Trevellian und der Henker von Harlem: Action Krimi. Pete Hackett

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Trevellian und der Henker von Harlem: Action Krimi - Pete Hackett


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einen rechten Haken an.

      7

      Wir fuhren in die Upper East Side, Second Avenue, und fanden die Galerie Tschertschenkows auf Anhieb. Es war ein vierstöckiger Bau, rosafarben angestrichen, mit Jugendstilornamenten um die hohen, schmalen Fenstern und riesigen Schaufenstern im Erdgeschoss.

      In den Schaufenstern sahen wir Bilder – Bilder moderner Künstler und richtige Gemälde, die die Patina vergangener Jahrhunderte aufwiesen. Da waren auch Skulpturen und und einige Kunstwerke, von denen ich beim besten Willen nicht sagen konnte, was sie darstellten. Manche sahen aus wie aus Metall geformte, verbogene Kleiderständer.

      Wir betrachteten kurz die Auslage, Milo zuckte vielsagend mit den Schultern, dann betraten wir das Geschäft.

      Eine schwarzhaarige Dame, zwischen 40 und 45, mit Brille und in einem dunklen Kleid, unter dem sie eine weiße Bluse trug, empfing uns. Sie war nicht gerade eine Schönheit, so wie sich präsentierte, aber sie hatte etwas an sich, dem ich mich nicht zu entziehen vermochte. Sagen wir mal, sie war eine herbe, wenn auch schon etwas verblühende Schönheit. Wenn man ihr die Brille abnahm und die strenge Frisur auflockerte – konnte man sie vielleicht sogar zur gehobenen Mittelklasse der Schönen des Landes zählen. So dachte zumindest ich.

      „Gentleman“, sagte sie, nachdem wir einen Gruß ausgetauscht hatten, „was kann ich für Sie tun? Interessieren Sie sich für Bilder oder Skulpturen, oder darf ich Ihnen unsere Ausstellung zeigen, die für jeden Geschmack …“

      „Weder noch“, unterbrach Milo nicht gerade zuvorkommend ihren Redefluss. Er zückte seine ID-Card. „FBI, Ma‘am, ich bin G-man Tucker, mein Kollege heißt Trevellian. Wir hätten gerne Mr. Iwan Tschertschenkow gesprochen. Er wohnt doch hier.“

      Ihre braunen Augen schienen sich noch um eine Idee zu verdunkeln. Prüfend musterte sie Milo, dann schaute sie auf die Karte mit seinem Bild und den Angaben zu seiner Person, die ihn als Spezial Agent des FBI auswies, und schließlich sagte sie kühl: „Ja, Mr. Tschertschenkow wohnt hier. Seine Wohnung befindet sich in der ersten Etage. Es – es wird Mr. Tschertschenkow aber gewiss nicht gefallen, dass Polizei so einfach in seinen Laden kommt. Wir führen hier ein sauberes Geschäft, G-men.“

      „Davon bin ich überzeugt“, versetzte Milo trocken und hintergründig. Er schob seinen Ausweis wieder ein. „Alles legal hier. Es gibt für jedes Kunstwerk sicherlich ein Zertifikat. Legaler kann es gar nicht zugeh‘n.“

      „Sie können sich jederzeit davon selbst überzeugen, Gentleman“, versetzte die Lady in Schwarz etwas spitz und einen Ton zu laut.

      In eine Tür, die wahrscheinlich zu einem Ausstellungsraum führte, trat ein blonder Mann, ein Brocken von einem Mann, der das Türrechteck geradezu ausfüllte.

      „Gibt‘s ein Problem, Sarah?“, fragte er mit dem harten Akzent des Osteuropäers.

      „Die beiden Gentleman sind vom FBI, Igor“, klärte ihn die Lady auf. „Sie möchten mit Iwan sprechen.“

      Seine linke Augenbraue zuckte hoch. „Mr. Tschertschenkow ist oben. Wen darf ich melden, und in welcher Angelegenheit?“

      „Melden Sie ihm die G-men Tucker und Trevellian“, sagte ich, „und in welcher Angelegenheit wir mit ihm reden wollen, dass würden wir ihm gerne selber sagen.“

      Seine Brauen schoben sich über der Nasenwurzel zusammen. Seine Kiefer mahlten. „Haben Sie einen Durchsuchungsbefehl?“, fragte er plötzlich.

      „Ist das nötig, in einem Haus, in dem alles seine Ordnung hat?“, kam es etwas spöttisch von Milo.

      „War nur so eine Frage. „‘n Augenblick. Ich melde Sie beim Boss an.“

      Der Bulle zog sich zurück.

      Milo und ich schauten uns an. Und ohne ein Wort zu verlieren, waren wir uns einig: Der Goliath war alles andere als ein Bilderverkäufer. Das war ein Bodyguard, ein Gorilla, einer von der Sorte, mit der sich nicht nur Politiker und bekannte Künstler umgaben, sondern auch Gangsterbosse.

      Die schwarz gewandete Lady ließ uns stehen, begab sich hinter einen Verkaufstresen mit der Computerkasse und dokumentierte Geschäftigkeit. In Wirklichkeit aber beobachtete sie uns intensiv und pausenlos.

      Fünf Minuten später kam der Russe, dem unser Besuch galt. Er war etwa eins-achtzig, rotblond, schlank und von sportlicher Figur. In seinem Maßanzug, der passenden Seidenkrawatte und mit seinem jovialen Lächeln präsentierte er sich als Mann von Format.

      Der blonde, stiernackige Kleiderschrank ließ sich nicht mehr blicken.

      Iwan Tschertschenkow schüttelte uns die Hand, dirigierte uns in einen Nebenraum zu seiner Sitzgruppe mit einem Glastisch in der Mitte, fragte, ob wir was zu trinken haben möchten, und als wir verneinten, richtete sich sein fragender Blick auf mich.

      „Sie kommen doch nicht von ungefähr zu mir, G-men? In was für einer Mission sind Sie unterwegs. Wenn ich Ihnen helfen kann – seien Sie versichert, dass ich es tun werde. Ich stehe mit aller gebotenen Loyalität hinter dem amerikanischen Rechtssystem, denn es schützt die Demokratie und jeden einzelnen Bürger. Ich habe schon andere Systeme kennengelernt, ehe ich vor fünfzehn Jahren …“

      Er brach ab.

      „Meine Vergangenheit in Russland wird Sie sicherlich kaum interessieren, Gentleman.“

      Wenn du uns helfen willst, Mister, dachte ich, dann erzähl uns von deinen Aktivitäten, die du neben deiner Galerie so an den Tag legst. Damit wäre uns mit Sicherheit geholfen.

      Aber das war wohl ein wenig zu viel verlangt. Ich musste fast grinsen.

      Milo fiel in seiner unnachahmlichen, direkten Art sofort mit der Tür ins Haus. „Man munkelt, Sir, dass Sie drauf und dran sind, in Harlem den Rauschgifthandel zu kontrollieren und dass Sie Ihr Einkommen mit der Erpressung von Schutzgeld immens aufbessern. Können Sie sich vorstellen, wer solche Ungeheuerlichkeiten in die Welt setzt?“

      Milos letzter Satz war an Sarkasmus kaum zu überbieten.

      Wir beobachteten den Galeristen, warteten darauf, dass er irgendeine Reaktion zeigte – eine verräterische Reaktion.

      Sie bestand darin, dass seine Mundwinkel fast belustigt zu zucken anfingen, seine blassblauen Augen zeigten ein strahlendes Grinsen, und schließlich erwiderte er mit einem seichten Lächeln, das seine Lippen kräuselte: „Ja, darauf werde ich öfter mal angesprochen, Gents. Das kommt daher, dass irgend welche Leute aus Russland in Harlem in der Szene mitzumischen versuchen, und ich eben ein sehr bekannter Russe hier in New York bin. Vielleicht werden diese Gerüchte bewusst gestreut, G-men, um von den wirklichen Übeltätern abzulenken. Ich weiß es nicht, und es interessiert mich auch nicht, denn ich stehe darüber. Meine Weste ist weiß, und sie bleibt weiß, denn ich will irgendwann amerikanischer Staatsbürger werden. Das gelingt mir aber nur, wenn ich einen lupenreinen Leumund vorzuweisen habe.“

      „Sie sind schon fünfzehn Jahre hier und haben noch immer nicht die amerikanische Staatsbürgerschaft“, wunderte sich Milo.

      „Schon etliche Male beantragt, G-men. Meine Anträge werden immer wieder abgelehnt. Die Gründe sind mir unerklärlich. Aber ich lasse nicht locker.“

      Ich hätte es ihm sagen können, weshalb er keine Chance hatte. Aber das hätte wohl zu weit geführt.

      „Sie wissen also, dass Ihr Name im Police Departement und beim FBI kein unbekannter ist?“ Ich legte meine Ellenbogen auf die Oberschenkel und ließ die Hände zwischen den Knien baumeln. Dieser Mister war aalglatt und clever. Das sagte mir der untrügliche Instinkt, den ich mir im Laufe vieler Jahre als Kämpfer für Recht und Ordnung angeeignet hatte.

      „Das weiß ich natürlich, G-man. Aber wie ich schon sagte: Jedes noch so kleine Geschäft, das ich tätige, ist dokumentiert. Ich rechne jeden Cent meiner Einnahmen mit dem Finanzamt ab, lege meine Bücher zur Nachprüfung vor, und kann anhand meiner Kontoauszüge beweisen, dass ich keinen Nickel mehr besitze, als ich es dem Fiskus offenbare. – Sonst noch etwas, Gentleman?“


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