SkyDancing Tantra. Margot Anand
Читать онлайн книгу.rief, weinte, lachte, sang die Kraft des Orgasmus, das Lied des Lebens. Es war so heilsam, endlich wild zu sein.
Dann hob ich ab. Etwas noch nie Dagewesenes geschah. Ich verlor die Kontrolle, war vollkommen überwältigt, es war, als würde ich in den Weltraum katapultiert. Mein ganzes Wesen begann sich aufzulösen. Ich befand mich inmitten eines Strudels von Chaos, Aufregung, Lust, Erzittern und Erbeben, Schreien, eines nahenden Höhepunktes, bis plötzlich das Leben wie eine Flutwelle durch uns hindurchbrandete und wir den Höhepunkt erreichten.
Zeitgleich fiel alles von mir ab, als wäre ich ein schöner Ballon, der in den Himmel schwebt und leise über die Erde gleitet, leicht, weit weg – von allem.
Unerwartet herrschte eine intensive Stille, als ob der sexuelle Orgasmus ein Katapult gewesen wäre, um Energie und Bewusstsein über Zeit und Raum hinaus in ein Reich glänzender Strahlkraft und des Friedens zu schleudern. In diesem Moment war von dem „Ich“, das ich vorher gekannt hatte, nichts mehr übrig. Alle Gefühle von Schmerz und Trauma, alle Konflikte und Sehnsüchte hatten sich in Luft aufgelöst. Es existierte dort keine Person, die „Margot“ oder einen anderen Namen hätte tragen können. Dieses „Ich“ war verschwunden und war zu reiner Weite geworden. Mein Bewusstsein war irgendwie über alles hinausgetragen worden, was ich in diesem Leben je gekannt oder geschmeckt hatte.
„Es“ navigierte in einem leuchtenden Feld, in dem alle Dinge zu einem Ganzen miteinander verbunden waren. Kein Wesen war von irgendeinem anderen getrennt, auch nicht der Himmel von der Erde. Ich berührte und schmeckte und badete in jenem unendlichen Geist, der nie geboren wurde und nie sterben wird. Ich transzendierte die Zeit. Der Orgasmus hatte mich über den Körper hinaus in das Reich des reinen Bewusstseins projiziert, und ich wusste ohne jeden Zweifel, dass meine wahre Natur Freiheit war – und diese Freiheit existierte jenseits der Regeln der Gesellschaft, der Gebote meiner Eltern, jenseits dessen, was ich in der Schule gelernt hatte, oder jeder anderen Erfahrung. Ja, meine wahre Natur war reines, unberührbares, unveränderliches Bewusstsein, das Teil der göttlichen Schöpfung war, ein Geheimnis, im Wesentlichen nicht benennbar.
Erstaunlicherweise brauchte ich einen Orgasmus, um dorthin und noch darüber hinaus zu gelangen.
In diesem gesegneten Moment wusste ich, dass ich eins war. Dass ich Gott bin. Ein immenses Gefühl der Dankbarkeit breitete sich in meinem Herzen aus, als ich in den Armen meines Geliebten lag. Diese Weite, dieses leuchtende Gewahrsein erfüllte mich mit Freude und der Leichtigkeit einer Wahrheit, die immer da gewesen, aber vergessen worden war. Ich hatte das Licht berührt, das ich war, bevor ich mich in diesen Körper inkarnierte, zu dem ich nach dem Verlassen dieses Körpers zurückkehren würde. Ich wusste es damals und würde es nie wieder vergessen.
Für eine Weile ruhten wir uns aus, bis das schrille Klingeln von Richards Wecker unsere Schläfrigkeit durchbrach und mich daran erinnerte, dass es Zeit war, in mein bisheriges Leben zurückzukehren. Mein Leben vor der Befreiung, vor der „Entjungferung“. Die neue „Frau“ musste zurückgehen und die Jungfrau spielen.
Langsam stand ich auf und zog mein Kleid an. Es würde komisch aussehen, wenn ich um 5:00 Uhr morgens in einem Ballkleid durch die Straßen wandern würde, also brachte mich Richard zur Taxistation. Eine letzte Umarmung und ich war auf mich allein gestellt. Ich würde das nächste Manöver perfekt durchführen müssen. Ich erreichte die Eingangstür meines Elternhauses und folgte unserem Plan. Ich nahm die Dienstbotentreppe und raffte mein weißes Kleid hoch, damit es nicht beschmutzt wurde. Leise, langsam, heimlich drehte ich den Schlüssel im Schloss und hoffte, betete, dass niemand mich hörte. Zum Glück funktionierte es. Ich war in Sicherheit!
Was ich gelernt habe
Wenn Sie denken: „Das liest sich wie ein romantischer Roman, den Sie am Flughafen kaufen, um sich die Zeit auf einem langen Flug zu vertreiben“, dann kann ich nur zustimmen. Doch zufällig ist es wahr – jedes Wort davon. Dieses Ereignis wurde zu einem Wendepunkt in meinem Leben. Ich fragte mich, ob es angebracht war zu denken, dass ich in diesem Moment der Erleuchtung Gott begegnet war. Eine interessante Antwort auf diese Frage fand ich in Shantaram, dem Buch von Gregory David Roberts:
„Willst du damit sagen, dass Licht Gott ist?“
„Nein“, antwortete er. „Ich glaube nicht, dass Licht Gott ist. Ich denke, es ist möglich, und es ist vernünftig zu sagen, dass Licht die Sprache Gottes ist. Das Licht mag der Weg sein, auf dem Gott zum Universum und zu uns spricht.2
Auf jeden Fall war dieser kosmische Orgasmus, wie ich ihn jetzt nenne, in meinem Leben von einzigartiger Bedeutung, denn seit dieser Erfahrung weiß ich ohne Zweifel, dass Sexualität für mich die Tür zur Spiritualität ist. Ich weiß, dass beides eng miteinander verbunden ist – und das offenbarte mir eine neue Welt der unendlichen Möglichkeiten.
Es gibt einen Orgasmus des Körpers und einen Orgasmus des Geistes. Vereint man beides, bedeutet das reine Glückseligkeit. Für mich ist es der Beweis, dass „Gott Orgasmen hat“. Seither weiß ich, dass Vergnügen und Glückseligkeit kein Luxus sind, sondern die Belohnung derer, die es wagen, ihrer Wahrheit zu folgen, jenseits der anti-ekstatischen Einstellungen, die Gesellschaft und Erziehung in unserem Gewissen verankert haben.
Diese Nacht der Offenbarung geschah zum Teil, weil ich mich bewusst dafür entschieden hatte, die Regeln zu brechen. Ich blieb die ganze Nacht von zu Hause weg, ohne Rücksicht auf die Folgen, und ich bot meine Jungfräulichkeit dem Göttlichen dar. Das war es definitiv wert.
Die Rebellion gegen meine Eltern und die Gefahr, entdeckt zu werden, machten den Moment des verbotenen Vergnügens noch intensiver. All diese Faktoren führten zu einem unvergesslichen Erlebnis der Befreiung.
In dieser Nacht habe ich mir geschworen, dass ich mein Leben, alsbald ich das gesetzliche Alter der Unabhängigkeit erreicht habe, nach meinen eigenen Regeln leben werde. Einen Schwur, den ich bis heute gehalten habe.
Diese Nacht war auch in weiterer Hinsicht bahnbrechend für mich. Aufgrund dieser schönen ersten sexuellen Erfahrung vertraute ich dem Sex, vertraute meinem Körper, und fühlte mich darin bestätigt, dass Männer großartige Liebhaber sein können. Ich hatte eine positive Prägung erfahren. Später, als ich mit Menschen auf der ganzen Welt arbeitete, wurde mir klar, welchen großen Einfluss die erste sexuelle Erfahrung auf das Leben haben kann. Ich bin Richard dankbar, dass er so ein makelloser Shiva ist.
Aber es gab ein Geheimnis in dieser Erfahrung, und es dauerte dreißig Jahre, bis ich es verstanden hatte. Ich erzähle diese Geschichte später in diesem Buch. Meine erste Liebe führte zu meinem ersten Orgasmus, der sich als Sprungbrett zu etwas viel Stärkerem und Überwältigendem erwies. Ich erlangte einen Bewusstseinszustand, der jenseits des Körpers und seiner angenehmen Empfindungen liegt, zu meiner Überraschung sogar jenseits des Gefühls der Intimität mit meinem Liebhaber.
Stellen Sie sich dieses Paradoxon vor: Wir hatten so lange auf diesen Moment gewartet, es hatte sich wie eine Ewigkeit angefühlt. Wir waren so begierig, doch als wir uns durch die Tür des Orgasmus bewegten, verschwanden er und ich auf der anderen Seite und wurden – unwichtig.
Wie erstaunlich! Es waren nicht unsere Körper, nicht unsere Sinne, nicht die Tatsache, dass wir ein Mann oder eine Frau waren, nicht unsere Verliebtheit, die zählten. Was wir erlebten, war universell, expandierend, grenzenlos, zeitlos.
Diese Erfahrung, wie ich später entdecken sollte, ist Tantra. Es ist das Verweben von Energie und Bewusstsein, das uns zu unserer wahren Natur führt, die unendlich und ewig ist, die Licht ist.
Es mag für die meisten Liebenden unerreichbar erscheinen, aber diese Art von Erfahrung ist nicht so ungewöhnlich, wie es erscheinen mag. Als Lehrerin für Tantra habe ich Tausende von Menschen darin eingeführt und angeleitet, ihre Sexualität zu erforschen, und ich weiß, dass viele Menschen im Moment des Orgasmus einen Blick auf meditative Zustände erhaschen, in denen die Zeit stehen zu bleiben scheint, der Geist still und geräumig wird und körperliche Empfindungen über die Grenzen des Körpers hinaus zu expandieren scheinen.
Was in meinem Fall ungewöhnlich war, war, dass alles auf einmal geschah: mein erster Geliebter, meine