Schon wieder einer tot. Irene Wondratsch

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Schon wieder einer tot - Irene Wondratsch


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sie würde letztendlich todmüde ins Bett fallen, der irrte. Es kam eher öfter als selten vor, dass sie ihn verführte und er sein Letztes geben musste. Schließlich wollte er wenigstens im Bett seinen Mann stehen.

      Als er ihr einmal aus der Zeitung vorgelesen hatte, dass Paare in Langzeitbeziehungen in der Regel höchstens einmal pro Woche, manchmal auch nur einmal pro Monat oder noch seltener Sex hatten, stieß sie mit gespieltem Entsetzen einen Schrei aus und umarmte ihn lachend, setzte sich auf seinen Schoß und knöpfte ihre Bluse auf.

      Wenn sie ihn wenigstens einmal betrügen würde. Dann müsste er nicht so ein schlechtes Gewissen haben wegen Susi. Sie schafften es fast immer, gemeinsam für Nachtdienste eingeteilt zu werden. Der leitende Oberarzt, der den Dienstplan machte, fand es vernünftig, wenn Menschen, die gut miteinander auskamen, zusammenarbeiteten. Das Zimmer für die diensthabenden Nachtärzte hatte Joe längst mit einem CD-Player ausgestattet, denn »Je t’aime« oder »Sexual Healing« konnte die Stimmung ganz schön anheizen.

      Rosa war, ihrem geradlinigen Charakter entsprechend, die Treue in Person.

      Und so verständnisvoll. Akzeptierte sogar, dass er keine Kinder wollte.

      Susi hingegen war weniger verständnisvoll. In letzter Zeit drängte sie immer öfter auf Scheidung. Sie wollte ihn ganz für sich haben. Sie war nicht nur jung und sehr sexy, sie war auch schutzbedürftig, wollte ihren Kopf an seine Schulter lehnen, was er gerne zuließ. Meistens blieb es aber nicht dabei und er vergrub seinen Kopf zwischen ihren Brüsten oder Schenkeln.

      Susi brauchte ihn wirklich. Wer sonst hätte mit ihr die Großeinkäufe gemacht, wo sie doch kein Auto hatte. Er konnte sie nicht im Stich lassen. Den Härten des Lebens unbehütet ausliefern. Jede Frau außer Rosa brauchte einen Beschützer. Rosa würde sehr gut allein zurechtkommen. Aber könnte er ohne sie noch seinen Porsche behalten, den sie ihm zum vierzigsten Geburtstag geschenkt hatte? Ganz abgesehen davon, dass seine Frau an der Universitätsklinik das Doppelte verdiente, hatte sie auch noch ein beträchtliches Vermögen geerbt, das ihnen einen hohen Lebensstandard ermöglichte. Der wäre bei einer Scheidung für immer dahin.

      Ob Susi sich auch in einem Skoda chauffieren lassen würde? Sein Herz krampfte sich bei der Vorstellung zusammen, in welche Niederungen er herabsteigen müsste.

      Von der Villa in eine Mietwohnung. Lichthof statt Garten. Er konnte ja nicht einmal bei Susi einziehen, die wohnte im Schwesternheim.

      Nach Dienstschluss ging er mit Klaus, seinem besten Freund, auf ein Bier. Klaus hatte in der Ambulanz Dienst gehabt und erzählte einige Schwänke über PatientInnen. Er hingegen fühlte sich in letzter Zeit wie gerädert. Neulich hatte Susi gedroht, sie würde ihn verlassen. Der Gedanke an öde einsame Nachtdienste kroch wie eine Nacktschnecke von seinen Gehirnwindungen in sein Herz. Vorbei das Prickeln, ob sie noch zum Höhepunkt kämen, bevor einer von ihnen am Diensthandy gerufen würde. Das Gefühl der Langeweile legte sich bleiern auf sein Gemüt.

      »Ich sitze ganz schön in der Klemme, Klaus!«

      »Nein, bloß zwischen den Stühlen.«

      Für den »Wortwitz« seines Freundes fehlte ihm im Moment der Humor.

      »Warum bringst du sie nicht einfach um?« Klaus lachte.

      Seine Scherze begannen Joe allmählich zu nerven.

      Daheim empfing ihn Rosa mit Champagner.

      »Es gibt was zu feiern.«

      »Ja?« Hatte er den Hochzeitstag vergessen? Nein, der war erst im Mai.

      »Ich werde Primaria.«

      Joe blieb die Luft weg.

      »Das hast du dir ehrlich verdient.« Er zwang sich, seine Frau zu umarmen und zu küssen. Sein Herz krampfte sich zusammen. Der Karriereunterschied zwischen ihnen war wieder ein Stück größer geworden. Sie war einfach immer eine Streberin gewesen. Das hätte ihm schon an der Uni auffallen müssen, als sie ihn bei einer schriftlichen Prüfung abschreiben ließ.

      Erst nach dem zweiten Schluck fiel ihm ein, dass sie als Primaria jetzt keine Nachtdienste mehr haben würde. Seine Zweisamkeit mit Susi würde also auf die Spitalsnächte beschränkt bleiben. Keine gemeinsamen Kino- oder Restaurantbesuche mehr, wie sie Susi so sehr liebte. Vorbei war es mit der Gemütlichkeit vor dem Sex, wenn er ihr auf dem Barhocker »Tu vas et tu viens entre mes reins« leise ins Ohr sang.

      »Hast du was, du bist so nachdenklich?«

      »Nein, ich bin nur müde.«

      »Ich weiß, dass Ärzte nie zu Gesundenuntersuchungen gehen, aber du solltest es trotzdem. Vor allem solltest du dich mehr schonen.« Rosa meinte es ehrlich, denn sie verzichtete darauf, sich als Primaria auch im Bett feiern zu lassen.

      »Weiterbildung ist wichtig und vor allem Networking.« Rosa freute sich, dass er auf den Kongress fuhr.

      Der Kongress fand im Hotel Orient statt. Einzige Teilnehmer waren Dr. Josef Bleibtreu und Frau Susanne Dorn.

      Frau Dorn genoss den luxuriösen Sündenpfuhl und war vorübergehend beschwichtigt, kritisierte jedoch später in einem Vortrag den ehelichen Status von Dr. Bleibtreu. Sie forderte ihn auf, ein Mann der Tat zu sein. Er würde es tun. Er musste.

      So kam es, dass Joe den Kongress vorzeitig verließ und nachhause zurückkehrte. Wo war Rosa? Manchmal hielt sie am Samstag ein Nachmittagsschläfchen. Er schlich also zum Schlafzimmer und öffnete vorsichtig die Tür. Er hatte recht gehabt, sie schlief tatsächlich – in den Armen eines anderen Mannes, der ebenfalls die Augen geschlossen hatte.

      Irgendwann brachte Joe seinen Mund wieder zu und löste sich aus seiner Starre. Gleich würde er aus diesem Alptraum erwachen.

      Er fühlte eine starke Beklemmung in der Brust, ging zur Bar, schenkte sich einen Whisky ein: Der gab ihm den Rest. Sein Herz krampfte sich zusammen. Er schrie um Hilfe. Rosa kam mit zerzaustem Haar im Bademantel herbei, sie würde ihm Erste Hilfe leisten und ihn retten.

      Sie sah interessiert zu, wie er sich krümmte und stand reglos daneben.

      »Gleich hat er’s überstanden«, sagte sie zu ihrem Lover.

      Gespicktes Herz

      Zutaten für 2 Portionen:

      1 Herz vom Rind, Hirsch oder Reh

      1 Zwiebel, halbiert und in Scheiben geschnitten

      2 Knoblauchzehen, in dünne Scheiben geschnitten

      1 dicke (oder mehrere dünne) Scheibe(n) Bauchspeck

      1 TL Thymian

      3 Wacholderbeeren

      1 Lorbeerblatt

      etwas Rotwein

      250 ml Rinderbrühe

      etwas Mehl und Butter zu gleichen Teilen vermengt

      Das Spicken von Fleisch bzw. hier Innereien ist in den letzten 20-30 Jahren stark in Verruf geraten, da dadurch wohl die Fleischfasern verletzt werden, Saft austritt und so das Fleisch erst recht trocken zu werden droht, obwohl dies durch das Spicken mit fettem Speck ja gerade vermieden werden soll. Als gute Alternative hat sich das Bardieren, also das Umhüllen des Fleisches mit dünnen Speckscheiben erwiesen.

      Nun passt das aber nicht wirklich zum Plot unseres Kurzkrimis. Von daher stellen wir es Ihnen anheim, ob Sie lieber spicken oder bardieren, eventuell probieren Sie mal beides parallel aus und testen den Unterschied des fertigen Herzens in der Konsistenz.

      Zubereitung:

      Das Herz halbieren und mit Streifen vom Bauchspeck mittels einer Spicknadel spicken oder die Herzhälften mit dünnen Speckscheiben umwickeln und mit Küchengarn festmachen. Zwiebel anrösten, Knoblauchscheiben dazugeben, die Herzhälften kurz mitbraten, Gewürze beigeben und mit Rotwein ablöschen. Mit Rinderbrühe aufgießen und eine halbe Stunde köcheln lassen. Die Sauce in den letzten zehn Minuten mit Mehlbutter binden und einreduzieren lassen. Dann die Herzhälften auf Tellern servieren,


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