Liebesheilung: 7 Arztromane großer Autoren. A. F. Morland

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Liebesheilung: 7 Arztromane großer Autoren - A. F. Morland


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und links nur so vorbei.

      Ein sträflicher Leichtsinn.

      Ohne Schramme kamen sie irgendwie ans Ziel, und im Hotel hatte man sogar ein Zimmer für sie frei. Sie waren ja schon fast Stammgäste.

      Die Tage waren wunderschön und vergingen mit Faulenzen, Schwimmen und Glücklichsein viel zu rasch.

      Walter unternahm den Versuch, sich das Rauchen abzugewöhnen. Bis er an einem schönen Morgen aus heiterem Himmel einen Streit vom Zaun brach und gereizt war wie ein Schwarm Wespen.

      Auf der Stelle kaufte sie ihm eine Schachtel Zigaretten. Ein rauchender Ehemann war ihr lieber als ein knurrender, der schon in den Flitterwochen ungenießbar war.

      Nachdem die Hotelrechnung beglichen war, befand sich nicht mehr viel in der Urlaubskasse. Sie tankten den Wagen voll und fuhren heimwärts, mit einem Fünfzig Mark Schein in der Tasche und etwas Hartgeld, so an die fünfundzwanzig Mark.

      Wieder ging es Richtung Gardasee.

      An der Straße lag eine Gärtnerei und bot Palmen, Oleander und Agaven feil.

      Lebende Pflanzen mochten sie beide, daheim in der Wohnung machte sich mitgebrachtes Grünzeug sicher sehr gut, und warum sollten sie nicht eine Erinnerung an ihre schöne Hochzeitsreise mitnehmen?

      Für fünfzig Mark konnte man natürlich auch unterwegs noch mal übernachten.

      Die Entscheidung fiel nicht schwer. Sie luden den Wagen mit Oleander in Töpfen und Agaven voll und fuhren weiter. Um Mitternacht langten sie auf dem Brenner an. Es musste nachgetankt werden. Auf italienischer Seite noch, weil’s da billiger war.

      Der Tankwart musste erst vom Billardtisch weggeholt werden. Walter stand neben der Zapfsäule und rechnete fieberhaft. Bei ungefähr einundzwanzig Mark war der Tank voll.

      „Nehmen Sie auch deutsches Geld?“

      Der Tankwart stutzte. „Si!“

      Walter grub ihr restliches Vermögen aus der Tasche. „Auch Hartgeld?“

      Er zählte zweiundzwanzig Mark ab und drückte sie dem Mann in die Hand.

      Erschüttert blickte der Tankwart auf die Münzen. Er rechnete, dann nickte er widerstrebend.

      Sein Blick drückte aus, dass er solche Kunden nicht oft zu sehen wünschte.

      Mit dem Sprit mussten sie auskommen, egal wie. Walter fuhr verhalten. In der Nacht war wenig Verkehr.

      Morgens um sieben setzte er das restliche Geld in der Autobahnraststätte Augsburg in eine Portion Sauerkraut mit Würstchen um. Die teilten sie sich.

      Und die fünfzig Pfennig Wechselgeld bildeten ihre eiserne Reserve.

      Bei den Schwiegereltern war das Gardinengeld deponiert. Das war ein Trost. Hätten sie es bei sich gehabt, es wäre garantiert auch ausgegeben worden.

      Walter zweigte das Benzingeld für die restliche Strecke nach Hause ab, und später lachten sie oft darüber, wenn er behauptete, deswegen seien die Übergardinen etwas kürzer ausgefallen.

      Eine Tür klappte. Eva-Maria schreckte aus ihren Erinnerungen und Gedanken hoch. Verwirrt blickte sie um sich.

      Das war nicht Italien, sie war nicht auf der Hochzeitsreise. Hier war das Krankenhaus. O Gott ...! Die quälende Angst kam wieder.

      Eine Schwester mit mütterlichem Gesicht trat ans Bett. Aus einer Lage Gaze hob sie eine fertig aufgezogene Spritze mit wasserklarem Inhalt.

      „Ich bin Schwester Else“, stellte sie sich vor. „Ich gebe Ihnen jetzt eine Beruhigungsspritze. Dann machen wir die Rasur.“

      Es piekste etwas, als die Nadel einstach.

      Ein sanftes Kribbeln breitete sich in Eva-Marias linkem Arm aus.

      „Blut nehme ich Ihnen gleich noch ab“, versprach Schwester Else. Plötzlich weiteten sich ihre Augen. „Was ist denn das? Sie haben noch die Fingernägel lackiert? Etwa auch die Fußnägel?“ Resolut hob sie die grünen Tücher an. „Das machen wir aber gleich herunter.“

      „Wozu?“

      „An Finger und Zehenspitzen messen wir immer die Sauerstoffversorgung des Patienten. Lackierte Nägel und Zehen stören dabei. Stellen Sie sich außerdem mal vor, wenn ein winziger Splitter abgeht und ins Operationsgebiet gerät! Tragen Sie eine Zahnprothese? Die müssten Sie herausnehmen.“

      „Nein, ich habe noch meine eigenen.“

      Strahlend blickte die Schwester auf sie herab. „So ist es brav, nur schön ruhig bleiben. Wie fühlen Sie sich jetzt?“

      „Müde. Schlafe ich ein?“

      „Besser nicht. Das machen wir dann später.“

      Wieder klappte die Tür. Leises Räderrollen durchdrang die Stille.

      Eine zweite Schwester erschien.

      Eva-Maria fühlte sich matt, schwach und elend. Aber nicht beunruhigt.

      Fast im Unterbewusstsein nahm sie wahr, dass die Schwestern sie rasierten, dann den Nagellack entfernten, schließlich eine Stauschlinge um den linken Oberarm legten und Blut aus der Vene entnahmen.

      Dann war sie wieder allein – allein mit ihren nagenden, bohrenden Zweifeln und ihren Erinnerungen.

      Was Walter jetzt machte? Nach Hause fahren?

      Was wurde aus Tina?

      Und was aus beiden, wenn sie sterben musste, wenn die Operation nicht glückte?

      20

      Nervös und mit zunehmender Feindseligkeit blickte er auf die OP-Tür, hinter der Ärzte und Schwestern verschwanden.

      Da tat sich etwas!

      Aber er musste draußen bleiben.

      Der Gedanke, Eva-Maria nicht beistehen, nicht helfen zu können, machte ihn in der einen Sekunde krank und in der anderen fast rasend.

      Er zündete sich die nächste Zigarette an, ging auf und ab, blickte aus dem Flurfenster auf die Stadt im Sonnenschein und starrte dann wieder auf die Tür.

      Wie lang dauerte das bloß? Zum Verrücktwerden war es.

      Hinter ihm klatschten Schritte. Jemand hustete krächzend. Er fuhr herum.

      Eine Schwester blickte ihn bissig an. „Wir haben ein Raucherzimmer!“

      „Meine Frau ist da drin.“ Sein Finger wies zum OP.

      „Damit, dass Sie sich hier die Lungen torpedieren, helfen Sie ihr ganz sicher nicht. – Außerdem ist das Rauchen hier verboten. Wo streuen Sie die Asche hin?“

      „Blumentopf“, sagte er. Er war nicht bei der Sache.

      Die Schwester überzeugte sich und sagte voller Entrüstung: „Sind Sie eigentlich noch bei Trost? Acht Zigaretten, aber noch keine halbe Stunde hier! Gehen Sie nach Hause. So eine Operation dauert zwei bis drei Stunden. Und rauchen Sie weniger.“

      „Zwei bis drei Stunden? Hören Sie, das muss eine Verwechslung sein! Becker ist mein Name!“

      „Weiß ich. Also, jetzt kommen Sie mal hier weg. Zaungäste sind unerwünscht. Mögen Sie Kaffee? Ich habe welchen aufgeschüttet.“

      „Gern, danke. Sie gehören nicht da rein?“ Er ging neben ihr her und deutete mit dem Daumen hinter sich.

      „Bin froh, wenn ich’s nicht muss. Ich gehöre zur Station. Nur ist heute der Teufel los, und da müssen wir überall einspringen.“ Sie öffnete vor ihm eine Tür mit der Aufschrift „Schwesternzimmer“. „Rauchen ist hier übrigens zulässig. Ich steck’ mir auch mal gerne eine an.“

      Sie schloss die Tür und nahm eine Zigarettenpackung


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