Sophienlust Bestseller Staffel 1 – Familienroman. Marietta Brem
Читать онлайн книгу.arme Adina«, verbesserte Denise. »Denn Adina war es und ist es, die am meisten darunter zu leiden hat. Ihr Vater hat ihr sehr deutlich gezeigt, daß er auch ihr die Mitschuld an der Trennung von Ihnen gibt.« Die Gutsbesitzerin blieb stehen. »Adina spricht sehr häufig von Ihnen. Das Kind sehnt sich nach einer Mutter. Ohne die Einmischung Frau Steins, wäre sicher alles anders gekommen.«
»Ich würde Adina so gern eine gute Mutter sein, aber ich habe Angst, wieder von ihr zurückgestoßen zu werden«, erwiderte Birgit. »Das Mädchen ist eine hervorragende Schauspielerin. Wer sagt mir denn, wann sie es ehrlich meint und wann sie mir nur etwas vormacht.«
»Mutti!«
Die beiden Frauen drehten sich um. Adina lief auf dem schmalen Weg zwischen den Bäumen. Sie breitete die Arme aus. »Mutti!« rief sie noch einmal, dann stürzte sie sich in Birgits Arme.
Irmela folgte ihr keuchend. »Tut mir leid, Angelika hat es ihr verraten«, sagte sie mit hängenden Schultern.
»Ich glaube, es ist alles in Ordnung«, meinte Denise. Sie nahm Irmela bei der Hand und ging mit ihr zum Haus zurück, um Birgit und ihrer Stieftochter Gelegenheit zu geben, allein miteinander zu sprechen.
*
Wolfgang Kayser brachte seinen Wagen mit quietschenden Reifen vor der Freitreppe des Kinderheims Sophienlust zum Stehen. Denise von Schoenecker hatte ihn mitten in einer Besprechung angerufen und gebeten, sofort nach Sophienlust zu kommen. Noch bevor er fragen konnte, was passiert war, hatte es klack gemacht und die Verbindung war unterbrochen gewesen. Vergeblich hatte er danach mehrmals versucht, das Kinderheim zu erreichen. Die Leitung war immer belegt gewesen.
Mit wenigen Schritten rannte er die Treppe hinauf, eilte durch die Halle, ohne die Kinder zu beachten, die dort spielten.
»Was ist passiert?« fragte er, nachdem er die Tür des Empfangszimmers aufgerissen hatte. Erst dann wurde ihm seine Unhöflichkeit bewußt. »Verzeihen Sie, aber ich bin völlig außer mir. Ist etwas mit Adina?«
»Ja, es ist etwas mit Adina«, erwiderte Denise von Schoenecker und stand auf.
»Hatte sie einen Unfall?«
Die Gutsbesitzerin verneinte. »Adina ist auf der Koppel«, sagte sie. »Ich fahre mit Ihnen hin.«
»Aber warum…« Wolfgang hob die Achseln. »Ich hoffe, Sie haben einen guten Grund, mich aus Hamburg hierherzuzitieren. Ich war fast die ganze Nacht unterwegs.«
»Es gibt einen Grund, Herr Kayser.« Denise lächelte. »Kommen Sie, bringen wir es hinter uns.« Sie zwinkerte Frau Rennert zu.
Schweigend saß Wolfgang Kayser auf dem Beifahrersitz ihres Wagens. Er hätte sie zu gern ausgefragt, doch er spürte, daß sie ihm seine Fragen nicht beantworten würde.
Denise hielt in der Nähe der Koppel, auf der Zarah untergestellt war. »Sie können aussteigen«, sagte sie munter. »Ich warte hier, gehen Sie nur zur Koppel.«
Wolfgang blickte sie verständnislos an, dann stieg er wortlos aus. Durch das hohe Gras marschierte er zur Koppel. Er sah in der Ferne zwei Gestalten neben einem Pferd stehen.
»Adina!« rief er.
Das Mädchen blickte in die Richtung, aus der der Ruf gekommen war. »Vati!« schrie es und rannte auf ihn zu. Wolfgang bemerkte, daß Adina wieder die Sophienluster Reitkleidung trug.
Langsam drehte sich die andere Gestalt um.
Die Augen des Mannes wurden immer größer. Ohne nachzudenken, stieg er über die Koppel und ging seiner Tochter entgegen. Stumm griff er nach Adinas Hand. Automatisch setzte er einen Fuß vor den anderen und zog seine Tochter mit.
»Birgit«, sagte er kaum hörbar, als er seine Frau fast erreicht hatte. Er ließ Adinas Hand los.
»Ich bin zurückgekehrt«, flüsterte Birgit. Sie sah ihn an. In ihren Augen schimmerten Tränen. »Wir könnten es noch einmal miteinander versuchen. Das heißt, wenn du es willst.«
»Und ob ich will.« Er zog Birgit an sich. »Wie kannst du nur so etwas fragen?«
»Habt ihr euch nun wieder lieb?« erkundigte sich Adina.
»Bleibt ihr für immer zusammen?« »Möchtest du es denn?« Wolfgang wandte sich seiner Tochter zu. Er legte einen Arm um die Elfjährige.
»Ja!« Adina schmiegte sich an ihren Vater und ihre Stiefmutter. »Ich möchte eine Mutter haben, wie die anderen Kinder auch. Ich werde nie wieder so böse sein.« Sie blickte zu Birgit auf. »Eigentlich habe ich dich schon immer gemocht, ich wollte es nur nicht zeigen.«
»Dann sind wir endlich eine Familie«, sagte Wolfgang ergriffen. »Jetzt wird uns nichts mehr trennen. Ich schwöre dir, Birgit, es tut mir leid, was zwischen uns vorgefallen ist. Es war alles meine Schuld.«
»Sprechen wir nicht mehr davon«, schlug die junge Frau vor. »Vergessen wir die letzten Wochen und beginnen wir noch einmal ganz von vorn.«
Denise von Schoenecker gab Gas und wendete ihren Wagen. Sie wußte, jetzt wurde sie nicht mehr gebraucht. Die Kaysers hatten zueinander gefunden, jetzt würde sie nichts mehr trennen können. Zufrieden fuhr sie nach Sophienlust zurück.
Arm in Arm gingen Wolfgang, Birgit und Adina zu den beiden Fahrrädern, die an der Koppel lehnten. Die Räder schiebend, schlugen sie den Weg nach Sophienlust ein. Sie wollten noch am selben Tag nach Hause zurückfahren. Glücklich summte Adina ein Lied vor sich hin. Hoch über ihren Köpfen ging die Sonne unter und tauchte den Himmel in blutrote Farbe.
»Nehmen wir es doch einfach als gutes Omen.« Birgit deutete auf den Sonnenball.
»Brauchen wir überhaupt ein Omen?« fragte Wolfgang. Er ließ das Fahrrad auf den Weg gleiten und schloß die Frau in seine Arme. Sehnsüchtig küßte er sie mitten auf den Mund.
»Ich fahre schon voraus«, rief Adina und schwang sich auf ihr Gefährt. »Ihr braucht sicher länger.« Sie winkte ihren Eltern noch einmal zu, dann radelte sie davon.
»Haben wir nicht eine verständnisvolle Tochter?« fragte Wolfgang.
»Habe ich je etwas anderes behauptet?« Birgit lehnte sich glücklich an ihn. Die Welt war für sie endlich wieder in Ordnung. Sie hätte tanzen mögen vor Glück.
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