G.F. Barner Staffel 7 – Western. G.F. Barner
Читать онлайн книгу.Weite für Dwellers Revolver.
Großer Gott, sie sind Narren, denkt Brendan verzweifelt. Merken sie denn nichts? Können sie sich nicht ausrechnen, daß Dweller ihnen niemals auch nur einen Cent geben wird? Er erzählt ihnen, er wolle sehen, ob ich gut unten lande, aber in Wahrheit hat er vor, sie zu erschießen, sobald ich unten bin.
Fenter schleift ihn bis zur Kante und richtet ihn dann auf. Sie haben Brendan an einen abgehauenen Ast gebunden, und Brendan kann weder austreten, noch die Arme gebrauchen. Steif wie eine Mumie steht Brendan, von den beiden Männern gehalten, einen Schritt vor dem Abgrund. Er kann nur die Tiefe erkennen und schließt einen winzigen Moment schaudernd die Lider. Unter ihm liegen im Zwielicht der einsetzenden Dämmerung die buckligen, schroffen Felsen. Klippen ragen wie messerscharfe Grate hoch. Dazwischen ist großes Geröll, große Felsbrocken.
»Fenter, in Ordnung«, hört er Dweller heiser sagen. »Noch näher mit ihm. Und dann hinunter, ich werde sehen, wo er aufkommt. Der verdammte Bluthund, hier ist seine Fährte schon zu Ende.«
In diesem Augenblick sieht Fenter Brendan an, dreht ihn dann mit einem Ruck und schrickt zusammen, als er in Brendans Augen blickt.
Brendans Blick liegt auf der Stelle, an der Dweller kauert. Der Verräter kniet, starrt in die Tiefe und sieht nicht, daß sich hinter ihm ein Busch teilt.
Aus dem Busch taucht lautlos eine kleine, magere Gestalt mit einem schmutzigen, fleckigen Hirschlederhemd auf.
*
Mein Gott, denkt Brendan verstört, als er den kleinen Mann vorwärtsschnellen und mit dem Revolver zuschlagen sieht, Matt Jackson!
Es ist die Sache eines Augenblicks.
Kaum wendet Brendan den Kopf, als Fenter seinem Blick folgt. Zwar sieht Fenter seitlich zu jenem Vorsprung, aber für ihn genügt ein blitzschnelles Kopfherumdrehen, um den kleinen Mann dort herumwirbeln zu sehen.
Jackson, der kleine Mann mit den kurzen Säbelbeinen und langen Armen, muß über den zusammengesunkenen Dweller hinweghechten. Die Bewegung wird von Fenter augenblicklich erkannt.
Noch ist der kleine Mann mitten im Sprung, als Fenter den Mund zu einem Schrei aufreißt und sich zurückwirft. Fenter erkennt den Revolver in der Hand Jacksons und handelt im Bruchteil eines Augenblicks. Noch kann der kleine Bursche nicht schießen, noch hat Fenter eine Chance, von der Kante und hinter den nächsten Busch zu kommen.
»Johnson, Vorsicht!«
Brendan begreift es jäh: Er hat sich geirrt. Weder Fenter noch Johnson haben Dweller blindlings vertraut. Beide sind bereit gewesen, sofort gegen Dweller Front zu machen, das erkennt Brendan im Bruchteil einer Sekunde. Die beiden Schurken müssen geahnt haben, was Dweller ihnen zugedacht hatte.
Kaum ist Fenters Schrei heraus, als sich auch Johnson zurückwirft. In seiner rechten Hand, mit der linken hat er Brendan gehalten, taucht jäh der Revolver auf. Der Mann zieht so schnell, daß Dweller kaum eine Chance gehabt hätte, sie zu überraschen.
Brendan aber steht plötzlich, herumgerissen von Johnsons Hand, aufrecht und frei dicht an der Schluchtkante. Es ist Brendan, als käme ihm die Kante rasend schnell entgegen.
Es geht hinunter, denkt er noch.
Und dann hört er den Knall.
*
Das fürchterliche Gefühl, zu fallen, dauert nur eine Sekunde. Er schlägt hart auf und spürt, wie die dicke Stange gegen seinen Rücken prallt. Dann liegt er, den brüllenden Knall von Fenters Revolver noch in den Ohren, dem jetzt ein zweiter Schuß folgt, auf dem Rücken. Im Unterbewußtsein fühlt er die todbringende Nähe der Schluchtkante, während links von ihm Zweige brechen und Fenter vornüber in den Busch fällt. Äste brechen unter der Gewalt von Fenters Fall.
Brendan hebt den Kopf, er sieht Johnson keine zwei Sehritte vor dem Busch, in den Fenter gestürzt ist. Mit einer seltsam unbeholfenen Bewegung versucht Johnson seine rechte Hand mit dem Colt hochzubringen. Aus der Mündung der Waffe bricht die nächste Feuerlanze, und die Kugel schlägt keinen Schritt von Brendan entfernt in den Boden ein. Danach torkelt Johnson mit verzerrtem, zuckendem Gesicht rückwärts. Der Mörder stolpert keine zwanzig Zoll an Brendans Stiefel vorbei. Dann neigt er sich nach vorn und sinkt in sich zusammen. Brendan hat den Eindruck, als würde Johnson zu Boden sinken. Danach aber hört er das dröhnende Gepolter und versucht den Kopf zu heben.
Brendan sieht nun, was geschehen ist. Bis jetzt hat Brendan nur nach rechts gesehen. Nun blickt er nach links und macht im nächsten Moment die Lider zu. Unmittelbar an Brendans Stiefeln beginnt die Kante der Schlucht. Die Stelle, an der Johnson vor drei Sekunden noch gewesen ist, ist leer. Johnson ist verschwunden, wie von einem Strudel verschlungen.
Nur das schwere, dröhnende Gepolter von Steinen dringt aus der Tiefe zu Brendan hoch.
Es ist der heisere, krächzende Laut einer Stimme irgendwo hinter Brendan, der ihn dazu bringt, die Lider wieder zu öffnen. So gut er kann, nimmt Brendan den Kopf herum. In diesem Augenblick sieht er den kleinen Mann am Boden knien.
Matt Jacksons Gesicht ist totenbleich. In seinem Hirschlederhemd ist ein Loch, aus dem Blut rinnt. Der kleine Mann starrt Brendan aus weit geöffneten Lidern an. Dann neigt sich sein Oberkörper nach vorn. Jackson kippt um. Dennoch bleibt sein Blick auf Brendan gerichtet. Es ist unheimlich, wie Jackson trotz seiner augenblicklichen Schwäche die Hände nach vorn nimmt. Er läßt nicht mal den Revolver los, sondern zieht sich mit steinernem Gesicht und fest zusammengebissenen Zähnen Zoll um Zoll an Brendan heran. Dabei läßt er Brendan keine Sekunde aus den Augen. Und nur die Augen verraten, welche Schmerzen Matt Jack-son in diesem Augenblick fühlen muß.
Trotz allem, der kleine Mann kriecht, er kommt und gibt nicht auf. Brendan beobachtet die Anstrengung Jacksons mit verstörtem Staunen. Mühsam zieht sich Jackson bis an Brendans Seite.
Danach richtet sich Jackson auf. Seine Hände sind nach wie vor in Brendans Schultern verkrallt.
So wirft sich der kleine Mann mit einem Ruck nach hinten. Der Schwung reicht aus, Brendan über die rechte Schulter zu wälzen und auf den Bauch zu rollen.
Sekundenlang glaubt Brendan, halb erstickt durch den Knebel, keine Bewegung mehr neben sich zu spüren. Er ist unfähig, sich zu regen oder zu rufen.
Plötzlich ist es Brendan, als kröche ihm etwas über den Rücken. Er hört das scharfe, fauchende Luftausstoßen und Atemeinsaugen des kleinen, ei-
senharten Jackson unmittelbar neben sich.
Augenblicke später fühlt er, wie sich der gräßliche Druck um seine Arme lockert. Und dann sagt Matt Jackson mit krächzender, kaum hörbarer Stimme:
»Es hat gereicht, well.«
Dies ist alles, was der kleine Mann herausbringt. Brendan hat die Hände frei, aber Jackson liegt auf ihm wie ein schwerer Klotz. Nur mühsam gelingt es Brendan, die Hände zum Knebel zu bringen. Er starrt auf die tiefen roten Striemen an seinen Handgelenken und stemmt sich von der Kante ab. Der kleine Mann rutscht nun von ihm herunter und bleibt neben ihm liegen. Sein breites Jagdmesser liegt im Gras. Brendan packt es, richtet sich nach einer Drehung zur sitzenden Stellung auf und durchtrennt auch die Stricke, die seine Beine an die Stange gepreßt haben.
»Matt!« stößt er nach ein paar keuchenden Atemzügen heraus. »Kleiner, he, Matt.«
Der kleine Mann liegt auf der Seite und macht ein seltsam friedliches Gesicht.
»Großer Gott, er wird doch nicht tot sein?«
Brendan beugt sich vor, kommt auf die Knie und legt die Hand an Jacksons Hals. Jacksons Puls schlägt, der kleine, zähe Bursche ist ohnmächtig geworden. Matt hat ihm das Leben gerettet.
*
Regen klatscht gegen die Scheiben. Grau der Himmel, Kälte draußen und auch hier in jenem Backsteinbau von Omaha. Der Tag ist da, ein trüber, düsterer Herbsttag voller Dunst und gespenstischer Stille.
Omaha, denkt Brendan und starrt aus dem Fenster auf den Hof hinunter, Omaha, Nebraska. Ich wußte doch, daß