SkyDancing Tantra. Margot Anand
Читать онлайн книгу.trug, das ich auf meinem ersten Debütantinnenball getragen hatte, als Vater, mürrisch und schlecht gelaunt, seine „jüngere Frau“ offiziell in die Gesellschaft und in die Gesellschaft anderer Männer entlassen musste.
Es war eine prestigeträchtige Angelegenheit gewesen. Sie hatte im Palais de Versailles stattgefunden, der prächtigen Residenz von König Ludwig dem XIV., le Roi Soleil, dem „Sonnenkönig“. Als wir im majestätischen Innenhof von Versailles ankamen, stiegen wir aus der Limousine und traten auf einen roten Teppich. Wir schritten zwischen zwei Reihen Ehrengardisten hindurch, die im vollen Ornat auf ihren Pferden saßen. Das Schwert in der Hand (sabre au clair) salutierten sie der, zu dieser raren Gelegenheit komplett versammelten besseren Pariser Gesellschaft, „tout Paris“. Schließlich wurde ich Prinzessin Marie de Bonaparte, der Urgroßnichte Napoleons höchstpersönlich, vorgestellt und knickste.
In gewisser Weise waren es dieses Debütantinnenleben, dieser Abend, dieser Moment des Betretens des verheißungsvollen Landes der High Society, die Richard zusammen mit dem langen Ballkleid langsam von meinem Körper abstreifte. Der Kaiserin wurden die Kleider ausgezogen, ihre Nacktheit wurde langsam enthüllt.
Richard ließ sich Zeit. Ich mochte diese Langsamkeit. Ich konnte seinen Respekt spüren. Er wusste, dass ich noch Jungfrau war. Er wollte die Dinge nicht überstürzen. Ich konnte mir die Zeit nehmen, die ich brauchte, um jeden Schritt zu erspüren und meinen Körper daran zu gewöhnen. Oh, mein Körper stand in Flammen. Ich wollte ihn. Ich wollte ihn sofort. Ich wollte ihn schon seit Monaten. Mein Problem bestand darin, dass ich, als die Intensität unserer Erregung zunahm, in einige ziemlich unangenehme, aber aufschlussreiche Rückblenden verwickelt wurde, als ob seine Küsse die Erinnerung an einige der traumatischsten Ereignisse meines Lebens wachriefen. Vielleicht war unser Paarungsritual wie ein Seelentrip, eine Katharsis.
Ich stürzte mich tiefer in das Auf und Ab unserer Liebkosungen. Dann streichelte er meine Brüste, küsste meine Brustwarzen. Es war das erste Mal, dass jemand das tat. Lustschauer liefen meinen Bauch hinab. Ich atmete tiefer, ließ mich treiben und ließ es geschehen. Alles fühlte sich gut an, aber ich hatte Angst und war aufgeregt. Ich konnte spüren, wie sich mein Körper ausdehnte, verlangte, sich öffnete.
Dann zogen sich die Schlingen der Angst enger um mich zusammen und alles verkrampfte sich. Doch da umschloss er meine Brüste mit seinen Händen und flüsterte: „Ich liebe dich“, und wieder ließ mein Körper los, ließ sich davontragen von einem Strom heißer, fließender Energie. Das Herz schlägt schneller, das Blut rauscht, die Atmung geht stoßweise. Jede Zelle vibrierte und tanzte, als ob sie mit Strom aufgeladen wäre, und pulsierte vor Erwartung.
Dann zog Richard seine Kleider aus und schmiegte sich nackt an mich. Ich spürte seine Haut an meiner, seinen Geruch und sein Geschlecht, hart an meinem linken Oberschenkel. Ich versuchte mir vorzustellen, wie es sich in mir anfühlen würde. Plötzlich war ich zurückhaltend. Was ist, wenn es wehtut?
„Lass uns langsam machen“, flüsterte ich. Richard hielt mich fest. Ich erlebte eine weitere meiner schmerzhaften Rückblenden.
„Warte mal, ich habe Angst“, flüsterte ich.
„Es ist okay“, antwortete er. „Ich bin hier. Ich liebe dich. Alles ist in Ordnung. Wir müssen nicht weitergehen. Es gibt nichts zu tun, nichts, wohin wir gehen müssten.“
Ich gehe von der Schule nach Hause. Ich bin ungefähr elf Jahre alt. Es ist gegen fünf oder sechs Uhr abends, und der Herbst geht in den Winter über. Das Tageslicht verblasst schnell. Ich spüre jemand in meinem Rücken. Ich gehe schnell um die Ecke und betrete mein Haus. Ein Mann folgt mir. Ich steige in den Aufzug und drücke den Knopf für den vierten Stock, aber bevor der langsame, alte Fahrstuhl sich in Bewegung setzt, ist der Mann da, drückt die Aufzugstür auseinander und tritt ein. Die Fahrt nach oben beginnt. Ich schaue auf den Boden und tue so, als wäre alles in Ordnung. Der Mann lässt seinen Aktenkoffer fallen, öffnet seinen Mantel, öffnet seinen Hosenschlitz und holt seinen Penis heraus.
Zweiter Stock: Sein Geschlechtsteil ist hart und zeigt bedrohlich auf mich. Ich bin wie versteinert. Der Aufzug ist klein, geeignet für maximal drei Personen. Ich drücke mich in eine Ecke, aber ich kann nicht weiter zurückweichen.
Dritter Stock: Er kommt näher, keuchend, mit einem irren Ausdruck in seinen dunklen Augen. Ich merke, dass das Einzige, was mich jetzt noch retten kann, darin besteht, jemand auf meine Lage aufmerksam zu machen. Ich beginne, aus tiefster Kehle zu schreien, so laut, dass der Perverse zusammenzuckt. Meine Schreie hallen ununterbrochen durch den Aufzugsschacht.
Vierter Stock: „HILFE! VERGEWALTIGUNG! AU SECOURS! A LʼAIDE!“ (Zu Hilfe!) Jetzt ist der Bann gebrochen, der Mann hat Angst. Der Aufzug hält an, er stürzt hinaus und ich laufe die letzte Treppe hinauf zu unserer Wohnung, betend, dass er mir nicht folgt. Das tut er nicht. Ich läute an der Tür, als gäbe es kein Morgen.
Meine Mutter kommt, erzürnt über den Lärm. Ich rase ins Wohnzimmer und breche zusammen. Mein Herz schlägt. Ich bin so verängstigt, schwitzend, steif gefroren. Noch ein paar Minuten und sein steifes Ding hätte mich umbringen können. Was für eine Waffe! Zu denken, dass es das ist, was Jungs mit Mädchen machen. Wie seltsam. Ich brauche Schutz. Vater wird mich beschützen. Er kommt rein.
„Was ist los hier?“, verlangt er zu wissen. Ich kann noch nicht sprechen. Schließlich erzähle ich. Ich weine. Ich bin mir so sicher, dass Vater mich jetzt endlich festhalten und mir Trost, Zuflucht und Sicherheit bieten wird.
Zu meinem Erstaunen lächelt er, als ob er von der Geschichte amüsiert wäre. Er wischt sie fast beiseite. Er tut so, als wäre es keine große Sache. Ich fühle mich ungeliebt, unverstanden, wieder allein. Es gibt niemanden bei mir zu Hause, der sich um mich kümmert.
Vorsichtig rückte Richard näher und die Rückblende verblasste. Als er mich festhielt, fühlte ich, dass ich endlich den Schutz erhielt, den ich nie bekommen hatte. Ich tauchte aus der Trance auf und behielt die unangenehme Erinnerung für mich. Ich erkannte, dass meine einzige Hoffnung, diese alten Traumata zu heilen, darin bestand, mich dem Vergnügen dieses Moments hinzugeben und mein Herz offen zu halten. Vergiss alles andere. Vertraue. Atme. Unbeabsichtigt stolperte ich über einen Weg der Heilung, den ich später als Teil meiner Arbeit weiterentwickeln würde und der zu einem der Eckpfeiler meines gewählten Handwerks werden würde: das Vergnügen zu begrüßen, tief zu atmen und den Empfindungen zu erlauben, das Denken zu vergessen.
Als Richard und ich sanft begannen, uns zu liebkosen und zu streicheln, entführte uns das Verlangen jenseits allen Denkens, ließ uns die Vergangenheit weit hinter uns lassen. Richard schob sich zwischen meine Oberschenkel, kniete dort nieder und sah mich anbetend an. Unter seinen Blicken dahinschmelzend, öffnete ich meine Arme und zog ihn zu mir. Er lag auf mir, sein starker, erigierter Penis gegen meinen Schambereich pressend. Als er meinen Körper mit Küssen bedeckte und meine Atmung tiefer und wilder wurde, brach ein Damm und eine Hitzewelle strömte hinab zwischen meine Beine, bis dahin, wo alles feucht wurde und wartete. Er berührte mich an dieser Stelle, und ich wollte ihn so sehr, dass nichts mich davon abhalten konnte, mich zu öffnen.
In der Intensität unserer Bewegungen verwischten sich die Emotionen, die Angst, die Sehnsucht, die Aufregung. Dafür erwachte etwas anderes in mir, eine so neue Empfindung, dass ich sie nicht begreifen konnte, ein Gefühl, leicht nach oben gehoben zu werden, über meinen Körper zu schweben.
Richard war zärtlich doch stark erregt. Sein Geschlecht kam immer näher, schob sich tiefer zwischen meine Beine. Etwas gab in mir nach, dort unten, Tränen flossen, und sein Penis schob sich tiefer und brannte wie eine Klinge, die die Vergangenheit durchschneidet. Was mich bis zu diesem Moment gefesselt hatte, wurde zu einem Damm, der brach und die Lebens- und Liebessäfte zum Fließen brachte, und die Unbesiegbarkeit unserer Freiheit kam zum Vorschein, die auf dem Grund meines Seins ruhte.
Wieder küsste und streichelte Richard mich und die Lust und das Vergnügen wuchsen und wuchsen. So vereinigten wir uns. Immer tiefer und tiefer drang er in mich. Ich wusste nicht, wo ich endete und er begann, wer er war, außerhalb von mir. Er wurde ich, wir verschmolzen, wild, größer werdend als das Leben, sich ausdehnend, anschwellend, pochend, zusammen atmend. Mein ganzer Körper kribbelte, Zellen