Weisheit des Lebens für Dummies. Marco Kranjc
Читать онлайн книгу.möglich versucht man, einen Sinn oder eine Ordnung in dem zu finden, was man beobachtet. Das, was man gelernt und erfahren hat, versucht man irgendwie zu verarbeiten.
3 Und jetzt kommt die Weisheit ins Spiel. Sie verbindet das, was Sie erfahren und gelernt haben mit dem, was für Sie sinnvoll ist, zu dem, was für Sie ein guter Weg zum Leben scheint. Weises Denken verbindet Ihr Wissen, Ihre Erfahrungen und Ihr Verständnis zu etwas Neuem: einem gangbaren Weg durch Ihr Leben. Wenn Sie es also lernen können, all diese Bildung und Erfahrung zu erinnern, zu sortieren, zu ordnen und auch in bestimmten Situationen abrufbar zu haben, lernen Sie, weise zu werden. Dabei soll dieses Buch helfen.
Zwischen dem Verstehen und der Weisheit gibt es eine üble Falle: die Ideologie. Es gibt immer jemanden, der Ihnen all die vielen Dinge, die Sie lernen und erfahren, erklären will. Und zwar mit ganz einfachen Lösungen, damit Sie Ihr Gehirn nicht mehr so sehr strapazieren müssen. Ideologien sind so wunderbar, weil sie uns mit einfachen Denkmustern von der Mühe befreien, weise werden zu müssen: Nordeuropa fleißig, Südeuropa faul. Fleißige Menschen reich, faule Menschen arm. Was wollen Sie mehr? Die Welt erklärt in zwei Halbsätzen. Wer aber weise werden will, muss einfachen Erklärungen gegenüber misstrauisch bleiben. Ich weiß nicht, ob diese Welt jemals einfach war, heutzutage ist sie es aber sicher nicht mehr.
Altersklugheit entlarvt Vorurteile
Ich wohne seit fünfundzwanzig Jahren in Slowenien. Meine Schwiegermutter hier ist vierundachtzig Jahre alt. Sie wohnt ein wenig von uns entfernt, im Süden von Slowenien, nahe der kroatischen Grenze. Da meine Frau und ich oft sehr eingespannt sind, verbinden wir unsere Friseurbesuche meist mit dem Wochenende im Dorf meiner Schwiegermutter. Kürzlich wollte meine Schwiegermutter auch zum Friseur und wir waren dann zu dritt dort. Großes Thema an diesem Tag: Während die Friseurin in der Mittagspause war, hatte jemand ihre Kasse ausgeraubt. Die Polizei wurde gerufen und – so sagte die Polizei – die Täter waren wahrscheinlich cigani (also Zigeuner, sie Roma zu nennen ist im dörflichen Alltag in Slowenien noch wenig üblich), die nur wenige Kilometer entfernt über die Grenze in Kroatien eine Siedlung haben. Auf der Rückfahrt im Auto sagte meine Schwiegermutter: »So ein Unsinn! Zigeuner! Die müssen für alles herhalten! Niemand hat zu der Zeit cigani hier gesehen. Sicher war es ein Nachbar, der genau wusste oder gesehen hat, wann jemand zu Hause ist und wann nicht!« Was mich in dem Moment überrascht hat: Von einer 84-jährigen Frau würde man Ängste und Vorurteile erwarten. Meine Schwiegermutter aber hat die Vorurteile bei anderen erkannt und zeigte mit ihrem Finger gleich dahin, wo es wirklich wehtut: die Nachbarn. Ob sie nun recht hatte oder nicht: Sie kennt zumindest keine Vorurteile, durchschaut sie bei anderen und denkt selbstständig. Ist das nun Gnade oder Fluch des Alters – wenn einem immer alles so klar ist?
Die Herausforderung für ein weises Lebens ist immer der Alltag: Menschen, die Ihnen einfache Lösungen anbieten, Situationen, die anscheinend so klar nach Ursache und Wirkung zu beurteilen wären, Ideen, die so bestechend klar und logisch scheinen. Aber ein Mensch, der weise sein möchte, darf sich nicht daran hindern lassen, über alles, was ihm begegnet, langsam und mit genügend Zeit nachzudenken.
Weise sein heißt weise handeln
Ein weiser Mensch ist nicht klug in dem Sinne, dass er immer alles besser wüsste. Wenn es nur ums Reden ginge, würden wir vielleicht viel mehr Menschen für weise halten, als wir es tun. Nein, einen weisen Menschen erkennt man daran, dass seine Entscheidungen oder Ratschläge zu guten Ergebnissen führen. Jeder, der meint, kluge oder weise Ratschläge geben zu können, muss sich an seinem Handeln und den Ergebnissen messen lassen. Schlau reden kann jeder, jeden Tag wird an Stammtischen und Kneipentresen die Welt erklärt und neu erfunden. Wer aber weise ist, der handelt auch so, dass es ihn und andere zu einem gelingenden Leben führt. Das sind wieder so ein paar Dinge, über die sich die vielen Weisen der Welt und der Geschichte einig sind:
Weises Handeln ist wohlüberlegt und kommt aus der Ruhe.
Man muss mit sich selbst vorsichtig sein. Die Erfahrung lehrt uns, dass wir uns gern selbst überschätzen.
Schön, wenn es für Probleme einfache Lösungen gibt. Weise handeln bedeutet aber auch, einfachen Lösungen gegenüber misstrauisch zu bleiben.
Ein weiser Mensch bleibt nicht unbedingt stur bei einer einmal getroffenen Entscheidung. Es fällt ihm kein Zacken aus der Krone, wenn er zugeben muss, dass er sich geirrt hat und seinen Weg ändern muss.
Macht ein weiser Mensch Fehler? Sicher! Weiß er auch manchmal nicht weiter und ist ratlos? Ganz bestimmt. Gehen auch bei ihm manche Dinge furchtbar schief? Natürlich – und mehr dazu lesen Sie in Kapitel 4.
Einem weisen Menschen sollte es nichts ausmachen, auch mal keine Lösung zu finden. Einer der üblichsten und schwersten Denkfehler der Menschen ist, dass sie unbedingt etwas tun wollen, wenn sie ein Problem haben. Lieber macht man irgendetwas, als einfach abzuwarten, ob sich nicht zu einem späteren Zeitpunkt noch eine Lösung auftut. Wenn man nicht weiterweiß, sieht Aktionismus für die Menschen um uns herum gut aus. Mit einer Regel fährt man in solchen Situationen aber ganz gut: Die wirklich wichtigen Dinge sind selten dringend. Und die dringenden Probleme, die täglich von allen Seiten auf uns einprasseln, sind nur selten wichtig. Wir müssen nur daran arbeiten, das Wichtige vom Unwichtigen immer besser unterscheiden zu lernen.
Weisheit ist also im wahrsten Sinne des Wortes »praktische Lebensklugheit«. Entscheidungen, die uns nicht weiterbringen, sind nicht weise. Ratschläge, die keinen Nutzen bringen, sind unnötig.
Ein paar Worte über die Dummheit
Benjamin Franklin (1706–1790), einer der Gründerväter der Vereinigten Staaten von Amerika, schrieb in seiner Autobiografie, wie schön es doch sei, dass der Mensch ein vernünftiges Wesen ist: Für alles, was er will, kann er einen annehmbaren Vorwand finden oder erfinden … Benjamin Franklins ironische Bemerkung ist in ihrer einfachen Weisheit bestechend: Menschen neigen dazu, das zu tun, was sie wollen, und das um jeden Preis.
Lexikon der Dummheit: Zur Einführung
In seinem Vortrag Über die Dummheit (gehalten im Jahr 1937 in Wien) sprach der Schriftsteller Robert Musil davon, dass im Gegensatz zur Dummheit das Thema Weisheit eine »öde und im Allgemeinen gemiedene Gegend« ist.
Auch wenn es in diesem Buch um die Weisheit geht, lesen oder hören wir doch immer gern etwas über Dummheiten. Vielleicht, weil sich jeder Mensch schadenfroh immer auf der Seite der Weisen sieht, wenn er von Dummheiten liest. Wie dem auch sei: Die Kästen in diesem Buch enthalten ein Lexikon der Dummheit. Gesammelt habe ich hier vieles: »anerkannte« Dummheiten, die Menschen in der Geschichte gemacht haben, für jeden Menschen typische Denkfehler, die die Psychologen an den Menschen entdeckt haben, und Irrwege und Situationen, die sich Schriftsteller für uns ausgedacht haben.
In allen Fällen behandelt das Lexikon der Dummheit aber nicht Dinge, die jemand aus mangelnder Intelligenz verbockt hat. Denn ob wir mehr oder weniger intelligent sind, dafür können wir nichts. Intelligenz ist ein Geschenk der Natur, auf das wir uns nichts einbilden dürfen.
Es geht im Gegenteil immer um die Dummheit, die im Gegensatz zur Weisheit steht, was bedeutet, dass man in allen Fällen, in denen man Unsinn gemacht hat, es besser hätte wissen können oder machen sollen. Wie Sie sehen werden, ist Dummheit nur allzu oft eine Entscheidung, die Menschen aus Sturheit, Stolz und Hochmut treffen. Gegen alle Warnsignale, Ratgeber und besseres Wissen.
Wir sind geübt darin, unsere Umwelt so zu erklären und zu deuten, dass am Schluss das herauskommt, was wir wollen, was schon mal ein wesentliches Merkmal der Dummheit ist: die Weigerung zu lernen.