Perry Rhodan: Pan-Thau-Ra (Sammelband). Andreas Brandhorst

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Perry Rhodan: Pan-Thau-Ra (Sammelband) - Andreas  Brandhorst


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trotz des gepolsterten Materials des Kampfanzugs, das sich wie eine zweite Haut um den Tentakel schmiegte, schmerzte. Der Schmerz tat gut, beruhigte sie.

      Was sollte sie tun? Der Drang, das Pulsatortriebwerk zu aktivieren und das Schlachtfeld hinter sich zu lassen, war beinah übermächtig. Sie rang ihn nieder. Das Gefechtssystem war gestört, sie hätte manuell steuern müssen – glatter Selbstmord in dem dichten Qualm. Ihre Füße stemmten sich gegen die Wand hinter ihr. War das eine Möglichkeit? Ein Loch in die Wand brennen und unerkannt wegschlüpfen? Nein, unmöglich. Die Angreifer – die An-Keyt noch immer nicht gesehen hatte – würden zu klug sein, um ein solches Schlupfloch offen zu lassen. Sie hatten gewartet, bis der gesamte Trupp sich in dem Depot versammelte, hatten erst dann zugeschlagen. Wahrscheinlich hatten sie den Trupp bewusst in das Depot gelockt. Sie würden keine Hintertür offen gelassen haben, es sei denn als Falle.

      Sie musste warten. Ausharren. Der Schluss war unausweichlich. Nur für kurze Zeit. Die Module ihres Helks hatten den Angriff vorbereitet, hatten das Depot eingekreist. Jeden Augenblick würden sie eingreifen, die Feinde vertreiben. Das energetische Gewitter der Entladungen konnte ihnen unmöglich verborgen geblieben sein.

      Blitze durchzuckten den Rauch. Eine Reihe von Explosionen erschütterte das Depot. Die Loowerin glaubte Schreie zu hören, aber sie konnte nicht entscheiden, ob sie aus den Sprachblasen von Loowern kamen oder aus denen fremder Wesen.

      An-Keyt verharrte an Ort und Stelle, so eng gegen den Boden gedrückt, dass ihre Flughäute schmerzen. Sie hatte den Projektilwerfer von sich gestreckt, bereit, bei jeder Bewegung zu feuern. Sie musste sich keine Gedanken machen, ob sie vielleicht einen Angehörigen ihres Trupps erwischte. Der Projektilwerfer würde die Freund/Feind-Entscheidung für sie treffen. Sie musste nur aushalten, auf ihr Glück hoffen, sich nicht durch eine unbedachte Handlung verraten.

      Sie wartete, starrte angestrengt in den Rauch, der ihr wie ein lebendiges Wesen erschien. Unerschütterlich, gelassen. Explosionen verwirbelten ihn in unregelmäßigen Abständen, aber kaum war ihr Echo verklungen, war der Rauch wieder derselbe, in langsamer kreisender Bewegung, wie eine zähe Flüssigkeit.

      Der Rauch war An-Keyts Freund. Sie ahnte, dass nur er sie vor den Angreifern verbarg. Die Angreifer verfügten über keine Orter, sonst hätten sie An-Keyt längst aufgespürt. Oder ihre Orter waren durch denselben Effekt außer Gefecht gesetzt wie die der Loower. Wie auch immer, die Angreifer waren ebenso blind wie An-Keyt. Wollten die Flachaugen sie und ihre Kameraden töten, mussten sie jeden von ihnen einzeln aufspüren.

      Die Loowerin hörte einen Aufschrei, gefolgt von einer Explosion. Ihre Greiflappen schlossen sich noch fester um den Griff des Projektilwerfers.

      Oder, kam ihr der Gedanke, die Flachaugen sprengten das Depot, erledigten den Trupp mit einem Schlag. Was sie längst hätten tun können. An-Keyt schloss daraus, dass sie tatsächlich auf ein Depot von On- und Noon-Quanten gestoßen waren. Die Loowerin kauerte eingekeilt zwischen dem Urquell des Lebens und der Intelligenz im Universum. Die Quanten schützten sie.

      Vorerst.

      Die Frequenz der Explosionen ließ jetzt nach. Von Zeit zu Zeit bebte nach wie vor der Boden, aber dabei handelte es sich um Ausläufer von weit entfernten Detonationen. Ein gutes Zeichen, hoffte An-Keyt. Der Beweis dafür, dass der Helk des Trupps sich zu ihnen vorkämpfte. Und, sollte ihre Analyse zutreffen, dass die Angreifer zahlreich und hartnäckig waren. Andernfalls hätten die Module längst das Depot erreichen müssen.

      An-Keyts Tentakel schmerzten. Der Projektilwerfer war überraschend schwer, sie hatte ihn noch nie längere Zeit in Schussposition halten müssen. Die Loowerin nahm ein Trümmerstück, ein halb-verschmortes Kunststoff-Fragment, und schob es als Stütze unter ihren Waffengreiflappen. Der Schmerz ließ etwas nach. An-Keyt stieß seufzend Luft aus. So konnte sie durchhalten. So lange, bis der Helk sie heraushaute.

      Zum ersten Mal, seit der Angriff begonnen hatte, schmolz ihre Anspannung, wenn auch nur ein wenig. Sie fragte sich, was aus ihren Kameraden geworden war. Waren sie tot? An-Keyt konnte es nicht ausschließen, aber merkwürdigerweise konnte sie es sich nicht vorstellen. Sie hatte seit dem Einschlag auf der PAN-THAU-RA viele zur Unkenntlichkeit verbrannte Leichen gesehen. Ihr war klar, dass ein toter Loower nicht anders aussehen würde als ein totes Flachauge, dennoch wollte sie nicht daran glauben. Ihr Verstand weigerte sich.

      Aber wenn die anderen noch lebten, sollte sie nicht versuchen, zu ihnen aufzuschließen? Mit ihnen die Kräfte bündeln, ausbrechen? Falls – ihre Körperhaare stellten sich bei dem Gedanken auf, vibrierten mit einem unpassenden Jucken – falls ihre Kameraden das nicht längst getan hatten: ihre Kräfte gebündelt hatten und ausgebrochen waren. Und sie, An-Keyt, war zurückgeblieben. Tot geglaubt. Aufgegeben.

      Die Loowerin ruckte hoch. Der schmale Platz zwischen den Quanten-Behältern, der ihr mittlerweile schon beinahe etwas wie Geborgenheit gespendet hatte, erschien ihr plötzlich bedrückend eng. Ein Gefängnis, das ihr die Luft abschnitt. Sie musste hier weg! Raus aus dem Depot! Sie ...

      Der Rauch wogte ihr entgegen, nicht angetrieben von einer neuen Explosion, sondern von einem flüchtigen Umriss. An-Keyt drückte ab. Kein Projektil verließ den Lauf. Aus dem Rauch schälte sich der Körper eines Loowers. Er sprang auf sie zu und drängte sich neben ihr in die schmale Lücke.

      Es war Tolt-Sekolg, der Arzt des Trupps. An-Keyt drückte ihren Helm an den seinen, um mit ihm sprechen zu können. Sie blickte in ein aufgequollenes, vor Nässe glänzendes Gesicht. Die Loowerin hatte wie alle Soldaten eine einfache Erste-Hilfe-Ausbildung erhalten. Tolt-Sekolgs Kreislauf stand vor dem Zusammenbruch, erkannte sie. Aber wieso? Sie konnte an dem Arzt keine Verletzung erkennen.

      »Tolt-Sekolg!«, rief sie. Ihre Stimme hallte im Hohlraum des Helms wider. »Was ist los mit dir?«

      Der Arzt sagte nichts. Stattdessen hielt er den linken Tentakel hoch. Der Greiflappen war verschwunden. Der Tentakel endete in einem unregelmäßigen Stumpf. Muskelfasern und Stränge des Anzugmaterials baumelten von ihm. Blut tropfte auf den Boden und auf An-Keyts Anzug.

      Eine unmögliche Verletzung. Einen Augenblick lang starrte die Loowerin mit einem Stielauge auf den Stumpf, mit dem anderen auf die Sprachblase, die sich zu einer flehentlichen Bitte verzogen hatte. Waffen töteten ganz oder gar nicht. Sie zerfetzten, verschmorten, verdampften oder zerstoben zu Glut, sie verstümmelten nicht.

      »Wie ist das passiert?«, stammelt sie.

      »E-egal«, kam die Antwort. »Du musst mir helfen ... der Blutverlust ... du musst den Tentakel abbinden ...«

      »Wieso? Dein Anzug ...«, setzte An-Keyt und verstummte, als sie erkannte, wie dumm ihre Bemerkung war. Natürlich, der Anzug hätte sich und damit den Stumpf automatisch versiegeln sollen. Er hatte es nicht, er musste defekt sein. Sie versuchte sich zu sammeln. »Einen Augenblick«, sagte sie und machte sich an dem Tornister des Arztes zu schaffen. Der Behälter war angeschmort. An-Keyt benötigt lange Augenblicke, um ihn zu öffnen, die Hitze hatte ihn verzogen. Medizinisches Material und Instrumente polterten ihr entgegen. Die Loowerin ließ den Projektilwerfer fallen und schaufelte mit beiden Greiflappen durch die Flut. Eine Schnur! Eine verfluchte, simple Schnur ...

      An-Keyt fand ein Plastikband, legte es um den Stumpf und zog mit aller Kraft zu. Tolt-Sekolg bäumte sich auf und sank wieder in sich zusammen. Die Loowerin glaubte, er habe das Bewusstsein verloren, aber dann winkte der Arzt mit dem unverletzten Tentakel. Die Helme der beiden Loower trafen erneut aneinander. »Zu viel Blut verloren ...«, stöhnte Tolt-Sekolg, »... die gelbe Flasche ... injiziere ...« Er sank zurück, noch immer bei Bewusstsein – die flehenden Stielaugen bewiesen es –, aber zu entkräftet, um fortzufahren.

      »Gleich. Halte durch!«

      Die Loowerin beugte sich wieder über den Inhalt des Tornisters, als sie mit einem Auge eine Bewegung im Rauch wahrnahm. Ohne Zögern griff sie nach dem Projektilwerfer und drückte ab. Die Waffe feuerte nicht. Erleichtert ließ An-Keyt sie sinken. Die Freundkennung hatte angesprochen. Ein Kamerad!

      »Tolt-Sekolg«, flüsterte sie dem Verletzten zu. »Alles wird gut. Siehst du, hier ...«

      Ein Umriss trat aus dem Rauch. An-Keyt zählte sieben Gliedmaßen, keuchte. Ein Flachauge!


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