Perry Rhodan: Pan-Thau-Ra (Sammelband). Andreas Brandhorst
Читать онлайн книгу.verschwinden, die letzten Jahre waren in der gesamten Galaxis turbulent. Nur – ein erfahrener Xeno-Ethnologe, der sich wie ein gewöhnlicher Tourist ein paar Stunden, nachdem er eine neue Welt betreten hat, durch seine, nun ja, Ahnungslosigkeit um ein Haar umbringt, das klingt nicht sehr kompetent ...
YUN: Blöd, sogar. Total uncold bescheuert blöd. Ich habe ihn den ganzen Weg, den sich Prinzessin zurück zur Kuppel über das Eis geschleppt hat, angebrüllt. Von wegen, Typen wie er taugen nur als Robbenfutter, und Frostie ist viel zu gut für dich und so Zeugs. Kannst es dir ausmalen. Hat ihm nicht geschmeckt. Ganz und gar nicht.
DOLSON: Leehan hat dich fast das Leben gekostet. Er war schuld, dass deiner geliebten Prinzessin übel mitgespielt wurde. Trotzdem nennst du Leehan deinen Freund. Trotzdem bist du bei ihm geblieben, hast ihm geholfen, nicht? Wie passt das zusammen?
YUN: Na ja, ich hab' sie ja überlebt. Die Tring, Felton und sogar Flake. Also, was soll's? Wir Flakies sind nicht nachtragend.
DOLSON: Du bist einfach so darüber weggegangen?
YUN: Nicht einfach so. Wir haben zehn verdammte Stunden zurück zur Kuppel gebraucht. Und es gab nicht mal 'nen einzigen Moment, in dem ich ihn nicht angeschrien hätt'. Ich schwör's. Keinen einzigen. Als wir endlich in die Kuppel eingelaufen sind, war er so klein, dass er beinahe in die Ritze des Sessels gerutscht und verschwunden wär'. Shon hat seine Strafe gekriegt, und damit war gut.
DOLSON: Und du hattest keine Angst, dass er dich noch einmal in Schwierigkeiten bringt?
YUN: Klar. Und wie! Shon ist mein Freund, aber er ist eben kein Flakie. Wird nie einer sein. Ist nicht seine Schuld, ich nehm's ihm nicht krumm. Hat eben Pech gehabt und kam als Terraner auf die Welt. Bei Terranern muss man immer die Augen ganz weit offen halten, sonst bringen sie irgendwelchen Scheiß, und wenn's uncold läuft, erstickst du dran.
Nicht zu ändern. Aber weißt du, das Eis bringt dir was über Leute bei. Flakies, Terraner, was weiß ich. Man darf nicht zu hart zu anderen Leuten sein. Das mit der Härte besorgt schon das Eis. Es schenkt dir kräftig ein, und wenn du am Leben bleiben willst, musst du dir deine Mitmenschen gut temperiert halten, cold eben. Gibt nicht so viele davon und irgendwann kommt der Moment, an dem du auf einen von ihnen angewiesen bist. Das Problem ist bloß, du weißt im Voraus nicht, auf welchen. Also bist du lieber zu allen nett. Sicher ist sicher. Und wenn die Dinge mal uncold werden, lass was von deinem Gegenüber übrig. Der Typ, wegen dem du heute beinahe draufgegangen bist, könnt' morgen der Einzige sein, der deine Fettschicht und alles, was dranhängt, retten kann. Wenn er dann noch Lust dazu hat.
DOLSON: Und damit war die Sache erledigt? Shon Leehan hat dich von da an nicht wieder in Schwierigkeiten gebracht?
YUN: [Klopft sich klatschend auf die Schenkel.] Mann, Shon ist eine Schwierigkeit, an die jemand zwei Arme und Beine und einen Kopf geschraubt hat! Der Typ kann nie still dasitzen, außer wenn er in sein Notizbuch schreibt oder darin rumliest. Aber das zählt nicht, weil, wenn er das tut, dann weiß man, dass er schon wieder das nächste Ding ausbrütet. Und dann ... Deckung!
Aber irgendwie war's cold. Ultracold. Shon hat Ideen, auf die kein anderer kommt. Nicht alle frostig, manche stinken sogar zum Himmel. Aber nie langweilig. Nie. Und man weiß nie, wie er reagiert, was er als Nächstes bringt.
DOLSON: Kannst du mir ein Beispiel dafür nennen?
YUN: Hm, nachdem uns die Tring beinahe gekriegt haben und ich ihm zehn Stunden lang gebrüllt hab', wo's auf Flake langgeht, und ich irgendwann aufhör', weil ich so heiser bin, dass sogar das Luft holen weh tut ... was sagt er da? »Yun, wie hieß noch mal dieser Mechaniker, der dir den Stabilisator angedreht hat?«
»Ringun«, sag' ich. Viel zu baff, um ihm Bescheid zu sagen, dass er hier keine Fragen zu stellen hat.
»Flieg uns zu diesem Ringun!«
Schön gesagt, wenn Prinzessin mit dem Heck auf Grundeis schleift. Aber was soll's? Wollte ja sowieso mit dem miesen Kuppler abrechnen.
Wir also hingekrochen. Ich bugsier' Prinzessin ganz langsam auf den Hof. Würdevoll, wie es einer Majestät gebührt. Wahrer Adel zeigt sich nämlich, wenn's fies läuft. Dann heißt es erst recht, Haltung zu bewahren!
Ich setz' Prinzessin ab und Ringun kriecht aus seiner Bude. »Oh, oh, da ist uns aber ein Malheur passiert! Einen über den Durst getrunken, Yun, und deine Wuchtbrumme gegen einen Eisberg geflogen, was?«
Mir friert die Spucke auf der Zunge ein. Diese verfluchten Kuppler! Was bilden sie sich ein? Dass das Universum ihnen allein gehört und wir Vierte nur dazu da sind, damit sie was zum Herumstoßen und Verarschen haben! Ich will's dem Typen richtig zeigen, aber mir tut noch alles weh im Mund vom vielen Fluchen und außerdem fällt mir sowieso nichts Cleveres ein, was ich sagen könnt'. Tut's nie, wenn ich's gerade brauch'. Hab's nicht so mit Worten. Ich steh' also da wie 'n Stück Robbenfutter und glotz' dem Kuppler baff in die Visage, da steigt Shon aus.
»Du bist der Eigner dieses Etablissements?«, schnarrt er mit so einem Ton in der Stimme, den nur Terraner hinkriegen. Man hört ihn und weiß sofort, wer im Universum wirklich sagt, wo's langgeht. Die Terraner natürlich. Als hätten sie's geerbt oder so was.
Ringun hat den Ton auch gehört. »Äh ... ja. Was kann ich für dich tun? Du ...«
»Shon Leehan«, hält Shon den Deckel drauf. Er lässt so nebenbei 'n Holo in der Handfläche aufblitzen. »Sonderbeauftragter des Terranischen Residenten für die Wahrung der Rechte autochthoner Intelligenzen.«
Ringun glotzt ihn an wie 'nen Geist. Ich auch. Autoch-was? Keinen Blassen. Shon hat Wörter drauf, die kein Mensch kennt, und manchmal schwingt er sie wie andere Leute 'nen Knüppel. Nur, dass man 'nen normalen Knüppel abfangen kann. Shons Wörter gehen glatt durch jeden Schutzschirm.
»Ah ja«, stammelt Ringun. »Was verschafft mir die Ehre eines so hohen Besuchs?«
»Dein schamloser Versuch, dich auf Kosten eines nichts ahnenden Ureinwohners zu bereichern, indem du ihm ein schadhaftes Ersatzteil verkauft hast.«
»Ich habe was? Das ist doch ...« Ringun knickt schneller ein, als Hagel aufs Eis klatscht. Shon ist 'ne echte Naturgewalt. Ringun bleibt seine gespielte Empörung in der Kehle stecken.
»Traurig«, schüttelt Shon jetzt den Kopf. »Einfach traurig. Ich liebe meine Arbeit, aber in Momenten wie diesen ... es ist kein schöner Anblick, wenn ein Mann seine Existenz für einen schäbigen, betrügerischen Profit aus dem Fenster wirft.« Er kramt sein Notizbuch raus und fängt an, darin zu kritzeln.
»W-was schreibst du da?«, fragt Ringun.
»Eine Anzeige. Das hier ist ein Fall für die Liga.«
»Die Liga?«
»Natürlich. Eine derartige Schandtat ... möglicherweise wird sich der Terranische Resident persönlich einschalten.«
»Perry Rhodan?«
»Derselbe.«
Der ganz dicke Knüppel. Kein Flakie, auch kein Kuppler, will was von der Liga wissen. Bringt nur Stress, wenn sich die Liga einmischt. Aber Rhodan ... der ist, na ja, 'ne andere Liga. Von dem denken alle, dass er's gut mit uns meint. Dass er über uns wacht, irgendwo da draußen ...
DOLSON: Irgendwo da draußen ... ich hoffe nur, da ist etwas dran. Dass Rhodan irgendwie ... [Schüttelt ärgerlich über sich selbst den Kopf.] Entschuldige, ich habe dich unterbrochen. Bitte, erzähl weiter.
YUN: Na ja ... Rhodan, das ist zu viel. Ringun winselt nur noch. Rhodan persönlich rückt ihm auf die Pelle! Ist in etwa so, als wenn der Himmel über einem einstürzen würde.
Ich lehn' mich zurück und genieß'. Geschieht ihm recht, dem Kuppelfurzer! Nicht nur fies, sondern auch noch blöder als 'n Eisklotz. Als wenn Perry Rhodan sich um 'nen Typen wie ihn kümmern würde! Niemals, obwohl das mit dem Himmel ja später wahr wurde. So ungefähr.
»M-muss das denn sein?«, jammert Ringun. »Gleich den Ersten Terraner bemühen? G-gibt es nicht einen anderen Weg?«
Ich mach's kurz. Das Winseln ging noch 'ne Weile weiter.