Trevellian und der Henker von Harlem: Action Krimi. Pete Hackett

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Trevellian und der Henker von Harlem: Action Krimi - Pete Hackett


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sprangen in den Wagen und rauschten davon.

      Das Wiesel machte sich auf den Weg. Es war noch einmal mit einem blauen Auge davongekommen.

      6

      Am Nachmittag dieses Tages zitierte Mr. McKee Milo und mich in sein Büro. Wir nahmen Platz. Unser väterlicher Freund fragte: „Kaffee?“

      Natürlich ließen wir es uns nicht entgehen, eine Tasse von Mandys vorzüglichem Kaffee zu genießen.

      Mandy bekam den Auftrag von Mr. McKee, dann sah er uns – erst mich, dann Milo, dann wieder mich – an und begann: „In Harlem tut sich was, Leute. Es geht um Rauschgift. In der vergangenen Nacht wurde einer der Straßenverkäufer erschossen. Sein Name ist Floyd Tanner – ein Schwarzer.“

      „Dass irgendwo eine Leiche im Rinnstein mit ‘ner Kugel in der Figur aufgefunden wird, ist dort oben an der Tagesordnung“, gab Milo zu verstehen. Er seufzte. „Aber wenn tatsächlich Rauschgift im Spiel ist, dann ist es wohl unser Fall.“

      „So ist es“, nickte Mr. McKee. „Mir liegt der Bericht der Mordkommission vor. Einige Jugendliche haben sich heute Vormittag dort gemeldet und eine Aussage gemacht. Habt ihr schon mal was von einer Initiative rauschgiftgefährdete Jugendliche gehört?“

      Wir schüttelten synchron die Köpfe. Ich sagte darüber hinaus: „Nein. Muss neu ins Leben gerufen worden sein. Aber irgend welche Initiativen werden täglich geboren, und oftmals lässt das Interesse der Initiatoren sehr schnell wieder nach.“

      „Ja“, ergänzte Milo, „und fast jede Initiative ist ein Vorwand, um den eigenen Geldbeutel zu füllen.“

      Mr. McKee lächelte. „Also, die Initiative gibt es scheinbar. Einige der Jugendlichen sagten aus, dass sie dabei waren, als Floyd Tanner an ein paar Fixer Heroin verscherbelte. Da gesellte sich ein Mann hinzu, Amerikaner, um die fünfundfünfzig, und stellte sich als Vertreter der Initiative rauschgiftgefährdete Jugendliche vor. Er soll einige Dinge von sich gegeben haben, die die Jugendlichen und auch Tanner wohl zunächst als humoristische Einlage auffassten. Zuletzt warnte er Tanner noch, und dann verschwand er wieder. Und jetzt ist Tanner tot.“

      Mandy brachte den Kaffee. Sie schenkte uns ein. Er war heiß und schwarz, und der Duft stieg uns in die Nasen. Nichts gegen ein Kaffeekränzchen am Nachmittag, wenn nur nicht immer Mord und Totschlag die Themen gewesen wären.

      Nun, das war so.

      „Das sieht mir eher nach einem Racheakt aus“, meinte ich, nach kurzer Überlegung, nachdem ich vorsichtig von dem heißen Gebräu genippt hatte. Ja, er schmeckte genauso, wie er duftete.

      „Wahrscheinlich ein Vater oder Onkel, dessen Sohn oder Neffe von diesen verdammten Straßenhändlern in die Sucht oder gar in den Tod getrieben wurde“, vermutete Milo. „Die Kerle, die das Gesetz gern in die eigene Hand nehmen, sind auch im Zeitalter der Saturn-Raketen und der ganzen Hochtechnologie nicht ausgestorben.“

      „Daran habe ich auch schon gedacht“, versetzte Mr. McKee. „Nachdem kein Mensch diese Initiative zu kennen scheint, ist es leicht möglich, dass der Mörder Initiator und zugleich einziges Mitglied der Organisation ist. Ein Einzelgänger also, der – wie Sie es ausgedrückt haben, Milo –, das Gesetz in die eigene Hand nimmt.“

      „Wir sollen uns sicher darum kümmern, Sir“, sagte ich.

      „Ja, Jesse. Nehmt euch mal die Angehörigen der Junkies vor, die in den vergangenen sechs Monaten am Rauschgift gestorben sind.“

      „Das dürfte das Problem nicht sein“, sagte ich. „Von den Kollegen des Narcotic Squad bekommen wir sicher eine umfangreiche Liste der Drogentoten. Aber es kann auch der Angehörige eines Süchtigen sein, der noch unter den Lebenden weilt. Und dann wird‘s problematisch.“

      Ich trank von meinem Kaffee.

      „Na denn – Cheerio“, murmelte Milo und hielt seine Tasse in die Höhe, als wollte er mit mir anstoßen. „Das bedeutet zunächst mal Schreibtischarbeit – rückenkrümmende, die Gehirnwindungen mobil haltende Bewältigung von Papierkram.“

      Seine Stimme beinhaltete eine gute Portion Galgenhumor.

      Schreibtischarbeit war uns beiden ein Gräuel.

      „Ich denke“, wandte der Chef ein, „dass es nicht bei dem Vorfall von vergangener Nacht bleibt, Leute. Wenn ich den Täter richtig einschätze, dann ist es einer, der sich zum Richter und Henker aufgeschwungen hat. Denn anders ist es nicht zu erklären, dass er sich als Vertreter oder Angehöriger einer Initiative vorstellte. Hätte er es gezielt auf diesen Floyd Tanner abgesehen gehabt, hätte er wohl vorher kaum über die Gefahren des Rauschgifts gepredigt und Tanner zur Umkehr angehalten. Dann hätte er ihn umgelegt, und für ihn wäre die Sache erledigt gewesen.“

      Diese Theorie hatte einiges für sich – eine ganze Menge wahrscheinlich sogar.

      Mr. McKee fuhr fort: „Vor allen Dingen drohte der Mörder, dass nicht nur die kleinen Straßenverkäufer zur Rechenschaft gezogen werden würden, sondern auch die Drahtzieher im Hintergrund. Sagt euch der Name Iwan Tschertschenkow etwas?“

      „Ja“, erwiderte ich und versuchte in den Zügen meines Chefs zu lesen. „Russenmafia. Ist erst dabei, die Leiter emporzuklettern. Hat immer wieder bei den anderen Syndikaten auf Granit gebissen und schon so manche Schlappe einstecken müssen.“

      „Getarnt als Kunstmäzen“, fügte Milo hinzu. „Besitzer einer eigenen Galerie – Schutzgelderpresser und Rauschgifthändler.“

      „Genau der“, bestätigte Mr. McKee. „Dass er Schutzgelder erpresst und einen Rauschgifthandel aufgebaut hat, konnten wir ihm allerdings – leider, möchte ich sagen – noch nicht beweisen. Er residiert in der Upper East Side, in der Second Avenue.“

      Ich war ein wenig verwirrt. „Besteht ein Zusammenhang zwischen dem Mord an Floyd Tanner und dem Russen?“, fragte ich in der Hoffnung, nicht als begriffsstutzig rüberzukommen. Etwas verunsichert schaute ich von Mr. McKee auf Milo, aber dankenswerterweise zeigte der auch einen ziemlich ratlosen Ausdruck in den Augen.

      „Der Name des Russen taucht – hinter vorgehaltener Hand natürlich –, immer wieder in der Harlemer Rauschgiftszene auf. Die Kerle, die die Schutzgelder kassieren, sprechen akzentuiertes Englisch, und manchmal verliert der eine oder andere einen Einwurf auf russisch. Sieht aus, als würde Tschertschenkow seine Hände nach Harlem ausstrecken, um dort das ziemlich lukrative Geschäft an sich zu reißen.“

      „Und wenn er dort etabliert genug ist, so dass ihm keiner mehr die Butter vom Brot nimmt, dann expandiert er.“

      Ich spürte Zorn in mir. Es war immer dasselbe. Die kriminelle Energie dieser Mafiabosse war unerschütterlich und grenzenlos. Stadtteil um Stadtteil wurde kassiert und mit Verbrechen überschwemmt. Das endete erst, wenn die Schufte entweder uns in die Fänge gerieten, oder wenn einer kam, der das Geschäft mit dem Tod noch besser beherrschte und noch ein Ende skrupelloser war. Das Wort Verbrechen kennt eine Steigerung …

      „Okay, okay“, murmelte Milo. „Wir werden also nicht nur Schreibtischkram wälzen, wir werden uns auch Iwan den Schrecklichen vorknöpfen.“

      „Das war‘s.“ Mr. McKee klatschte mit der flachen Hand auf den Schreibtisch. „Ich werde von hier aus meine Ermittlungen betreiben und euch auf dem Laufenden halten. Jesse, Milo, trinkt euren Kaffee aus, ihr könnt auch gerne noch eine zweite Tasse bekommen, doch dann lasst Taten sprechen.“

      Mr. McKee grinste in der ihm eigenen Art. Es erinnerte mich immer an das Lächeln eines weisen Mannes, der dem Geheimnis der menschlichen Natur auf die Schliche gekommen ist.

      Als wir draußen waren, meinte Milo: „Jetzt weiß ich auch, weshalb der Chef bis zum Nachmittag gewartet hat, um uns mit diesem Auftrag zu versorgen. Er …“

      „… hat bereits von sich aus recherchiert und für uns die Spur gelegt“, fuhr ich ihm in die Parade.

      „Ich bin stolz auf dich, Jesse“, lobte Milo mit süffisantem Gegrinse. „Der


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