzschirm schluckte die Schüsse der GLUTOBAT ohne erkennbare Wirkung, wohingegen er mit seitlich sitzenden Geschützen den Schirm der Olubfaner nach wenigen Salven zusammenbrechen ließen.

      Während sich der Raumer immer weiter näherte, feuerte er aus einer im Bug sitzenden Waffe. Der Punktbeschuss schwächte das Rumpfmaterial, sodass es einem ebenfalls aus dem Bug ragenden Sporn keinen Widerstand mehr entgegensetzte, als die POD-2202 die GLUTOBAT rammte.

      »So sind sie an Bord gekommen«, sagte Occtubul, der augenblicklich beschäftigungslose Funker. »Der Sporn dient zugleich als Tunnel für ihre Einsatzkräfte. Die Rumpfschäden haben sie mit Prallfeldprojektoren abgedichtet.«

      »Schalt das aus!«, verlangte Ologbon. »Ich habe genug gesehen.«

      Er ließ den Blick über die dezimierte Mannschaft wandern. Zehn Männer und Frauen waren verblieben, mit ihm elf. Eine gute Zahl. Immerhin etwas. Allerdings bezweifelte er, dass die Götter ihnen beistehen würden.

      Ihr seid am Leben. Vielleicht solltest du ihnen besser dafür danken, als dich darüber zu beschweren.

      Er las in den Gesichtern die gleiche Verzweiflung, die er spürte.

      Niemand hatte ihm vorgeworfen, dass er sich während des Angriffs und der Plünderung versteckt gehalten hatte. Niemand stellte seine unfreiwillige Beförderung zum Kommandanten infrage. Im Gegenteil fühlte er die Blicke der Besatzung auf sich ruhen, voller Hoffnung und Zuversicht, ohne den geringsten Zweifel, dass er sie nach Hause bringen würde.

      Nur: Er wusste nicht, wie er das bewerkstelligen sollte.

      Die Hyperfunkanlage hatte den Beschuss beim Angriff nicht überstanden. Ersatzteile, die vielleicht – aber nur vielleicht – hilfreich gewesen wären, hatten die Ladhonen mitgenommen. Im Rumpf klaffte ein gewaltiges Loch, das nun hinter mehrfach verriegelten und versiegelten Schotten lag, um wenigstens den Verlust von Atemluft und Druck zu verhindern. Trotzdem schwächte es die Stabilität der Hülle so sehr, dass sie vermutlich nicht einmal eine einzige Transition überstehen würden, von den nötigen acht ganz zu schweigen. Und dann war da noch der ausgefallene Energieflussregulator, den sie nun nicht mehr ersetzen konnten.

      Wieder fiel ihm der Satz seines Ausbilders ein: »Schäden am Schiff kosten Leben.«

      Er hatte diesen Kerl mit seiner rumpelnden Art nie leiden können. Womöglich war es an der Zeit, ihm das Gegenteil zu beweisen.

      Ologbon atmete tief durch.

      »Das Wichtigste zuerst.« Er hob einen Becher, den seine Tolnoten für ihn festhielten. Er war gefüllt mit Kreuzkornbrand, den ihnen die Ladhonen neben einigen wenigen Vorräten gelassen hatten. Und weshalb sollte man einen guten Tropfen verkommen lassen? Also hatte er ihn an die Mannschaft verteilt.

      »Ich gedenke Obamoros. Mögen ...« Er zögerte kurz. Durfte er es wirklich aussprechen? »Mögen ihn die Götter auf seiner weiteren Reise behüten.«

      »Wir gedenken«, antwortete der Rest der Besatzung. Synchron hoben sie ihre Becher und tranken.

      »Ich gedenke Boias und der anderen. Mögen sie überstehen, was das Schicksal ihnen aufbürdet, und bald sicher zu ihren Lieben zurückkehren.«

      »Wir gedenken.«

      Mit dem zweiten Schluck leerte Ologbon den Becher. »Uns bleiben zwei Alternativen. Wir warten hier, bis uns die Vorräte ausgehen, und sterben sicher. Denn seien wir ehrlich: Die Chance, dass uns jemand zufällig findet, ist gleich null. Oder wir reparieren die GLUTOBAT mit dem wenigen Material, das uns geblieben ist, dafür umso größerem Improvisationstalent, springen zurück ins Heimatsystem und sterben dabei wahrscheinlich – allerdings in dem Bewusstsein, es wenigstens versucht zu haben. Ich weiß, ich bin der Kommandant, aber ich möchte es nicht befehlen, sondern eure Meinung hören.«

      Erneut hoben sie synchron ihre Becher. Im Gegensatz zu ihm hatten sie offenbar noch nicht ausgetrunken. »Wir gedenken Olgobons, unseres Kommandanten. Mögen die Götter ihm den rechten Weg weisen.« Und dann, nicht mehr synchron, aber immer noch gut zu verstehen: »Wir springen!«

      Und was hast du verloren?

      Sagen dir die Namen Yanid amya Caadil und Sephero Ceelsen amy Shiyil etwas? Nein? Woher auch. So hießen meine Eltern, Osmund. Sie sind tot, waren es bereits, bevor wir ein paar Jahrhunderte übersprungen haben.

      Trotzdem fühlt es sich an, als hätte ich sie ein zweites Mal verloren.

      Ich habe nie ihre Gräber besucht. Ein Versäumnis, das ich eines Tages nachholen wollte. Nun ist es dafür zu spät, schätze ich.

      Meiner Ansicht nach hat uns der Zeitsprung vieler


Скачать книгу