Mami Staffel 13 – Familienroman. Lisa Simon

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Mami Staffel 13 – Familienroman - Lisa Simon


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warf ihr gereizt einen Blick zu. Wie immer sah Helena aus wie aus einem Modemagazin entstiegen. Das grüne Kostüm paßte wundervoll zu ihren roten Haaren, die sie in lockeren Wellen bis zur Schulter hinunter trug. Julian war es nicht wichtig, ob die Haarfarbe echt war oder nicht. Helena war eine angenehme Begleiterin für Mußestunden.

      Sie war anschmiegsam wie ein kleines Kätzchen, sie verlangte keine geistreiche Unterhaltung. Ein Mann, der so gestreßt war wie er, konnte in ihrer Gesellschaft entspannen.

      Aber manchmal ging ihm ihre Naivität auf die Nerven. Manchmal wünschte er sich eine Begleiterin, mit der man gute Gespräche führen konnte, die sich für seine Arbeit interessierte.

      Einmal hatte er geglaubt, so ein Mädchen gefunden zu haben. »Wenn du jetzt nicht ein anderes Gesicht machst«, drohte Helena wütend, »dann schreie ich.«

      »Das paßt aber nicht zu deiner eleganten Aufmachung, meine Liebe. Darf ich dir die Tür öffnen?«

      Die Vernissage war gut besucht. Überall standen die auffallend gekleideten Damen und die gut angezogenen Herren herum, hielten Sektgläser in den Händen und gingen von Bild zu Bild.

      Herr Gutenberg kam mit ausgestreckten Händen auf sie zu.

      »Wie freue ich mich. Was wäre meine Vernissage ohne die schöne Helena? Und auch der Herr Architekt hat sich von seiner Arbeit gelöst.«

      Julian langweilte sich gründlich. Ihm ging die Atmosphäre gewaltig auf die Nerven. Aber Helena war in ihrem Element. Sie begrüßte überschwenglich Leute, über die sie sich später amüsieren würde, küßte sie auf beide Wangen, wandte sich den Nächsten zu.

      Julian entfernte sich geschickt von ihr. Heute ging ihm nicht nur das alles hier, heute ging ihm auch Helena auf die Nerven. In den nächsten Tagen werde ich keine Zeit für sie haben, nahm er sich vor. Was für ein Segen, daß wir nicht zusammen wohnen. Das war allerdings Helenas sehnlichster Wunsch.

      Mit dem Glas in der Hand wanderte er durch den Raum, die Bilder interessierten ihn kaum.

      Aber dann war seine Langeweile mit einem Schlag verschwunden, als wäre sie nie dagewesen.

      Das Bild hing in einem schmalen blauen Rahmen. Es war ein kleines Mädchen, das hingebungsvoll mit Bauklötzen spielte. Was ihn so anrührte, dastehen ließ, als wäre er festgewachsen, das hätte Julian nicht zu sagen gewußt.

      Er stand nur da und starrte auf das lebendige Gesichtchen, die Locken kringelten sich auf der hohen Stirn. Die braunen Augen waren umschatten von langen Wimpern.

      »Sie haben es also entdeckt«, Herr Gutenberg schnaufte ein wenig. Wenn er zuviel laufen mußte, machte sich sein Herz bemerkbar.

      »Ist es nicht bezaubernd? Ich habe die junge Künstlerin kennengelernt, sie ahnt nicht einmal, welches Talent sie besitzt. In einigen Jahren werden Bilder von ihr für normal Sterbliche nicht zu bezahlen sein.«

      Ihm war, als hätte er das Kind schon einmal gesehen.

      Unsinn. Ein Kind würde niemals einen solchen Eindruck bei ihm hinterlassen haben.

      Es war die Ähnlichkeit…

      Mit wem?

      Auf Gutenbergs Worte achtete er nicht. Er starrte das gemalte Bild grüblerisch an. An wen erinnerte das Kind ihn? An einen Menschen, den er schmerzlich vermißte, sonst könnte doch sein Herz nicht solche Kapriolen schlagen.

      »Hier bist du.« Helena schmollte. Sie hatte schon zuviel Sekt getrunken, aber das registrierte er nur am Rande. »Ich suche dich überall. Ich habe ein Bild entdeckt, Julian, das dich begeistern wird.«

      Sie wandte sich lächelnd an Gutenberg, der ihr seine volle Aufmerksamkeit schenkte.

      »Julian bewohnt eine entzückende Wohnung in einem Altbau. Aber wenn wir heiraten, werden wir natürlich ein Haus bewohnen«, plapperte sie. Julian hörte gar nicht zu. »Julian hat ein Haus auf dem Hügel gebaut. Man hat von dort oben einen herrlichen Blick. Die ganze Stadt liegt einem zu Füßen. Wenn die Lichter in den Fenstern blinken, gesellen sie sich zu dem Sternenlicht.«

      »Das haben Sie wunderschön gesagt«, bewunderte sie Gutenberg. Was er wirklich dachte, das zeigte er nicht. Höflichkeit ist doch eine verlogene Angelegenheit, dachte er resigniert, aber er lächelte.

      »Das Bild dort hinten an der Wand gefällt mir gut. Du mußt es dir unbedingt ansehen, Julian. Es besteht nur aus Farben, eine leuchtender als die andere. Was starrst du denn immerzu auf das Bild?« Das Julian so unhöflich war und überhaupt nicht reagierte, faßte sie ihn ein wenig unsanft an die Schulter.

      Erst jetzt bemerkte sie, daß Julian die derbe Tweedjacke mit den Lederflecken am Ellbogen trug. Er hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, sich umzuziehen.

      Aber diese lässige Eleganz paßte zu ihm. Er war ein Mann, der sich um sein Aussehen nicht viel Gedanken machte.

      »Wer hat das Bild gemalt?« wandte sich Julian an Herrn Gutenberg.

      »Sie können es nicht kaufen.« Herr Gutenberg seufzte untröstlich. »Es ist unverkäuflich. Aber die Dame hat noch andere Arbeiten. Bei der nächsten Vernissage werde ich sie ausstellen.«

      »Wie heißt sie.«

      »Ist das denn wichtig?« Helena zupfte ärgerlich an seinem Arm. »Ich mag Kinderbilder eigentlich nicht. Was findest du nur so besonders daran? Komm, sieh dir mein Bild an, das ich entdeckt habe. Es müßte wundervoll für die Diele sein. Das Licht kommt von drei Seiten, die Farben würden herrlich zur Geltung kommen. Ich hoffe, Herr Gutenberg, daß das Bild verkäuflich ist.«

      Gutenberg ging mit ihr davon, Julian war froh darüber.

      Die großen braunen Augen zogen ihn in seinen Bann. Natürlich war es lächerlich, aber er konnte sich nicht davon lösen.

      Plötzlich fiel ihm ein, an wen das Kind ihn erinnerte.

      Gutenberg kam zurück, ein wenig amüsierte ihn Julians Interesse.

      »Ich hätte gern gewußt, wie die Malerin heißt.« Julians Glas war noch immer bis zum Rand gefüllt, er war beherrscht genug, um Gutenberg nicht seine Aufregung zu zeigen.

      »Da muß ich nachsehen«, log er. »Schließlich habe ich nicht alle Namen junger Künstler im Kopf. Aber wenn sie auch zu ihr fahren, glauben Sie mir, das Bild ist unverkäuflich.«

      »Das Bild interessiert mich weniger«, erklärte Julian nach kurzem Überlegen. »Das Kind erinnert mich nur. Diese Ähnlichkeit ist verblüffend. Sie würden mir wirklich einen Gefallen erweisen, wenn Sie mir den Namen sagen.«

      Julians graue Augen richteten sich voll auf das rote Gesicht des Mannes.

      »Kommen Sie mit in mein Büro.« Gutenberg ging ihm voran, zum Glück waren die Gäste im hinteren Raum und umstanden Helena, die begeistert das Bild lobte.

      Julians Herz klopfte schmerzhaft. Es war ja Unsinn, was er sich einbildete. Er war einfach überarbeitet… Hirngespinste gaukelten in seinem Kopf.

      Julian glaubte, die Zeit vergessen zu haben. Aber ganz plötzlich war die Erinnerung wieder da. So deutlich, als hätte jemand einen Schleier fortgezogen.

      Die Wochen in Ischl wurden mit einem Schlag wieder lebendig. Er glaubte sogar, das Lachen Lauras zu hören. Wie eine Glocke klang es. Laura… traumhaft schöne Tage, traumhaft schöne Stunden.

      Vorbei… einfach so.

      Gutenberg blätterte in seinen Papieren. Sehr viel Ordnung hatte er offensichtlich nicht. Hin und wieder warf er einen vorwurfsvollen Blick auf den Architekten, der offensichtlich immer nervöser wurde.

      »Ich sollte bei meinen Gästen sein«, murmelte Gutenberg.

      Wie deutlich, wie schmerzhaft plötzlich die Tage in Ischl lebendig wurden. Laura in einem leuchtend roten Anzug, eine kecke Mütze auf den Locken.

      Laura, wie sie im Schnee lag, gestürzt im Steilhang… wie er sich über sie beugte…

      Hatte


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