Sophienlust Staffel 15 – Familienroman. Susanne Svanberg

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Sophienlust Staffel 15 – Familienroman - Susanne Svanberg


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mir das noch länger anzusehen.«

      »Und was gedenkst du zu tun?«, fragte Hans gleichgültig.

      »Du wirst dich zwischen mir und dem stummen Gör entscheiden müssen. Da du erwachsen bist, wird dir wohl die Wahl nicht schwerfallen.« Marina lächelte kokett.

      »Dass ich mich ein wenig um Anja kümmere, hat doch eigentlich nichts mit uns zu tun«, erklärte Hans. Er legte den Gang ein und gab Gas. Bevor er vom Parkplatz rollte, winkte er Anja noch einmal zu.

      »Und ob das mit uns zu tun hat«, schimpfte Marina. »Du opferst deine gesamte Freizeit für ein fremdes Kind, und ich sitze herum und langweile mich.«

      »Gesamte Freizeit«, wiederholte Hans ärgerlich, »das ist doch wohl eine Übertreibung.«

      »Außerdem verwöhnst du die Kleine mit Süßigkeiten und Spielsachen. Ich bin der Ansicht, dass sich dies nicht mit deinem schmalen Einkommen als Beamter verträgt. Schließlich wollen wir auf eine eigene Wohnung sparen.«

      »Ich soll sparen«, stellte Hans richtig. »Während du dich nur um Kleider und Friseur kümmerst.«

      »Soll das ein Vorwurf sein? Hat es dir bisher nicht immer gefallen, dass ich mich schick gemacht habe? Ich glaube fast, der Gewitterregen damals ist dir nicht bekommen.«

      Hans Strasser bog auf die Hauptstraße ein und schwieg verbissen. Er war einfach nicht dazu aufgelegt, mit Marina zu streiten. Vielleicht hatte sie recht, wenn sie behauptete, dass er seit jenem Abend ein anderer Mensch geworden war. Das, was er in diesen Stunden erlebt hatte, ließ sich einfach nicht übergehen.

      *

      Grit trug einfache Jeans und ein T-Shirt. Jung und mädchenhaft wirkte sie darin. Mehrmals drückte sie auf den Klingelknopf neben dem Eingang zu David Danners komfortablen Bungalow. Endlich erscholl eine verschlafene Stimme neben ihr aus der Gegensprechanlage. »Was gibt’s?«

      »Ich bin’s, Grit.«

      »Oh, das nenne ich eine freudige Überraschung. Wollen wir miteinander frühstücken?«

      »Du hast mir doch versprochen, mich nach Sophienlust zu fahren.«

      Davids gute Laune schien schlagartig verschwunden zu sein. »Sophienlust? Das muss ein Irrtum sein.« In der Gegensprechanlage knackte es, der Türöffner summte.

      Grit lehnte sich sehr kräftig gegen den massiven Griff und stand im nächsten Augenblick in der geräumigen Diele. David hatte einen eleganten seidenen Morgenmantel übergezogen und war offensichtlich noch nicht gewaschen.

      »Ich wollte Anja abholen.«

      »Wir haben uns doch ausführlich darüber unterhalten, mein Herz, und sind zu dem Schluss gekommen, dass es besser ist, die Kleine vorläufig dort zu lassen, wo sie jetzt ist. Die Leute von Sophienlust werden später schon ein geeignetes Heim finden.«

      »Ich will aber nicht, dass sie in ein Heim kommt!« Die sonst so nachgiebige Grit zeigte sich in dieser Sache unerwartet hartnäckig. »Anja ist ein empfindsames Kind. Der Aufenthalt in einem Heim würde sie seelisch stark belasten. Sie würde verkümmern.«

      David ging zu der großen Hausbar, ließ sich auf einem der hohen Stühle nieder und schenkte sich Whisky ein. »Willst du auch einen?«, fragte er und zeigte auf sein Glas.

      Grit schüttelte den Kopf. »Fährst du mich nach Sophienlust?«, fragte sie.

      David ließ den Alkohol in seinem Glas kreisen. »Tut mir leid, mein Herz, aber ich habe heute wirklich keine Zeit. Geschäfte, weißt du. Zwischendurch habe ich nämlich auch zu arbeiten. Das verstehst du doch?«

      Grit ärgerte der überhebliche Ton, in dem er mit ihr sprach. »Gut, dann werde ich mit der Bahn fahren«, erklärte sie.

      David hob sein Glas und lachte. »Weißt du, dass Sophienlust überhaupt keine Bahnstation hat? Du musst vom nächsten Dorf aus mit dem Bus fahren, und wenn du Pech hast, darfst du laufen.« Er trank genussvoll seinen Whisky.

      »Das macht mir gar nichts aus«, erwiderte Grit eigensinnig. Dass David schon am frühen Morgen Whisky trank, passte ihr überhaupt nicht. Eigentlich hatte sie ihn so noch nie kennengelernt. War dies wirklich der Mann, mit dem sie ein Leben lang zusammen sein wollte?

      Zum ersten Mal stiegen Zweifel in Grit auf. In einer Woche schon sollte die Hochzeit sein. Bisher hatte sie sich unbändig darauf gefreut. Sie war überzeugt gewesen, dass sie mit David das große Glück finden würde. Doch nun war sie dessen nicht mehr so sicher. War es nicht denkbar, dass dieser Mann sie eines Tages ebenso herzlos behandelte wie Anja?

      »Schätzchen, so sei doch vernünftig.« Wieder sprach David in einem überheblichen, herablassenden Ton. »Morgen können wir über diese Fahrt reden, nur heute habe ich wirklich etwas anderes vor. Es ist ziemlich wichtig. Und es wird uns eine Menge Geld einbringen.« Er lachte geheimnisvoll.

      »Um was geht es denn?«, fragte Grit, neugierig geworden.

      David sah seine Braut sekundenlang durchdringend an. »Ich möchte nicht, dass du dich damit befasst«, sagte er dann kalt und schneidend. »Eine verwöhnte Frau sollte sich nicht um die Geschäfte ihres Mannes kümmern. Außerdem mag ich es nicht, wenn man mir nachspioniert. Das ist alles.«

      Grit schluckte. Heimlichkeiten und Misstrauen? War dies die richtige Basis für eine Ehe? Nein, so hatte sie sich das Zusammenleben mit David eigentlich nicht vorgestellt.

      »Ich dachte nur, dass ich dir vielleicht helfen könnte. Ich habe zu Hause in Schweden im Büro meines Bruders eine sehr verantwortungsvolle Stelle gehabt. Er kam oft, um mich vor Geschäftsabschlüssen um Rat zu fragen.«

      David Danner lachte belustigt auf. Fast mitleidig sah er auf Grit herab. »Ich möchte, dass meine Frau ganz allein für mich da ist und nicht den Kopf voller Geschäfte hat. Dafür bist du viel zu hübsch, Grit. Frag nun nicht weiter. Glaube mir, es gibt viele Mädchen, die überglücklich wären, wenn man ihnen ein so sorgenfreies Leben anbieten würde.«

      »Vielleicht. Aber ich möchte mit meinem Mann gern alles teilen. Auch seine geschäftlichen Interessen, seine Sorgen und seine Erfolge.«

      Tränen spiegelten sich in Grits blauen Augen. Sie fühlte sich erniedrigt, gedemütigt.

      »Ich mag aber lieber die romantischen Mädchen, die nur von Liebe träumen und nicht von Bilanzen.« David füllte sein Glas erneut.

      »Morgen hast du vielleicht wieder etwas anderes vor«, kam Grit auf ihr Anliegen zurück.

      »Schon möglich. Ein erfolgreicher Geschäftsmann ist nie Herr seiner Zeit. Daran wirst du dich gewöhnen müssen, mein Herz.«

      »Dann werde ich doch mit dem Zug fahren.«

      David leerte sein Glas in einem einzigen Zug. Er fuhr sich mit dem Handrücken über die Lippen. Seine dunklen Augen funkelten gefährlich. »Das wirst du nicht!«, erklärte er sehr bestimmt. »Aus dem einfachen Grund, weil ich es nicht will. Ich kann nicht zulassen, dass meine zukünftige Frau mit dem Zug fährt und in einen Bus umsteigt wie eine arme Landfrau. Ich werde dich schon nach Sophienlust bringen. Es hat doch überhaupt keine Eile. Außerdem könnte es doch auch sein, dass du dir die ganze Sache noch anders überlegst. So ein Kind ist eine Last. Das habe ich dir schon einmal gesagt.«

      »Anja wird mir nie zu viel sein.«

      Noch war Grit nicht bereit, nachzugeben. David sah es an dem unerschrockenen, furchtlosen Blick ihrer Augen und an den energisch zusammengepressten Lippen. War dies noch das Mädchen, das er so leicht beherrscht hatte? Das Mädchen, das ihm voll vertraut hatte?

      »Hast du überhaupt schon mit der Heimleiterin gesprochen? Hast du ihr gesagt, dass du die Kleine mit dir nehmen willst? In Sophienlust muss man doch darüber rechtzeitig Bescheid wissen.«

      Grit wurde es plötzlich heiß. Daran hatte sie noch gar nicht gedacht. Sie hatte sich in Gedanken immer nur mit Anja befasst, hatte überlegt, was der Kleinen Freude machen würde, und hatte sich Fachzeitschriften besorgt, um mehr über Schocks und deren Bekämpfung zu erfahren.


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