Siana. Jasmin Windfeder
Читать онлайн книгу.wir gleich.«
Er flüstert die Worte und sein Atem kitzelt meine noch immer heiße Wange.
»Danke«, hauche ich, nachdem der Verschluss geöffnet ist und er mir den Helm behutsam abnimmt. Meine Haare, die ich immer brav zusammenbinde, haben sich gelockert und fallen mir ins Gesicht, was Kay dazu bewegt, mir die Strähnen vorsichtig hinter das Ohr zu streichen. Als er meine linke Wange berührt, zucke ich leicht zusammen.
»Entschuldige.« Kay streicht nochmals darüber, bevor er einen Kuss darauf haucht.
Verdutzt sehe ich ihn an, verliere mich aber erneut in seinen Augen.
»Du bist wunderschön«, raunt er.
Ich schüttle nur sachte den Kopf, wobei ich den aufkommenden Schwindel ignoriere, sowie die Strähne, die mir zurück ins Gesicht fällt.
»Doch!« Die losen Haare streicht er zärtliche an ihren Platz zurück, dabei streift er kurz meine Lippen. Er blickt darauf, bevor er mir abermals in die Augen schaut.
In mir flammt das Verlangen auf, ihn zu küssen. Ich will seine Lippen auf den meinen spüren. Meine Hände zittern weiterhin, obwohl ich nicht mehr sicher bin, ob es von dem Sturz kommt oder von der Nähe zu diesem Mann.
Plötzlich greift er mir an den Hinterkopf, zieht mich zu sich heran und ... Er legt seine warmen Lippen auf die meinen. Sie fühlen sich weich an. Ich schließe die Augen. Es bin zur gleichen Zeit im Himmel und dennoch ist es irgendwie eigenartig. Meine Gedanken, die sich mit dem Kuss beschäftigen, werden jäh unterbrochen, als wir Stimmen und kurz darauf das Tor hören. Sofort lässt mich Kay los, rutscht etwas weg, während ich mich halbwegs auf den Boden lege. Niemand soll erfahren, was soeben passiert ist. Das zu erklären wäre vermutlich zu kompliziert.
Kaum sind Richard und Kathleen bei uns, steht Kay auf, klopft sich den Sand von der Jeans und gesellt sich zu seiner angeblichen Freundin. Die sieht ihn etwas verwundert an, hakt sich daraufhin jedoch bei ihm ein.
»Alles okay bei dir?«, will Richard wissen und tastet meinen Kopf und den Rücken ab.
»Ja, alles gut. Nur mein Kopf brummt etwas, aber das wird vergehen«, antworte ich knapp, während ich versuche aufzustehen. Richard stützt mich dabei.
»Hast wohl Glück gehabt«, brummt er. »Aber habe ich dir nicht gesagt, du sollst dich besser konzentrieren?« Sein Tadel kommt ernst rüber, aber ich weiß, dass er erleichtert ist.
Ich entschuldige mich leise.
»Du nimmst dir den Rest des Tages frei und gehst dich ausschlafen. Wenn dir übel wird oder die Kopfschmerzen schlimmer werden, gibst du mir sofort Bescheid, dann fahren wir zum Arzt.«
Ich nicke.
»Bin nicht das erste Mal vom Pferd gefallen.«
Richard sieht mich mahnend an, gibt Kay und Kathleen allerdings den Auftrag, mich in meine Wohnung zu bringen, während er Trojana versorgt.
Kapitel 3
Montag
Am nächsten Morgen wache ich mit leichten Kopfschmerzen auf. Ich werfe einen Blick auf den Wecker: 8.45 Uhr. Gähnend strecke ich mich, bevor ich mich an den Bettrand bequeme und verschlafen im Zimmer umsehe. Außer mein großes Bett, einen Kleiderschrank und den Stuhl, auf dem ich die getragenen Kleider ablege, befindet sich nichts im Raum. Ich stehe auf und gehe ins Badezimmer, das am Schlafzimmer angrenzt. Nachdem ich mich frisch gemacht habe, schlurfe ich in die Küche, die gegenüber dem Bad liegt, und schalte die Kaffeemaschine an. Während der Kaffee langsam in die Tasse läuft, stapfe ich zurück ins Bad und hole eine Kopfschmerztablette aus dem Spiegelschrank. Zurück in der Küche duftet es bereits nach dem wohltuenden Nass, wobei ich die Tablette mit einigen großen Schlucken aus der Wasserflasche herunterspüle.
Ich bin erleichtert, dass gestern Abend Richard kurz vorbei geschaut hat, und Bescheid gab, dass ich mir heute freinehmen kann. Ich musste ihm allerdings versprechen, mich auszuruhen. Zwar weigerte ich mich erst, weil ich schließlich River trainieren muss, doch bei Richard ist jede Widerrede zwecklos.
Mit der Tasse in der Hand marschiere ich in mein Wohnzimmer, schalte den Fernseher ein und mache es mir auf der Couch gemütlich. Das ist das einzige Möbelstück, nebst dem kleinen Tisch, auf dem das Elektrogerät steht.
In dieser Hinsicht bin ich froh, dass mich meine Eltern nie besucht haben: Sie würde meine spärlich möblierte Wohnung nicht verstehen. Gerade für Mum muss es einen gewissen Standard haben, damit sie sich wohlfühlen kann. Das habe ich nie verstanden. Was bringt mir eine vollgestellte Wohnung, wenn ich die meiste Zeit im Stall verbringe und mich nur zum Schlafen und Essen in meinen Räumen aufhalte?
***
Zur Mittagszeit und zwei weiteren Tassen Kaffee gehe ich raus in den Stall. Auch wenn Richard etwas anderes von mir erwartet, so halte ich es in der Wohnung nicht mehr länger aus. Ich kann nicht auf der faulen Haut liegen und Däumchen drehen. Seit ich auf der Ranch lebe, bin ich nur noch die Arbeit gewohnt und nehme höchstens alle paar Wochen ein ganzes Wochenende frei, damit ich zu meiner Familie fahren kann.
»Müsstest du dich nicht ausruhen?«, höre ich Richard prompt knurren, der soeben aus dem Stall kommt, während ich rein will.
»Mir fällt die Decke auf den Kopf«, antworte ich unschuldig lächelnd.
»Nach ein paar Stunden?« Er betrachtet mich skeptisch.
»Und ich habe noch einige Arbeiten zu erledigen«, sage ich, dabei will an ihm vorbeigehen.
»Moment Siana!« Er hält mich am Arm fest. »Du gehst nicht in den Stall. Von mir aus kannst du dich draußen auf die Bank setzen, aber du wirst heute keinen Finger krumm machen, klar?«
»Aber -«
»Keine Widerrede! Du ruhst dich heute aus, um morgen fit zu sein.« Seine Miene wird derart finster, dass ich den Mund schließe, der sich für ein paar Argumente geöffnet hatte.
Resignierend gebe ich auf, schlendere zur Aufstiegshilfen-Bank und setze mich artig hin. Ich höre dem Vogelgezwitscher zu, die in den naheliegenden Bäumen hausen. Vielleicht ist ein freier Tag gar nicht verkehrt.
Es dauert nicht lange und meine Lider werden schwer, bis sie schlussendlich zufallen.
***
Lärm ertönt. Ich reiße die Augen auf und brauche Sekunden, um zu realisieren, dass ich auf der Bank eingeschlafen bin. Ich erhebe mich, strecke die verspannten Glieder durch. Das nächste Mal gehe ich lieber auf die Couch oder ins Bett, um zu schlafen.
Erneut ertönt Lärm. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er aus der Halle dringt, zu der ich mich nun an die Außentür schleiche. Vorsichtig luge ich durch den Spalt, den ich geschaffen habe, und sehe schnell, den Lärmverursacher.
Richard hat auf dem Hufschlag drei Hindernisse aufgestellt, an der Seite mit Banden abgesperrt, damit es eine Gasse bildet, und lässt River Freispringen. Doch jedes Hindernis, sogar das niedrigste, reißt sie herunter. Kaum ist sie über das Höchste drüber, das ebenfalls nicht wirklich hoch ist, bockt sie einige Male hintereinander, als würde sie etwas abschütteln wollen. Richard hängt unterdessen die Stangen wieder ein. Danach treibt er sie mit einer Peitsche an, damit sie nochmals im Galopp durch diese Gasse galoppieren muss, doch erneut ist es dasselbe Spiel. Sie reißt alles zu Boden, um danach den Hintern in die Luft zu werfen.
Irgendetwas scheint mit dieser Stute nicht zu stimmen. Sie lässt sich nicht longieren, springt mieser als ein Anfängerpferd und bockt andauernd. Womöglich sollte ich erst mit Phelan sprechen, ehe ich mich morgen in den Sattel schwinge. Noch einen Sturz möchte ich diese Woche nicht erleben.
»Was tust du da?«, flüstert plötzlich eine Stimme in mein Ohr.
Ich erschrecke mich so sehr, dass ich aus Reflex die Tür zuziehe, die mit einem lauten Knall ins Schloss fällt. Aus der Halle hört man einen wütenden Richard