Sophienlust Bestseller Staffel 1 – Familienroman. Marietta Brem

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Sophienlust Bestseller Staffel 1 – Familienroman - Marietta Brem


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Herzen, von dem er noch nicht einmal etwas gewußt hat.« Trocken schluchzte sie auf und wagte einen ängstlichen Blick in die Tiefe.

      »Kommen Sie doch, ehe Sie noch abstürzen«, versuchte es Denise noch einmal. »Sie wollen eigentlich gar nicht springen, sonst hätten Sie es längst getan. Warten Sie, ich helfe Ihnen.«

      Aber die junge Frau wehrte sich noch immer. »Hauen Sie endlich ab mit Ihren klugen Reden, die mir auch nicht helfen können. Ohne Jochen hat mein Leben keinen Sinn mehr.«

      »Und sein Kind? Was meinen Sie, was Ihr Jochen sagen würde, wenn er wüßte, daß Sie sein Kind umbringen wollen? Ich glaube nicht, daß er das verstehen würde.«

      Wieder schaute die Lebensmüde zögernd in die Tiefe. Ein kalter Schauer rann über ihren Körper, und Denise spürte das Beben, das auch auf sie selbst übergriff. Sie wußte, daß sie es sich niemals würde verzeihen können, wenn sie hier versagte.

      Die Ampel schaltete auf Grün um, und in der Ferne sah sie die Scheinwerfer eines Autos, das sich langsam näherte. Anscheinend hatte der unbekannte Fahrer begriffen, daß er sich beeilen mußte, wenn er noch durchfahren wollte, denn er gab plötzlich Gas und kam rasch auf sie zu.

      Denise betete inständig darum, daß er sie bemerken und ihr zu Hilfe eilen würde, aber nichts dergleichen geschah. Ohne anzuhalten, fuhr das Auto an ihnen mit abgeblendeten Scheinwerfern vorbei.

      Die Enttäuschung trieb Denise Tränen in die Augen. noch fester hielt sie den Arm des Mädchens umklammert, das jeden Moment in den Abgrund stürzen konnte.

      »Bitte, kommen Sie zurück. Dann können wir über alles in Ruhe reden«, bat sie.

      Die Fremde gab keine Antwort. Sie schien zu überlegen.

      »Ich bin sicher, daß wir gemeinsam einen Ausweg finden werden.«

      »Niemals!« Plötzlich begann das fremde Mädchen zu weinen, und jetzt wußte Denise, daß sie gewonnen hatte.

      »Ein Leben ohne Jochen ist für mich kein Leben mehr. Er war mein ein und alles.«

      »Sie sind noch sehr jung und haben das Leben noch vor sich«, sagte Denise mitfühlend. »Sehen Sie, ich habe ein kleines Mädchen im Auto. Agnes ist fünf Jahre alt, ihre Mami ist vor einer Woche an einer schrecklichen Krankheit gestorben. Die Kleine hat keinen Vater, weil niemand ihn kennt. Seinen Namen hat die Mutter mit ins Grab genommen. Wie gern hätte Gisela gelebt und selbst für ihr Kind gesorgt. Aber das Schicksal hat es eben anders bestimmt. Ich habe Agnes gesagt, daß der liebe Gott ihre Mami im Himmel dringend gebraucht hat. Vielleicht braucht er Ihren Jochen auch.«

      Ein kleines trauriges Lächeln stahl sich über das schmale Gesicht des weinenden Mädchens, und Denise stellte überrascht fest, wie hübsch es eigentlich war.

      »Haben Sie noch Eltern oder Geschwister?«

      »Nein, niemanden mehr. Darum wollte ich auch Schluß machen. Es hat ja doch alles keinen Sinn mehr.« Sie taumelte. In letzter Sekunde konnte Denise sie noch aufhalten.

      »Jetzt kommen Sie endlich zurück. Sie haben sich doch längst für das Leben entschieden.«

      »Für was für ein Leben denn? Eine ledige Mutter ohne Heim und ohne Zukunft. Was ist das für ein Leben, das mich erwartet, das ich meinem Kind bieten kann? Mit Jochen zusammen wäre das etwas geworden, aber so? Nein, nein, es ist zwar lieb von Ihnen gemeint, aber das ist die beste Lösung. Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.«

      »Jetzt seien Sie aber vernünftig«, antwortete Denise härter, als sie beabsichtigt hatte. Damit aber hatte sie genau den richtigen Ton getroffen. »Sie sind nicht allein, denn ich bin ja auch noch da. Wahrscheinlich war es Schicksal, daß wir uns begegnet sind. Ich leite ein privates Kinderheim, das meinem Sohn gehört. Wenn Sie möchten, dann werden Sie und Ihr Kind bei uns ebenfalls ein schönes Plätzchen finden, solange Sie wollen.«

      »Sie haben Arbeit für mich?« fragte das Mädchen ungläubig und begann tatsächlich, über das Geländer zu steigen. »Oder wollen Sie mich bloß von hier weglocken, damit ich nicht hinunterspringe?« Ihr Blick wurde schon wieder mißtrauisch.

      »Jetzt kommen Sie schon. Merken Sie nicht, daß es anfängt zu regnen? Ich habe keine Lust, wegen Ihnen bis auf die Haut naß zu werden.« Nur schnell weg vom Geländer, schoß es Denise durch den Kopf, und sie zog die Fremde eilig zu ihrem wartenden Auto.

      »Und jetzt verraten Sie mir, wie Sie heißen«, sagte sie erleichtert, als sie endlich beide im Auto saßen. Denise kam sich vor, als hätte sie einen langen Waldlauf hinter sich, so müde war sie. Voller Sehnsucht dachte sie an ihren Mann Alexander und an ihr weiches warmes Bett, das noch mindestens zwei Stunden auf sie würde warten müssen.

      Zuerst galt es, Agnes unterzubringen, und dann wollte sie sich auch noch um dieses verzweifelte Mädchen kümmern, ehe sie an ihre eigenen Bedürfnisse denken konnte.

      »Ich heiße... Sabine Kroff«, antwortete das Mädchen leise und rieb seine schmalen Hände gegeneinander. Überhaupt war die junge Frau sehr zierlich, ja, fast mager, das sah Denise jetzt erst, als sie neben ihr saß.

      »Und ich bin Denise von Schoenecker. Die Kinder von Sophienlust nennen mich Tante Isi, und wie ich sehe, sind Sie ja auch noch fast ein Kind. Also, wenn Sie möchten, dann dürfen Sie mich auch so nennen.«

      Sabine lächelte dankbar. »Sie wollen mir also wirklich helfen, ... Tante... Isi? Gibt es so etwas überhaupt noch, oder bin ich schon längst tot und im Himmel?«

      »O nein, Sabine, so schnell geht das nun auch wieder nicht. Eine Weile müssen Sie schon noch auf unserer guten Erde bleiben, und ich bin sicher, daß die Zeit kommen wird, wo es Ihnen wieder gefällt.«

      »Vielleicht haben Sie recht«, schluchzte Sabine plötzlich auf und preßte die Hände vors Gesicht.

      »Sind wir schon da, Tante Isi?« Verschlafen rieb sich die kleine Agnes die Augen. »Meine Mami! Ist meine Mami doch noch mit uns gekommen?« rief das Kind überrascht aus. »Tante Isi, warum weint meine Mami denn?«

      Fest umklammerte Denise das Lenkrad. Die Geschehnisse des heutigen Tages drohten über ihre Kraft zu gehen, dabei war sie noch nicht mal am Ziel.

      Als sie endlich die Lichter von Sophienlust erblickte, hätte sie am liebsten vor Freude geweint.

      *

      »Ja, ich komme ja schon.« Hartnäckig schrillte das Telefon weiter, und die junge, gutaussehende Frau in dem weinroten Morgenrock erhob sich aus ihrem bequemen Sessel. Sie hatte kurze, blonde Haare, die sich an den Schläfen leicht kringelten. Ihre Haut war blaß und ihre Gesichtszüge ebenmäßig.

      »Eckstein«, meldete sie sich, und ihre Stimme vibrierte vor Erregung.

      »Hallo, Marga. Ich bin es, Manfred. Wie sieht es aus? Hast du heute nachmittag Zeit für mich?«

      »Dumme Frage«, antwortete die Frau grimmig. »Für dich habe ich immer Zeit. Was glaubst du, weshalb ich meinen Mann verlassen habe.«

      »Laß bitte deine makaberen Witze, Marga. Du weißt, daß ich für solche Anzüglichkeiten nichts übrig habe.« Die Stimme des Mannes klang verärgert.

      »Tut mir leid, Manfred, ich wollte dich nicht beleidigen. Was hast du vor heute?« Sie versuchte, ihn abzulenken, und es gelang ihr auch.

      »Eigentlich nicht viel. Ich dachte, wir gehen ins Lamm zum Mittagessen. Gegen Abend können wir dann in die Stadt fahren, nachdem wir unseren Nachmittagsspaziergang hinter uns haben, und dort gepflegt dinieren gehen. Was hältst du davon? Den Tag können wir ja dann mit einem schönen Kinofilm ausklingen lassen.«

      »Einverstanden, Manfred. Wann kommst du?«

      »So etwa in zwei Stunden. Ich bin im Büro noch nicht ganz fertig, aber bis dahin kann ich es schon einrichten.«

      »Gut, Manfred. Du, ich freue mich.« Atemlos wartete sie auf seine Antwort, aber er sagte nicht das, was sie sich erhofft hatte.

      »Also dann, bis nachher. Ich muß mich beeilen, wenn ich


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